Sie sind hier

Alltag mit Kindern

Vernachlässigte Hoffnungsträger - Erwachsene verantworten den Alkoholmissbrauch von Kindern und Jugendlichen

Eine Presseerklärung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V., in der deutlich wird, dass das Verhalten der Erwachsenen im Umgang mit Alkohol problematisch ist und daher kein Vorbild für die Kinder und Jugendlichen sein kann.

Wenn von Alkoholmissbrauch die Rede ist, so sind wir es seit einigen Jahren gewöhnt, fast ausnahmslos über Kinder und Jugendliche zu sprechen. Flatrate-Partys und Komatrinken, Exzesse in der Öffentlichkeit und Alkoholvergiftungen in der Notaufnahme scheinen inzwischen (entgegen aller Wahrscheinlichkeit) ein ausschließliches Problem Minderjähriger zu sein. Tatsächlich gibt es gute Gründe, gerade den Alkoholmissbrauch von Kindern und Jugendlichen besonders aufmerksam
zu beobachten.

Das Durchschnittsalter für den ersten Alkoholkonsum liegt in Deutschland seit langer Zeit bei extrem niedrigen 13,2 Jahren. Und schon unter den 15-Jährigen sind 60,9 % Alkohol erfahren. Diese Zahlen sind um so Besorgnis erregender als Alkohol gerade im Organismus Heranwachsender besonders schnell und mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit besonders gravierende Schäden anrichtet. Und auch die Gefahr, abhängig zu werden, erhöht sich, je früher ein regelmäßiger Alkoholkonsum begonnen wird. Die Wahrscheinlichkeit, eine solche Abhängigkeit zu überwinden, sinkt im Gegenzug durch frühen Einstieg. Alles in allem gewichtige Gründe dem Alkoholkonsum Heranwachsender besondere Aufmerksamkeit zu widmen und konzentrierte Anstrengungen zu unternehmen, damit der Einstieg besonders spät und moderat erfolgt.

Andererseits vernebelt die ausschließliche Aufmerksamkeit für den Alkoholmissbrauch
der Minderjährigen jeden Blick für die Realitäten: Noch immer wird der mit Abstand meiste Alkohol von Erwachsenen konsumiert. Noch immer sind beinahe alle Alkoholabhängigen deutlich über 18 Jahre alt. Noch immer stellen die Erwachsenen 76,3 % aller alkoholbedingten Notaufnahmen in den Krankenhäusern. Noch immer sind damit Erwachsene ein schlechtes Vorbild für Kinder und Jugendliche. Und gerade beim Alkohol, der jungen Menschen durchaus bei den ersten Malen nicht schmeckt, spielen Vorbilder die größte Rolle.

Daneben entscheidet das Angebot. Und Erwachsene haben den jungen Generationen
beigebracht, den unsympathischen Alkoholgeschmack mit Fruchtaromen und vor allem Zucker zu überdecken. Erwachsene sind dafür verantwortlich, dass der Jugendschutz, gleich ob in Gaststätten oder im Einzelhandel, an Tankstellen oder in Diskotheken, nicht konsequent beachtet und Verstöße nicht wirksam geahndet werden. Erwachsene sind dafür verantwortlich, dass es in Deutschland – und in extremer Menge und Auswahl – Alkohol zu kaufen gibt. Und Erwachsene entscheiden, dass Werbung verbreitet wird, die den Alkoholkonsum verherrlicht, in dem sie ihn mit Leistungssport, außergewöhnlichem Vergnügen und sexueller Attraktivität verbindet.

Wir sind auf dem besten Weg, einen nennenswerten Teil mehrerer Generationen
an die Einstiegsdroge Nummer 1 zu verlieren, den Alkohol. Um dies zu verhindern, ist es wenig hilfreich, den exzessiven Konsum Jugendlicher zu beklagen, ihre angeblich haltlosen und extremen Konsumgewohnheiten an den Pranger zu stellen und ihnen mit einer Zunahme angedrohter oder tatsächlicher Sanktionen gegenüber zu treten. Vielmehr sind Eltern und andere Vorbilder, Verkäuferinnen und Passanten auf der Straße, Wirte und andere Gewerbetreibende, Sozial- und Gesundheitspolitikerinnen und -politiker, Fachkräfte aus Prävention und Therapie, mithin Erwachsene in allen denkbaren Zusammenhängen gefordert, das jeweils ihre beizutragen, um die
Generation mit der längsten Zukunft nicht zur Generation ohne Zukunft werden zu lassen.

Die DHS fordert

  • Prävention, die problematischem Konsum aller Konsumenten vorbeugt,
  • sämtliche Erwachsene auf, ihre Verantwortung für den Alkoholkonsum junger Menschen zu erkennen und umzusetzen,
  • die konsequente Anwendung von Jugendschutz- und Gaststättengesetzen,
  • ein Verkaufsverbot von Alkohol bei wiederholten Verstößen,
  • die spürbare Ausrichtung der Ordnungsämter auf den Alkoholverkauf.

Kontakt:

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
Westenwall 4 - 59065 Hamm
Dr. Raphael Gaßmann
Tel. 02381 / 9015-10
Christa Merfert-Diete
Tel. 02381 / 9015-18
Fax 02381 / 9015-30
Mobil: 0173 / 2920321
merfert-diete@dhs.de

Letzte Aktualisierung am: 
18.11.2009