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Was ist eine Familiäre Bereitschaftsbetreuung?
In der Studie des Deutschen Jugendinstitutes „Bereitschaftspflege-Familiäre Bereitschaftsbetreuung“ von 2002 wurde festgestellt, dass jährlich rund 30.000 Kinder und Jugendliche aufgrund einer akuten und nachhaltigen Gefährdung überwiegend wegen unzureichender oder schädigender Ausübung der elterlichen Sorge in Obhut genommen werden.
Familiäre Bereitschaftsbetreuung wird im Rahmen der § 33 SGB VIII ( Vollzeitpflege) oder § 42 SGB VIII (Inhobhutnahme von Kindern und Jugendlichen) vom Jugendamt oder von einem damit beauftragten freien Träger (z.B. Caritas, SKFM, Diakonie etc.) angeboten. Eine Inobhutnahme ist immer eine Notunterbringung zum Schutz des Kindes.
Beim Vergleich von Konzepten oder Informationen im Internet wird deutlich, dass es sich hier überwiegend um eine kurzfristige Hilfe für vernachlässigte und gefährdete Kinder handelt.
So heißt es z.B. auf den Webseiten zur Familiären Bereitschaftsbetreuung verschiedener Städte:
„Nicht alles Kinder können in einer intakten familiären Umgebung aufwachsen. Im Rahmen seines Schutzauftrages muss das Jugendamt mögliche Gefährdungen abwenden und Kinder vor Vernachlässigung, Gewalt oder Missbrauch schützen.“
„Für die Familiäre Bereitschaftsbetreuung kommen Kinder in Betracht, die vernachlässigt, bedroht, misshandelt und missbraucht werden, die in einer akuten Familienkrise leben, deren Eltern überfordert und überlastet sind oder die in eine dauerhafte Pflege- oder Adoptivfamilien vermittelt werden sollen.“
„Dieses Angebot des Amtes für Jugend und Familie unterstützt Eltern, die ihren Kindern in akuten Krisensituationen nicht eine ihre m Wohl entsprechende Versorgung und Betreuung sichern können. Wenn jüngere Kinder wegen einer akuten Gefährdung für ihr Wohl in ihrer Familie vorübergehend zu schützen sind, dann kann eine Unterbringung in einer Bereitschaftspflegefamilie erfolgen.“
Das Landesjugendamt Rheinland schreibt in seiner Broschüre „Rahmenkonzeption Familiäre Bereitschaftsbetreuung“:
„Die FBB ist ein familiäres Angebot der Krisenintervention (im Rheinland). Sie dient dem Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie der Abklärung des Hilfebedarfs in drohenden und akuten Gefährdungssituationen. Diese Unterbringungsform ist zeitlich begrenzt bis zur Entscheidung über eine Rückführung in die Herkunftsfamilie oder Überleitung in eine geeignete Folgehilfe außerhalb der eigenen Familie. Die Dauer der Unterbringung muss u.a. wegen entstehender Bindungen so kurz wie möglich gehalten werden.
Verweildauer in der FBB (Zeitperspektive)
Alle mir bekannten Konzepte – mit Ausnahme des Konzeptes der Stadt Düsseldorf – (siehe dazu die Studie in diesem Schwerpunktthema von Frieling/Väthjunker: „ Verlaufsmodell zur Inobhutnahme von Kindern in Familiärer Bereitschaftsbetreung“) gehen davon aus, dass die Verweildauer des Kindes in der FBB möglichst kurz sein sollte. Manche Konzepte sprechen von 8 Wochen, andere von bis zu 6 Monaten. Rückmeldungen von Bereitschaftspflegeeltern lassen jedoch den Rückschluss zu, dass diese Unterbringungsdauer oft nur ein Wunsch ist, und in der Praxis von Jugendämtern und besonders von Gerichten häufig nicht durchführbar ist. Werden innerhalb der Unterbringung des Kindes in einer FBB Gerichtsverfahren zum Entzug des Sorgerechtes geführt, kann es auch Unterbringungen von einem oder sogar zwei Jahren geben. Dies führte dazu, dass manche Pflegeeltern nach einer solch langen Verweildauer eine anderweitige Unterbringung des Kindes nicht mehr verantworten wollten und einen Antrag auf Verbleib des Kindes in ihrer Familie gestellt haben und mit diesem Antrag erfolgreich waren.
Bei dem Antrag auf Verbleib in der Pflegefamilie interessiert das Gericht nicht die Organisationsform „Bereitschaftspflegestelle“, sondern das Gericht entscheidet, ob eine Trennung des Pflegekindes von den Pflegeeltern sein Wohl schädigt. Es zeigt sich, dass gerade bei der Unterbringung sehr kleiner Kinder hier die Dauer des Aufenthaltes der entscheidende Faktor ist.
