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Interessante Gerichtsbeschlüsse zu Besuchskontakten
Themen:
In Fällen der Unterbringung eines jungen Kindes in Vollzeitpflege hat sich die Umgangsregelung zumindest für einen längeren Zeitraum dem Ziel unterzuordnen, dass das Kind, das bisher tragfähige Bindungen zu seinen Eltern nicht hat entwickeln können, gefestigte Bindungen in seiner neuen Umgebung aufbauen kann.
OLG Köln vom 21.08.2008; Aktenzeichen: 27 UF 69/08
Gründe:
Die befristete Beschwerde hat keinen Erfolg. Ein weitergehendes Besuchsrecht als die ihm von dem Antragsgegner bewilligte Besuchsmöglichkeit alle 8 Wochen in den Räumen des Jugendamtes ist dem Antragsteller nicht einzuräumen. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die ausführlichen und zutreffenden Äußerungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Beschluss, die er sich zu eigen macht.
Nach § 1685 Abs. 1 BGB haben Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Regelmäßig wird ein Umgang des Kindes mit den Großeltern dienlich sein, wenn es sich bei ihnen um Bezugspersonen handelt, die sich - wir her der Antragsteller - bislang im Umfeld des Kindes aufgehalten und zu diesem Kontakt gehabt haben. Die Aufrechterhaltung des Kontaktes mit solchen Bezugspersonen ist daher in der Regel zu bewilligen, weil persönliche Kontakte zu möglich vielen Bezugspersonen verschiedenen Alters im Grundsatz wünschenswert sind (vgl. OLG Hamm FamRZ 2000, 1110), wenn nicht im Einzelfall konkrete Umstände eine andere Sichtweise gebieten.
Der von dem Antragsgegner eingeräumte Umgang ist in Anbetracht der konkreten Situation ausreichend. Insoweit hat das Amtsgericht mit Recht auf die besondere Situation des durch das Verhalten der Kindeseltern erheblich in Mitleidenschaft gezogenen jetzt 14-Monate alten Kindes abgestellt, das sich in einer Pflegefamilie befindet. Dass die Erwägungen, die das Amtsgericht insoweit angestellt hat, in einer Vielzahl von Fällen gelten, in denen ein derart junges Kind in einer Pflegefamilie untergebracht ist, liegt begründet in der besonderen Situation von Kindern, die im Babyalter aus der Ursprungsfamilie herausgenommen worden sind und die zunächst in der neuen Umgebung Mut und Zutrauen schöpfen müssen. In derartigen Fällen hat sich die Umgangsregelung zumindest für einen längeren Zeitraum dem Ziel unterzuordnen, dass das Kind, das bisher - wie hier - tragfähige Bindungen zu seinen Eltern nicht hat entwickeln können, gefestigte Bindungen in seiner neuen Umgebung aufbauen kann. Demgemäß ist regelmäßig bei einer Fremdplatzierung eín zurückhaltender Gebrauch von Besuchsrechten von Bezugspersonen i.S. von § 1685 Abs. 1 BGB angezeigt.
Nach dem Gutachten der Sachverständigen in dem Verfahren betreffend der Entziehung der elterlichen Sorge sind begrenzte und begleitete Kontakte der Eltern vorgeschlagen worden, um den Beziehungsaufbau zu den Mitgliedern der Pflegefamilie zu erleichtern. Diesem im Kindesinteresse vordringlichen Ziel hat sicher auch der Besuchskontakt des Antragstellers unterzuordnen.
Ein Abstand von 8 Wochen zwischen den Umgangskontakten erscheint auch ausreichend, um einer Entfremdung vorzubeugen. Dass die Treffen - jedenfalls zunächst - in den Räumen des Jugendamtes in Begleitung der Pflegemutter stattfinden sollen erscheint im Interesse des Kindes geboten. Das Amtsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass es in der Vergangenheit in Gegenwart von ... zu Auseinandersetzungen gekommen ist, in die auch der Antragsteller einbezogen gewesen ist, wobei offen bleiben kann, ob er hierbei aktiv geworden ist. Es scheint nicht vertretbar, ihm - anders als den Eltern - eine Mitnahme des Kindes zuzugestehen, zumal er unter der gleichen Anschrift wie der Kindesvater lebt, dem im Gutachten eine geringe Frustrationstoleranz und hohe Gewaltbereitschaft attestiert worden ist.
Den Beschluss finden Sie vollständig in unserer Rechtsdatei.
