Sie sind hier
Vormundschaft im Wandel
Themen:
Auszug aus der Einleitung
Diese Kurzfassung beschreibt wesentliche Inhalte und Erkenntnisse des Forschungsprojektes „Vormundschaften im Wandel“.
In der Langfassung des Abschlussberichtes zur Studie finden sich zusätzliche und ausführlichere Informationen und Beschreibungen u. a. zu folgenden Themen:
- Darstellung des Forschungsstandes
- Methodisches Vorgehen
- Stichprobenbeschreibung
- Fallbeschreibung
Wird Eltern die Sorge für ihr Kind durch das Familiengericht entzogen, erhalten Minderjährige eine*n Vormund*in als gesetzliche*n Vertreter*in, die*der sowohl die Personen- als auch die Vermögenssorge übernimmt. Sie*Er hat die Aufgabe an der Seite des Kindes zu stehen, dessen Interessen zu vertreten und es an allen wichtigen Entscheidungen zu beteiligen, um diese in Ausübung der Personen- und/oder Vermögenssorge zu treffen. Zum Jahresende 2018 standen 49.436 Kinder und Jugendliche unter bestellter und gesetzlicher Amtsvormundschaft (vgl. Destatis 2019).1 Es kann eine Spanne von ca. 58.200 bis 66.000 Vormundschaften insgesamt (d. h. Amts-, ehrenamtliche, Vereins- und Berufsvormundschaften) für das Jahr 2018 vermutet werden.2 Die Vormundschaft diente ihrem Ursprung nach primär der Existenzsicherung eines verwaisten oder nichtehelichen Kindes. Heute erhalten überwiegend Minderjährige eine*n Vormund*in, bei denen zuvor vom Familiengericht eine Kindeswohlgefährdung ausgehend von ihrer Herkunftsfamilie festgestellt wurde. Betroffene Kinder und Jugendliche unter Vormundschaft haben mehrheitlich Schädigungen ihrer seelischen, geistigen und körperlichen Entwicklung sowie Brüche in ihrem Leben erfahren. Letztere bedeuten in vielen Fällen neben der Trennung von ihren Eltern auch Wechsel der späteren Unterbringungsorte und damit verbundene zusätzliche Belastungsfaktoren.
Auszug aus der Beendigung der Kurzfassung
Die Frage, ob und inwiefern ein*e Vormund*in eine erzieherische Rolle übernimmt, hängt eng mit der Beziehung des Vormundes*der Vormundin zu den Erziehungspersonen zusammen.In den Daten der Studie deutet sich eine besondere Beziehung zwischen Vormund*innen und Pflegeeltern an. Es gibt sowohl Fälle, in denen Pflegeeltern in dem*der Vormund*in eine*n eigene*n Ansprechpartner*in sehen als auch Fälle, in denen Vormund*innen die Pflegeeltern für sich als Ansprechpersonen beanspruchen und ein engeres Verhältnis zwischen diesen beiden als zwischen Vormund*in und Jugendlichem*r zu bestehen scheint. Des Weiteren fungieren Vormund*innen stellenweise als „Puffer“, um Konflikte, die sonst zwischen Pflegeeltern und Jugendlichen entstehen könnten, auf die Verantwortlichkeit des Vormundes*der Vormundin bzw. die Beziehung zum*zur Jugendlichen abzuschieben. Es scheint so etwas wie eine Konfliktvermeidungsstrategie zur Entlastung der Pflegefamilie zu geben, unliebsame Entscheidungen auf den*die Vormund*in abzugeben und damit nicht selbst treffen zu müssen.
Diesen Befunden konnte in dieser Studie nicht weiter nachgegangen werden. Begreift man die Beziehungen als Verflechtungszusammenhänge, zwischen den Interdependenzen und fluktuierende Machtbalancen bestehen und damit auch auf die Beziehung zwischen Jugendlichem*r und Vormund*in einwirken, sollten diese Befunden noch einmal empirisch vertieft werden.
Kontakte zur Herkunftsfamilie sind ein zentrales Thema, dessen Ausgestaltung im Beziehungsgeflecht einer vormundschaftlichen Beziehung noch vertieft zu analysieren ist. Als ein weiterer Befund der Studie konnte die Thematik der Relevanz der Herkunftsfamilie sowohl für die Jugendlichen als auch für Vormundschaften insgesamt ausgemacht werden. In nahezu allen Interviews der Studie brachten die Jugendlichen, Vormund*innen und Erziehungspersonen das Thema „Herkunftsfamilie“ ein: Die Jugendlichen erzählen von erlebten, gewünschten, unerwünschten oder geplanten Umgangskontakten im Rahmen der Vormundschaft, obwohl das Thema Umgangskontakt nicht explizit im Leitfaden angelegt war. Diese Thematik zieht sich wie ein roter Faden durch die Interviews, so dass von einer zentralen Bedeutung dieser Thematik für die Jugendlichen ausgegangen werden kann. In den Interviews mit Erziehungspersonen werden Umgangskontakte überwiegend problematisiert. In dieser Studie konnte diesem Thema nicht vertiefend nachgegangen werden, weshalb ein Folgeprojekt beantragt und bewilligt wurde, das sich dieser Thematik widmen wird.
von:
Stellungnahme der AFET zur geplanten Reform des Vormundschaftsgesetzes