Die Vermittlungsstellen müssen daher diese Möglichkeit im Auge behalten. Es muss darauf gedrungen werden, dass sorgerechtliche Entscheidungen schneller abgewickelt werden müssen. Eine Veränderung des FGG zielt ja genau dahin. Die Verantwortlichen für die Unterbringung in der FBB müssen neben der beschleunigten gerichtlichen Arbeit auch ihre eigene Arbeit innerhalb des Amtes unter dieser Zeitperspektive sehen.
Die Bereitschaftspflegestellen sind eben unter dieser Perspektive der zeitweisen Unterbringung ausgesucht worden – das Kind unter dieser Perspektive dort untergebracht worden. Es ist daher möglich, dass die Vermittlungsstelle das Kind nicht in diese Bereitschaftspflege vermittelt hätte, wenn diese Bereitschaftspflegestelle sich nicht für Bereitschaftspflege sondern für die Dauerpflege für dieses Kind interessiert hätte.
Die Vermittlungsstelle muss daher die Zeitperspektive des Pflegekindes deutlicher ins Auge fassen oder eine dauerhafte Unterbringung riskieren, die so ursprünglich nicht gewollt worden ist.
Wie die Studie der Düsseldorfer Sozialpädagogen zum Verlaufsmodell der Inobhutnahme von Kindern jedoch zeigt, kann eine längerfristige Unterbringung in einer Bereitschaftspflegestelle durchaus sinnvoll für ein Pflegekind sein. Es ist jedoch hierzu wichtig, dass alle Beteiligten das gleiche Ziel verfolgen und die Bereitschaftspflegestellen das Konzept der Verarbeitung traumatischer Erfahrungen und Hilfestellungen für das Kind durch sie und die Berater des Jugendamtes auch mittragen und verinnerlicht haben.
Bereitschaftspflegeeltern bzw. Fachkräfte der Familiären Bereitschaftsbetreuung
Die Arbeit der Familiären Bereitschaftsbetreuung wird sowohl von pädagogischen Fachkräften als auch von besonders geschulten und erfahrenen Pflegeeltern geleistet.
Auf einer Internetseite heißt es dazu:
„Bereitschaftspflegeeltern sind Personen, die weitreichende erzieherische Erfahrungen und /oder pädagogische Ausbildung haben, flexibel und belastbar sind. Diese Pflegestellen können ein Kind sofort aufnehmen, besitzen eine gute Beobachtungsgabe sowie Zeit- und Einfühlungsvermögen. Außerdem steht genügend Wohnraum zur Verfügung.“
Zunehmend werden diese Pflegepersonen von den Vermittlungsstellen geschult und auf ihre Aufgabe vorbereitet und während der Aufnahme des Kindes von Fachkräften begleitet.
Aufgabe der Familiären Bereitschaftsbetreuung
- Pflege, Betreuung und Erziehung des Kindes in der eigenen Familie
- Besuche bei Ärzten, Beratungsstellen, Frühförderstellen etc.
- Beobachtung des Kindes ( sich ein Bild vom Kind machen)
- Vorbereitung bzw. Mitwirkung bei Elternkontakten
- Kooperation mit Behörden und weiteren Fachkräften
- Teilnahme an Hilfeplangesprächen
- Bewältigung von Anbahnung und Trennung
- Teilnahme an Fortbildungen und Gruppengesprächen
- ...
Erfahrungswerte und Wünsche erfahrener Bereitschaftspflegeeltern
Familiäre Bereitschaftsbetreuung ist eine intensive Aufgabe. Daher legen erfahrene Bereitschaftspflegeeltern größten Wert darauf, dass die Familien, die diese Aufgabe erfüllen gut geschult , gut vorbereitet und intensiv begleitet werden. Sie halten es für notwendig, dass sie ihre Erfahrung an neue Bereitschaftspflegeeltern vermitteln können um so für diese deutlicher zu machen, was an Veränderungen und Anforderungen auf sie zukommen wird. Jedes Bereitschaftspflegekind stellt ganz eigene Anforderung an die Bereitschaftsfamilie und die Familie muss sich beständig neu orientieren. Manchmal ist eine Bereitschaftspflegefamilie erleichtert, wenn ein Kind wieder geht und manchmal trauern alle Familienmitglieder, weil ihnen ein Kind so sehr ans Herz gewachsen ist. Manchmal sind Bereitschaftspflegefamilien glücklich, weil sie erleben, dass ein Kind welches geht einer guten Zukunft entgegensieht, und manchmal herrscht tiefe Betroffenheit, weil Kinder zurückgehen in unklare und deprimierende Umstände.
Familien, die diese Aufgabe erfüllen empfinden es als große Hilfe, wenn sie die Möglichkeit haben, miteinander ins Gespräch zu kommen und es regelmäßige Treffen gibt. Ebenso notwendig ist es, dass diese Familien ihre Erfahrungen und Kenntnisse einbringen können in die noch zu erstellenden oder zu aktualisierenden Konzepte zur Familiären Bereitschaftsbetreuung.