Ausschluss bzw. Beschränkung von Umgangskontakten (§ 1684 BGB)
Umgangskontakte eines Kindes mit einem psychisch kranken Elternteil können ausgeschlossen bzw. eingeschränkt werden. Vorrangig jedoch sollten diese Umgangskontakte begleitet werden um einer Kindwohlgefährdung vorzubeugen.
OLG Brandenburg vom 26.09.2007; Aktenzeichen: 9 UF 117/07
Textauszug:
Ein vollständiger Ausschluss des Umgangsrechts kommt nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht. Dabei genügt nicht allein die Beachtung des Kindeswohls, da der Umgang mit den Eltern regelmäßig dem Wohl des Kindes förderlich ist. Voraussetzung eines völligen Ausschlusses ist vielmehr, dass eine Gefährdung des Kindeswohls feststellbar ist, würde der Umgang durchgeführt werden, § 1684 Abs. 2 S. 2 BGB. Dies gilt auch dann, wenn die üblicherweise durch persönlichen Kontakt erfolgende Wahrnehmung des Umganges ausgeschlossen werden soll.
Ein persönlicher Kontakt mit der Kindesmutter würde eine Kindeswohlgefährdung zur Folge haben, der nach derzeitigem Stand nicht anders als durch den Ausschluss des Umgangsrechtes zu begegnen ist. Bei dem betroffenen Kind sind bereits Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen aufgetreten; insbesondere sind Aktivitäts- / Aufmerksamkeits- / Anpassungsstörungen festgestellt worden. Insoweit bedarf der betroffene Sohn einer besonderen Fürsorge, die ihm die Kindesmutter bei den Umgängen nicht gewährleisten kann. Die Kindesmutter, bei der es sich um die Adoptivmutter des betroffenen Kindes handelt, bedarf vielmehr selbst intensiver psychologischer Betreuung. Die sie behandelnden Ärzte vermuten bei ihr eine schizophrene Erkrankung, die dringend sowohl medikamentös als auch stationär behandlungsbedürftig ist. Da sich die Kindesmutter einer Behandlung aber zumindest teilweise verweigert, kommt ein unbegleiteter Umgang mit dem Kind nicht in Betracht.
Resultiert aus der Krankheitsgeschichte eines Elternteiles eine Gefährdung des Kindeswohls, so hat der persönliche Umgang regelmäßig aber in begleiteter Form stattzufinden (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; vgl. OLG Koblenz a. a. O.). Einem begleiteten Umgang widerspricht die Kindesmutter jedoch, weshalb dieser ebenfalls derzeit nicht in Betracht gezogen werden kann.
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Umgangsregelung muss Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigen
BVerfG vom 14.7.2010 Aktenzeichen: 1 BvR 3189/09
Das Bundesverfassungsgericht hat sich hier mit der Frage auseinandergesetzt, wie, wann und ob ein (leiblicher) Vater Umgang mit seinem Sohn verlangen kann, der in einer Dauerpflegestelle lebt.
Die Entscheidung (in Auszügen)
Der Vater eines aus einer kurzen Beziehung mit der damals verheirateten Kindesmutter stammenden, im April 2006 geborenen Sohnes begehrt Umgang. Die Mutter setzte den Jungen unmittelbar nach der Geburt aus. Er kam an seinem 12. Lebenstag in eine Pflegefamilie, in der er seither lebt. Die Mutter ist alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts, das dem Jugendamt übertragen wurde. Umgangskontakte mit ihrem Sohn lehnt sie ab. Das zuständige Amtsgericht gewährte ihm Umgang einmal im Monat in Anwesenheit des Pflegevaters.
Das sei, so das Bundesverfassungsgericht, rechtswidrig. Aus folgenden Gründen:
Der Vater wird durch die angegriffenen Entscheidungen in seinem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt.
Das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils steht ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Beide Rechtspositionen erwachsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und müssen von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Das Umgangsrecht ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Absprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen. Der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, muss demgemäß grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen. Entsprechendes gilt auch dann, wenn das Kind nicht bei einem Elternteil, sondern in einer Pflegefamilie lebt. Denn in der Regel entspricht es dem Kindeswohl, die familiären Beziehungen aufrechtzuerhalten und das Kind nicht vollständig von seinen Wurzeln zu trennen.
