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Übergänge für junge Erwachsene
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Die Altersbegrenzung der Hilfe zur Erziehung durch die Volljährigkeit ist für viele junge Menschen eine Hürde, an der manche nicht weiterwissen und sich durch die folgenden Ansprüche der verschiedenen Leistungsträger überfordert fühlen. Während in Deutschland begründet werden muss, warum der junge Volljährige denn noch in den Hilfen zur Erziehung drin bleiben soll, muss in anderen Ländern stark begründet werden, warum der junge Mensch denn aus den Hilfen zur Erziehung herausgenommen werden soll.
Prof. Dr. Wiesner erläuterte auf der PFAD-Fachtagung “Komplizierte Wege ins Erwachsenenleben“ am 24.9.14 in Frankfurt, dass der §_41 SGB_VIII eine Soll-Vorschrift ist und somit einen Regelanspruch bedeutet. Dies bedeutet, dass der junge Volljährige nicht nachweisen muss, warum er denn die Leistungen des §_41 in Anspruch nehmen will, sondern die Behörde muss nachweisen, warum hier ein Ausnahmetatbestand besteht, so dass diese Hilfe zur Erziehung nicht gewährt werden kann. Das Problem in der Praxis liege meist darin, die Leistungsvoraussetzungen anzuerkennen – also Leistungstatbestände zu erkennen, auf die sich Rechtsfolgen gründen. So besteht z.B. ein Aspekt der Hilfe für junge Volljährige darin, Nachbetreuung in einer Übergangsphase bei Einmündung in andere Rechtsansprüche (SGB_II, XII etc.) zu gewähren.
70 % aller Pflegekinder, die volljährig werden, bekommen weiterhin Jugendhilfe. Das bedeutet nicht, dass diese jungen Menschen weiterhin in der Pflegefamilie leben. Dies ist nur eine Form der Hilfe, eine andere Form ist z.B. betreutes Wohnen. Von Kindern aus der Heimerziehung bekommen nur 55 % weiterhin Jugendhilfe – aber: auch wenn Erziehungshilfe endet, endet nicht der Bedarf des jungen Menschen an Unterstützung.
Entscheidend für die Weitergewährung der Jugendhilfe sind die Übergangsplanungen von den §_33 (Vollzeitpflege) oder §_34 (Heimunterbringung, betreutes Wohnen) in den §_41 Hilfe für junge Volljährige. Übergangsplanungen müssen schon im Rahmen der beiden letzten Hilfeplangespräche vor der Volljährigkeit erfolgen. Nur so kann ein guter Übergang erfolgen.
25 is the new 18
Veränderte gesellschaftliche Bedingungen und notwendige Nachreifungsprozesse (besonders der jungen Menschen aus der Jugendhilfe) machen sehr deutlich, dass die Volljährigkeit kein Datum der Unabhängigkeit von allem Bisherigen darstellen kann. Kein junger Erwachsener kann heute mit 18 Jahren völlig selbständig leben. Die Entwicklung zur unabhängigen Lebensführung zieht sich bis weit in das dritte Lebensjahrzehnt hinein. Der junge Mensch muss Dinge ausprobieren können, muss Ausbildungen anfangen und auch verändern können. Der junge Mensch muss die Möglichkeit haben, auch nach Beendigung einer Jugendhilfe bei Bedarf wieder in die Jugendhilfe zurückkehren zu können. Wir brauchen eine Pädagogik des Wiedersehens und nicht der Verabschiedung. Bei einer internationalen Careleaver-Konferenz brachte der Slogan ‚25 is the new 18‘ diese Überlegungen auf einen kurzen Nenner. Die Kinder- und Jugendhilfe muss sich besinnen auf die jungen Erwachsenen, muss sich besinnen auf ein ‚Jahrzehnt der Verselbständigung‘.