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21.08.2008
Fachartikel

VG Aachen: Erleichterte Voraussetzungen zur Namensänderung von Pflegekindern

Mit Urteil vom 29.08.2006 (Aktenzeichen: 6 K 1114/06) hat das Verwaltungsgericht Aachen hervorgehoben, dass die Schwelle zur Namensänderung bei Pflegekindern niedriger anzusetzen ist, eine Namensänderung also erleichtert möglich sein soll.

Mit Urteil vom 29.08.2006 (Aktenzeichen: 6 K 1114/06) hat das Verwaltungsgericht Aachen hervorgehoben, dass die Schwelle zur Namensänderung bei Pflegekindern niedriger anzusetzen ist, eine Namensänderung also erleichtert möglich sein soll. Das Gericht führt in dem Urteil aus:

„Gem. dem danach Anwendung findenden § 3 I NÄG darf der Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Ein wichtiger Grund rechtfertigt die Änderung des Familiennamens, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt. Danach ist ein wichtiger Grund für eine Änderung des Familiennamens gegeben, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers an der Ablegung seines bisherigen Namens unter Führung des neuen Namens Vorrang hat vor dem schutzwürdigen Interesse der durch eine Namensänderung betroffenen Träger des bisherigen und des neuen Namens und vor den in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gekommenen Grundsätzen der Namensführung, zu denen auch die Ordnungsfunktion des Namens sowie sicherheitspolizeiliche Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens gehören“. (..)

„Die Schwelle zur Namensänderung ist somit in Ermangelung durchschlagender schutzwürdiger mütterlicher Belange bei Pflegekindern, die in einem auf Dauer angelegten Pflegeverhältnis leben, niedriger anzusetzen als in den Stiefkinder- oder Scheidungshalbwaisenfällen. Der Widerspruch der Mutter gegen die beabsichtigte „Einbenennung“ in die Pflegefamilie ist hier in der Regel unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, dass das Kindeswohl die Namensänderung erforderlich macht. Der Familienname des Pflegekindes ist dem der Pflegeeltern vielmehr nach § 3 I NÄG bereits dann anzugleichen, wenn dies das Wohl des Kindes fördert und überwiegende Interessen an der Beibehaltung des Namens nicht entgegenstehen. (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.04.1987 – 7 C 120.86, juris und NJW 1988, 85). Dem entspricht Nr. 42 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndVwV) vom 11.08.1980), (…) wonach dem Antrag eines Pflegekindes auf Änderung seines Familiennamens in den Familiennamen der Pflegeel-tern entsprochen werden kann, wenn die Namensänderung dem Wohle des Kindes förderlich ist, das Pflegeverhältnis auf Dauer besteht und eine Annahme als Kind nicht oder noch nicht in Frage kommt.“

Rechtsanwalt Steffen Siefert

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