Sie sind hier
Traumatherapie
Themen:
Traumatherapie orientiert sich konkret an den vielfältigen Auswirkungen von traumatischen Erfahrungen. Zunächst geht es um das gegenwärtige Leid. Nur in kleinen Schritten nimmt die seelische Stabilität zu. Betroffene lernen, daß sie in der Gegenwart selbstverantwortlich handeln können. Seelische Kräfte (Ressourcen) werden geweckt und gestärkt. – Erst später geht es um die traumatisierenden Erfahrungen selbst. Die Therapeutin (der Therapeut) wird zur solidarischen Zeugin. Traumatherapie bedeutet Nachreifung. Erst jetzt wird die Gegenwart stärker als die traumatische Vergangenheit.
Was ist das eigentlich: Traumtherapie?
Sämtliche traumatische Erfahrungen, die Kinder und Jugendliche machen, haben Auswirkungen auf grundlegende psychische Strukturen, also die Entwicklung der Persönlichkeit. Dies betrifft das Selbstwertgefühl genauso wie die Erwartungen an zwischenmenschliche Beziehungen, die Entwicklung und Bewertung von Gefühlen (eigenen wie denjenigen anderer), die Reaktionsweisen bei Konflikten und vieles mehr. – So entwickelt sich jeder frühtraumatisierte Mensch in individueller Weise anders als Kinder, die keinen Traumatisierungen ausgesetzt waren.
Der komplex Geschädigte "funktioniert" vielleicht dennoch viele Jahre mehr oder weniger gut. Irgendwann ist das psychische System mit den Aufgaben der Erwachsenenwelt überfordert, der Betroffene verzweifelt angesichts seiner quälenden Empfindungen und/oder Reaktionsweisen, die er oder sie sich zumeist kaum erklären kann. Dies ist in der Regel Ausgangspunkt einer Psychotherapie.
Sofern Zusammenhänge zu schweren seelischen Belastungen in Kindheit oder Jugend immerhin vermutet werden und eine entsprechend motivierte oder spezialisierte Psychotherapeutin gesucht und gefunden wurde, steht im Blickpunkt einer Traumatherapie zunächst das gegenwärtige Leid des Betroffenen. Es geht um Schwierigkeiten, sich befriedigend ins Alltagsleben einzubringen, um Ängste und emotionale Labilität, seelische Leere sowie schwerwiegend schädigende Kompensationsformen (Alkohol/Drogen, Aggressionen, Essstörungen, Rückzug u.a.).
Angemessene Therapie nach frühen Traumatisierungen erfordert zeitweilig den größten Teil der alltäglichen Lebenskraft. Erschöpfung, Trauer, Tränen, zeitweiliger sozialer Rückzug sind darin legitime und notwendige Phasen (dann also keine krankheitswertige "Depression"). Eine vorrangige Orientierung der Therapie am "normalen Funktionieren" in Arbeitsleben, Schule bzw. Familie würde dem Heilungsprozess nicht gerecht.
Grundlegend befriedigendere Lebensmöglichkeiten sind langfristiges Therapieziel. Jedoch müssen von Anfang an und im weiteren Verlauf der Traumatherapie immer neu Zwischenlösungen gefunden werden, die dem Betroffenen genügend seelische Stabilität geben, um sich überhaupt auf therapeutische Arbeit an den frühen Traumatisierungen einlassen zu können. Möglich wird dies alles nur in ganz kleinen Schritten, denn einerseits rühren emotionale Labilität, Ängste und Hilflosigkeit her von den traumatisierenden Schädigungen, andererseits aber ist eine therapeutische Aufarbeitung solcher Traumafolgeschäden möglich erst bei einem Mindestmaß an seelischer Stabilität im Alltag. – Aus diesem Grund haben traumatherapeutische Fortschritte meist die Form: "Zwei Schritte vor und einer zurück!"
- Auszug aus www.dissoziation-und-trauma.de