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12.07.2016

Stellungnahme der Kinderkommission des Deutschen Bundestages zur Umsetzung der Kinderrechte in Deutschland

Die Kinderkommission hat sich in ihren öffentlichen Expertengesprächen mit dem Stand der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland befasst und diese Gespräche als Basis ihrer Stellungnahme genutzt - u.a. auch zur Situation von Pflegekindern und zur klaren Positionierung einer inklusiven Lösung.

Auszüge aus der Stellungnahme

II. Kinder mit Behinderungen

Es kommt nicht selten vor, dass ein Kind mit einer Behinderung mehrfach benachteiligt wird. Die Verschränkung von Behinderung mit weiteren Faktoren, wie etwa einer prekären sozialen Lage oder einem Migrationshintergrund, darf keinesfalls dazu führen, dass die Förderung und Integration nochmals erschwert wird. Es ist wichtig, dass Angebote und Unterstützungen für ein behindertes Kind nicht von finanziellen und anderen familiären Ressourcen sowie von der Herkunft abhängig sind. Um auch in diesem Kontext das staatliche Familiensystem zu stärken, braucht es konkrete institutionalisierte Angebote für Familien, damit Beruf und Familie trotz Pflege vereinbar sind und die finanzielle Selbständigkeit nicht aufgegeben werden muss.

Die Schnittstellenproblematik im SGB VIII und SGB XII muss beseitigt werden. Die Kinderkommission befürwortet daher die Inklusive Lösung im SGB VIII.

Auch innerhalb der Sozialgesetzgebung muss ein inklusiver Ansatz verfolgt werden. So sollte es möglich sein, dass auch eine Nachmittagsbetreuung für Kinder über 14 Jahren förder-und finanzierbar ist. Besonderer Förderbedarf darf nicht zum Ausschluss und Teilhabehemmnis führen.

V. Recht auf eigene Familie

§ 3 UN -Kinderrechtskonvention – Wohl des Kindes
Abschnitt zu Pflegekindern und ihren Pflegefamilien

Familie ist da, wo Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen, insbesondere da, wo Kinder sind. Die Formen des Zusammenlebens sind vielfältig. Die Kinderkommission hat sich speziell der Situation von Pflegefamilien und von Vätern gewidmet.

Bei allen Maßnahmen steht das Kindeswohl an erster Stelle.

Wird eine Gefährdung gesehen, sollte zunächst die Herkunftsfamilie alle Unterstützung erfahren, um die Gefährdung abzustellen. Kann die Gefährdung des Kindes nicht zuverlässig ausgeschlossen werden, muss der Staat in seiner Wächterfunktion verlässlich zum Wohle des Kindes eingreifen. Eine Möglichkeit ist es dann, das Kind bzw. die Kinder in einer Pflegefamilie aufwachsen zu lassen.

Die Unterstützung, Begleitung und Beratung sowohl der Herkunfts- als auch der Pflegefamilien muss anhand verbindlicher Qualitätsmerkmale standardisiert werden. Jedes Kind muss – soweit es das Kindeswohl erlaubt – die Möglichkeit auf Besuchskontakt
zu den leiblichen Eltern haben.

Es sollte sich daraus für das Kind jedoch keine Pflicht zum Umgang ableiten.

Kinder sind an jeder Stelle eines familienrechtlichen Verfahrens altersangemessen und fachlich kompetent anzuhören und zu beteiligen. Das Kind sollte das Umfeld so wenig wie möglich
wechseln müssen (Bereitschaftspflege, Dauerpflege, Herkunftsfamilie).

Nach einem vertretbaren Zeitraum muss eine klare Perspektive für das Kind sichtbar sein.

Kindern und Jugendlichen, um die sich kein Fürsorgebeauftragter kümmert, muss so schnell wie möglich ein qualifizierter und unabhängiger Vormund zur Seite gestellt werden.

Jugendliche sollten bei einer individuellen Gestaltung des Übergangs in die Volljährigkeit unterstützt werden. Der 18. Geburtstag darf nicht zum Abbruch von Sicherheit und Bindungen führen.

Um Pflegekinder zu unterstützen, Verfahren zu beschleunigen und Aufenthalte zu klären, brauchen Fachkräfte gute Rahmenbedingungen und überschaubare Fallzahlen.

Diversität von Familienformen ist anzuerkennen. Dazu gehört die Sensibilisierung von Erzieherinnen und Erziehern, Pädagoginnen und Pädagogen, Beratungsstellen, Jugendämtern und Jobcentern, damit Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Familienformen angemessen behandelt werden. Vaterschaft muss sichtbar gemacht und die aktive Rolle in der Erziehung gefördert werden.

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