Besteht Streit über die Ausübung des Umgangsrechts, haben die Richter eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt. Die Gerichte müssen sich im Einzelfall um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte bemühen. Die Umstände des Einzelfalls werden nicht hinreichend berücksichtigt, wenn die Gerichte, ohne konkrete Feststellungen zu treffen, eine bestimmte Umgangsregelung mit ihrer Spruchpraxis in vergleichbaren Fällen begründen. Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts ist nur veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren. […]
Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung des Verfahrens sicherzustellen; das gerichtliche Verfahren muss in seiner Ausgestaltung geeignet und angemessen sein, um der Durchsetzung der materiellen Grundrechtspositionen wirkungsvoll zu dienen. Diesen Anforderungen werden die Gerichte nur gerecht, wenn sie sich mit den Besonderheiten des Einzelfalls auseinandersetzen, die Interessen der Eltern sowie deren Einstellung und Persönlichkeit würdigen und auf die Belange des Kindes eingehen. Der Wille des Kindes ist zu berücksichtigen, soweit das mit seinem Wohl vereinbar ist. Voraussetzung hierfür ist, dass das Kind in dem gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit erhält, seine persönlichen Beziehungen zu den Eltern erkennbar werden zu lassen. Die Gerichte müssen ihr Verfahren deshalb so gestalten, dass sie möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen können.
Diesen Maßstäben sind die Fachgerichte im vorliegenden Fall nicht gerecht geworden. Die angegriffenen Entscheidungen tragen dem Elternrecht des Beschwerdeführers sowohl materiell als auch in seiner Ausstrahlung auf die Verfahrensgestaltung nicht hinreichend Rechnung.
Zwar gehen die Fachgerichte im Ansatz zutreffend davon aus, dass das Kindeswohl der entscheidende Maßstab für die Umgangsregelung sein muss. Auch führt das Amtsgericht richtig aus, dass darüber hinaus das verfassungsrechtlich garantierte Elternrecht zu berücksichtigen ist. Die angegriffenen Beschlüsse lassen aber nicht erkennen, dass sich die Fachgerichte dem aus den vorstehenden Grundsätzen folgenden verfassungsrechtlichen Gebot bewusst gewesen sind, dem Elternrecht in dem Umfang Rechnung zu tragen, in dem es mit dem Kindeswohl in Einklang zu bringen ist. Die Entscheidungen enthalten keine Ausführungen dazu, welche Umgangsregelung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls dem Wohl des Kindes entspricht. […]
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Beschränkung von Umgangsrecht wegen Traumatisierung der Kinder aufgrund miterlebter Gewalt
OLG Köln vom 07.12.2010 Aktenzeichen: 4 UF 183/10
Unter dem Gesichtspunkt der Kindeswohlgefährdung ist gemäß §§ 1666, 1666 a BGB das Umgangsrecht auf brieflichen Kontakte und evtl. Bildinformationen zu beschränken. Die Beschränkung des Umgangsrechts trägt dem Umstand Rechnung, dass die betroffenen Kinder durch die erfahrene Gewaltanwendung des Antragstellers (Vater) gegenüber der Antragsgegnerin , der Kindesmutter, stark traumatisiert sind und von daher unmittelbare persönliche Kontakte – hierzu zählen auch Telefonkontakte – derzeit jedenfalls auf die seelisch-geistige Entwicklung negativen Einfluss haben können.
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Biologischer Vater hat Anspruch auf Umgang mit seinen Kindern
EUGMR v. 21.12.2010; Aktenzeichen: Individualbeschwerde Nr. 20578/07
Einem biologischen Vater, der nie mit seinen Kindern zusammen gelebt hat, darf dennoch nicht der Umgang mit seinem Nachwuchs versagt werden. Wird dem Vater der Umgang verweigert, stellt dies eine Verletzung von Artikel 8 – dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens – der Europäischen Menschenrechtskonvention dar.
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Umgangshäufigkeit bei einem Pflegekind mit seinem erziehungsungeeigneten Vater
OLG Hamm v. 28.2.2011; Aktenzeichen: II-8 UF 227/10.
Zum Umgangsrecht eines erziehungsungeeigneten Elternteils, dem es bisher trotz vielfacher begleiteter Umgangskontakte nicht gelungen ist, eine Beziehung zu seinem Kind aufzubauen.
Die dem Kindesvater vom Amtsgericht lediglich eingeräumten 4 Umgangskontakte im Jahr werden einer Vermeidung von wachsender Entfremung zwischen Vater und Kind nicht gerecht; vielmehr ist ihm ein Umgangsrecht einmal im Monat zu gewähren, um die Möglichkeit der Entwicklung einer persönlichen Beziehung zwischen dem Antragsteller und dem Kind aufrecht zu erhalten.
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Umgang bei Pflegekindern in Zeiten von Corona?