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Zwei Vormünder - müssen beide immer alle Unterschriften gemeinsam leisten?

Nach meiner Kenntnis ist die Rechtslage bei Eltern, die die gemeinsame Personensorge ausüben, so, dass grundsätzlich jedes Elternteil alleine rechtswirksam unterschriftsberechtigt ist (natürlich im grundsätzlichen Einvernehmen mit dem anderen Personensorgeberechtigten) - ist das bei gemeinschaftlichen Vormündern anders geregelt oder entsprechend?

Wir sind vor kurzem nach § 1775 Satz 1 BGB "Mehrere Vormünder - Das Familiengericht kann ein Ehepaar gemeinschaftlich zu Vormündern bestellen." gemeinschaftlich als Vormünder für unseren Pflegesohn bestellt worden. Die Kreissparkasse (und auf deren Nachfrage auch die Rechtspflegerin beim Familiengericht) meinen nun, das "gemeinschaftlich" sei so zu deuten, dass wir alles zu zweit zu unterschreiben hätten, auch z.B. jede Auszahlungsanweisung oder Überweisung vom Taschengeldkonto des Mündels, jeden Antrag oder Vertrag etc.
Nach meiner Kenntnis ist die Rechtslage bei Eltern, die die gemeinsame Personensorge ausüben, so, dass grundsätzlich jedes Elternteil alleine rechtswirksam unterschriftsberechtigt ist (natürlich im grundsätzlichen Einvernehmen mit dem anderen Personensorgeberechtigten) - ist das bei gemeinschaftlichen Vormündern anders geregelt oder entsprechend?

Ich habe Herrn Rechtsanwalt Steffen Siefert, Köln um Hilfe gebeten und danke ihm für seine nachfolgende Antwort:

Wenn ein Ehepaar gem. § 1775 BGB gemeinschaftlich zu Vormündern bestellt wurde, dann wird dies rechtlich als sogenannte „Mitvormundschaft“ gewertet.
Hierfür gilt die Vorschrift des § 1797 BGB, wonach mehrere Vormünder „die Vormundschaft gemeinschaftlich führen“. Um zu verdeutlichen, was dies bedeutet, zitiere ich aus dem Standardkommentar Palandt (69. Aufl. 2010, § 1797, Rn 3):
„Gemeinschaftliche Vormundschaft schränkt jeden der Mitvormünder in der Führung seines Amtes insofern ein, als er sich mit dem Mitvormund auf die zu treffenden Maßnahmen einigen muss und eine gegenseitige Kontrolle stattfindet. Auch eine stillschweigende Verteilung der Geschäftsführung ist unzulässig. Es gilt Gesamtvertretung, so dass z.B. eine Prozessvollmacht von sämtlichen Mitvormündern erteilt werden muss. Doch kann ein Vormund von dem Mitvormund bevollmächtigt werden. Fehlt die erforderliche Mitwirkung, gelten die §§ 177 ff.

Dies bedeutet, dass grundsätzlich tatsächlich eine Einwilligung von beiden Vormündern vorliegen muss. Ist dies nicht der Fall, dann wäre das Geschäft „schwebend unwirksam“, es wird also erst wirksam, wenn der Mitvormund es genehmigt. Daher sind die Aussagen der Sparkasse und des Familiengerichtes zutreffend, auch wenn dies in der Praxis an sich selten thematisiert wird.

Im praktischen Alltag sollte man sich mit einer Vollmacht des anderen Mitvormundes, d. h. des anderen Elternteiles, behelfen können.

Letzte Aktualisierung am: 
01.10.2010

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