Sie sind hier

Basiswissen

Veränderungen der Kernfamilie zur Pflegefamilie

Die private Institution "Familie" muss sich für die Aufnahme eines Pflegekindes verändern. Die Familie öffnet sich nach außen. Informationen über die Bedürfnisse der leiblichen Kinder, Anspruch auf Beratung und Unterstützung, Zusammenarbeit bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie.

Themen:

kinderbilderDie private Institution "Familie" muss sich für die Aufnahme eines Pflegekindes verändern. Natürlich bleibt sie weiter eine private Institution, aber sie hat sich nun weit geöffnet. Die Kernfamilie bleibt nicht so wie sie war, wenn sie ein Kind aufnimmt. Das Pflegekind dockt nicht einfach an, und alles bleibt beim alten. Durch die Aufnahme eines Pflegekindes wird die Familie durcheinander gewirbelt und muss sich neu definieren. Durch die Bedürfnisse und Forderungen des Kindes verändert sich die Familie natürlich im Innern. Durch die Stellung des Kindes als "Pflegekind" verändert sich die Familie auch nach außen.

Genau wie das Pflegekind durchschreitet auch die Kernfamilie verschiedene Integrationsphasen, nachdem das Kind zur Familie gezogen ist. Auch die Familie hat eine Anfangsphase der Orientierung und sich Gut-Darstellens, dann eine Konfliktphase, in der eigene Werte, Vorstellungen, Erfahrungen und Wünsche auf dem Prüfstand stehen. Und auch die Pflegeeltern und die Pflegegeschwister binden sich näher und näher bis hin zur klaren Familienzugehörigkeit des Pflegekindes.

Die Familie öffnet sich nach außen

Die rechtliche Stellung des Pflegekindes bedeutet, dass die Pflegeeltern beständig ihre Familie offen halten müssen. Um das Pflegekind herum gibt es Herkunftsfamilie, Jugendamt, freier Träger, eventuell Gerichte, Anwälte usw. Häufig hat die Pflegefamilie aufgrund des Entwicklungsstandes des Kindes mehr als bisher mit Schulen, Schulamt, Frühförderung, Gesundheitsamt, integrativen Einrichtungen, Therapeuten und Ärzten zu tun.

Pflegefamilien erleben veränderte Beziehungen nach außen. Je nach dem, wie die Verwandtschaft auf das Pflegekind reagiert, kommt es zu Brüchen oder zu engerem Verständnis. Genauso ist es mit Freundschaften. Neue Freundschaften entstehen im Pflegeelternkreis.

Bedürfnisse der leiblichen Kinder

Die Aufnahme eines Pflegekindes beeindruckt und beeinflusst die leiblichen Kinder der Pflegeeltern. So wie das Pflegekind von seinen Pflegegeschwistern lernt, lernen auch die leiblichen Kinder von dem Pflegekind. So können die Kinder natürlich auch Verhalten und Ausdrucksweisen der Pflegekinder übernehmen. Der für das Pflegekind notwendige konsequente Umgangsstil verändert wahrscheinlich den bisherigen Erziehungsalltag in der Familie. Die hohen Anforderungen des Pflegekindes an seine Pflegeeltern lässt diese manchmal die Frage stellen, ob ihre eigenen Kinder jetzt nicht zu kurz kommen.

Diese Gedanken führen dazu, dass bei der Vermittlung eines Pflegekindes die leiblichen Kinder oder schon in der Familie lebenden Adoptiv- und Pflegekinder ausdrücklich beachtet werden müssen. Was passt zu ihnen, welchen Entwicklungsstand haben sie, was würde für jeden von ihnen die Aufnahme eines Pflegekindes bedeuten? Kann das Kind eines neues Kind neben sich verkraften? Welche Position hat das Kind in der Familie? Würde es diese Position behalten oder muss es sich eine neue Position suchen?

In vielen Jugendämtern ist es Standard, dass das zu vermittelnde Pflegekind immer das jüngste Kind in der Geschwisterreihe sein soll. Man hofft, dass die starken Bedürfnisse eines jüngeres Kind von den älteren Kindern eher akzeptiert wird. Abgesehen wird auch von der Vermittlung gleichaltriger Kinder. Die Vergleichsmöglichkeit zwischen den Kindern kann zu Problemen der Pflegeeltern aber auch des Pflegekindes führen.

Einige Vereine, die Kinder in Sonderpflegefamilien vermitteln, platzieren das Pflegekind durchaus zwischen oder über die bestehende Geschwisterreihe. Hier wurden die Erfahrungen gemacht, dass die Pflegefamilie durch gute Vorbereitung und die sehr intensive und immer anzufordernde Betreuung ihrer Berater entstehende Probleme gut in den Griff bekommt.

