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Qualifizierung in der Pflegekinderhilfe
Präambel des Fachartikels
Dies sei vorweggestellt: Qualifizierung (in) der Pflegekinderhilfe ist kein Selbstzweck. Sie muss sich immer an den Adressat*innen der Kinder- und Jugendhilfe orientieren. Für die bestmögliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, die zeitweilig oder längere Zeit außerhalb des eigenen Elternhauses aufwachsen, müssen die Kontinuität ihrer Beziehungen, ihr Schutz und die Möglichkeiten ihrer Beteiligung den Referenzpunkt aller Entwicklungsbemühungen in der Pflegekinderhilfe bilden. Dieses gilt unabhängig von den einzelnen Akteur*innen in diesem Feld, bzw. – und dieses wird zu zeigen sein –, sind die Qualifizierungsformen und -inhalte mit Blick auf die unterschiedlichen Akteur*innen zu differenzieren.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Forderung nach „mehr Qualifizierung“ in der Pflegekinderhilfe auf eine breite Allianz der grundsätzlichen Zustimmung im fachlichen Diskurs trifft. Bei fast allen inhaltlichen Themen, die im Rahmen des Dialogforums mit den bundesweit gewonnenen Expert*innen diskutiert wurden, wurde die Notwendigkeit der Qualifizierung mitbetont. Dies trifft z. B. auch für die Forderungen der Enquete-Kommission in Hamburg zu, die in ihrem abschließenden Bericht bzgl. eines besseren Kinderschutzes und einer Stärkung der Kinderrechte an vielen Stellen „mehr Qualifizierung“ fordert.
Insgesamt zeigt sich, dass – bei der Betrachtung der Literatur über die Pflegekinderhilfe der letzten zehn Jahre – das Thema Qualifizierung, und davon abgeleitet das Thema Qualität, eine herausragende Rolle spielt. Immer wieder wird in diversen Artikeln darauf verwiesen und es werden Vorschläge zur qualitativen Weiterentwicklung der Pflegekinderhilfe auf unterschiedlichen Ebenen gemacht. Dabei zeigen sich Ansätze, in denen – zumeist auf Basis eigener Erhebungen oder Praxiserfahrungen –Qualitätsstandards gezielt gefordert oder entwickelt werden, und Artikel, in denen das Thema eher implizit angesprochen wird. Letztere sind dabei in der Überzahl, da sich Hinweise auf Qualität und Standards auch dort finden lassen, wo die Titel dazu keinen Hinweis enthalten.
Es herrscht ein auf die Praxis und deren Weiterentwicklung gerichteter Blick vor, wobei entsprechende Erkenntnisse zum einen von der Seite der Wissenschaft und zum anderen durch Praxisinstitute oder engagierte Praktiker*innen in die Praxisdiskussion eingespeist werden. Die Tatsache, dass immer wieder auf die Notwendigkeit von Qualität und Standards verwiesen wird, zeigt, dass hier offensichtlich auf vielen Ebenen der Pflegekinderhilfe ein Mangel herrscht. Ob es sich dabei um einen Mangel an Konzepten handelt oder ob sich hier eher Umsetzungsprobleme niederschlagen, sei dahingestellt. Möglicherweise spielt auch die spezifische Struktur dieser Hilfe eine Rolle, in welcher auch Menschen ohne pädagogisch-professionellen Ausbildungsabschluss die (alleinige) Erziehung und Begleitung von Kindern übernehmen, deren Eltern dies aus unterschiedlichen Gründen nicht leisten können. Darüber hinaus bedürfen auch diese – die Eltern – eine Form der „Qualifizierung“ für ihre neue Rolle.
Eine für die Diskussion um Qualifizierung in der Pflegekinderhilfe wichtige Dimension wird aus den vorangestellten kurzen Ausführungen sichtbar: Es gibt sehr unterschiedliche Akteur*innen in diesem Feld, an denen die Qualifizierungen ausgerichtet werden müssen. Nimmt man diese schlichte Tatsache als Grundlage an, so erhält man damit möglicherweise ein Ordnungsschema für eine differenzierte Darstellung der Qualifizierungsanforderung und -strategien in der Pflegekinderhilfe.
Demzufolge geht es in diesem Text nicht um die Entwicklung von Curricula für die unterschiedlichen Dimensionen der Pflegekinderhilfe und damit auch nicht um konkrete Vorschläge für Verfahren und Methoden, vielmehr sollen mit diesem Text grundsätzliche Aspekte der Qualifizierung und Weiterentwicklung der Pflegekinderhilfe aufzeigt werden.
von:
Schutzkonzepte in Pflegeverhältnissen – Elemente von Schutz, Beteiligung und Beschwerde