Anspruch auf Beratung und Unterstützung

Die Pflegefamilie hat vor und während der Unterbringung des Kindes Anspruch auf Beratung und Unterstützung. Das Jugendamt betreut und berät entweder selbst durch Sozialarbeiter/-innen des Pflegekinderspezialdienstes oder durch den ASD (allgemeiner sozialer Dienst), oder es hat diese Betreuung an einen freien Träger delegiert. Dies kann z.B. der Sozialdienst kath. Frauen und Männer, die Diakonie, die Arbeiterwohlfahrt oder auch extra für diesen Zweck gegründete Vereine sein. So werden fast alle Sonderpflegefamilien durch solche Vereine betreut.

Pflegeeltern, die nicht im Rahmen der Hilfe zur Erziehung durch das Jugendamt, sondern direkt von den leiblichen Eltern oder als Verwandte ein Kind in Pflege genommen haben, haben ebenfalls einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung.

§ 37 SGB VIII Zusammenarbeit bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie, Absatz 2

(2) Die Pflegeperson hat vor der Aufnahme des Kindes oder des Jugendlichen und während der Dauer der Pflege Anspruch auf Beratung und Unterstützung; dies gilt auch in den Fällen, in denen dem Kind oder dem Jugendlichen weder Hilfe zur Erziehung noch Eingliederungshilfe gewährt wird oder die Pflegeperson der Erlaubnis nach § 44 nicht bedarf. § 23 Abs. 4 gilt entsprechend.

Letzte Aktualisierung am: 
15.05.2008

Das könnte Sie auch interessieren

Basiswissen

Welche rechtlichen Möglichkeiten haben Pflegeeltern?

Über das Recht der Alltagsentscheidungen hinaus haben Pflegeeltern verschiedene Rechte. Eine Übersicht über diese Rechte finden Sie hier.
Basiswissen

Warum möchten Pflegeeltern-Bewerber ein Kind aufnehmen?

Die Motivation der Pflegeeltern-Bewerber.
Basiswissen

Rechte und Entscheidungsmöglichkeiten der Pflegeeltern

Grundsatzentscheidungen, Alltagsentscheidungen, Vollmacht der Herkunftseltern für die Pflegeeltern - alles über Rechte der Pflegeeltern.
Basiswissen

Wie wird ein Kind ein Pflegekind?

Kinder haben ein Recht darauf, in einer Familie aufzuwachsen. Daher wird für jedes Kind geprüft, ob es in einer Pflegefamilie leben kann.
Basiswissen

Jugendamt und Pflegeeltern - die Möglichkeit der Beistandschaft

Zu allen Verfahren und Terminen der Verwaltung kann sich ein Bürger eine Person seines Vertrauens mitbringen. Diese Person steht ihm bei den Verhandlungen bei als sogenannter Beistand, oder sie führt die Verhandlungen für ihn als Bevollmächtigter.
Basiswissen

Übersiedlung - Das Kind zieht zu den Pflegeeltern

Die Übersiedlung des Kindes in die Pflegefamilie bedeutet einen Bruch für das Kind. Es wäre daher ideal, wenn neben der Sozialarbeiterin des Vermittlungsstelle auch die Erzieherin des Heimes oder die Bereitschaftspflegemutter den Einzug des Kindes in die Pflegefamilie konkret begleiten würden.
Basiswissen

Beistand sein für Pflegeeltern

Pflegeeltern und Pflegekinder haben viel mit Ämtern zu tun, überwiegend mit dem für sie zuständigen Jugendamt. Aufgrund guter Erfahrungen hat sich in einigen Jugendämtern schon so etwas wie eine Beistandskultur im Pflegekinderbereich entwickelt.
Basiswissen

Pflegeeltern und Schule

Die erste und beste Hilfe besteht in der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrern. Die Erfahrungen zeigen, dass Pflegeeltern/Adoptiveltern im hohen Maße gut zusammen arbeiten und damit dem Kind die Schulsituation erleichtern.
Basiswissen

Auszeiten für Pflege- und Adoptiveltern

Berliner Pflegeeltern organisieren Ausflüge in die Selbständigkeit für Pflege- und Adoptivkinder. Organisiert werden diese Hilfen von Wildfang e.V. in Zusammenarbeit mit PfliZ gGmbH. Beide Organisationen sind gemeinnützig und arbeiten nicht profitorientiert. Von Knuth Gründer
Basiswissen

Adoption - ein Thema in den Medien

Das Thema Adoption erfreut sich in den Medien einer immer grösseren Beliebtheit. Presseberichte stellen je nach aktuellem Geschehen die Adoption in ein positives oder negatives Licht. Fernsehdokumentationen über Paare oder Familien, die ein Kind aus dem Ausland adoptieren, werden auf den verschiedensten Programmen immer wieder ausgestrahlt. Natürlich braucht es dafür Adoptionsbewerber/innen und -familien, die sich von einem Fernsehteam begleiten und filmen lassen.