Sie sind hier

29.01.2016
Stellungnahme

Kinder und Jugendliche auf der Flucht: Junge Menschen mit Ziel

Die Stellungnahme des Bundesjugendkuratoriums (BKJ) vom Januar 2016 weist auf die Situation junger Flüchtlinge in Deutschland hin und beschreibt Hilfen und Notwendigkeiten zur Aufnahme dieser jungen Menschen in unserer Gesellschaft.

Auszüge aus der Stellungnahme

Es ist davon auszugehen, dass Flüchtlinge über einen längeren Zeitraum einreisen werden und Fluchtmigration zu einer dauerhaften Herausforderung gegenwärtiger Gesellschaften wird, wobei der Umfang offen und abhängig von weltweiten Entwicklungen sowie nationalen und europäischen Politiken ist. Deshalb sollte der Schwerpunkt der politischen und fachlichen Auseinandersetzung auf
der Etablierung dauerhafter Strukturen liegen, welche die Aufnahme und Integration der geflüchteten Menschen sichern. Junge Flüchtlinge haben zu hohen Anteilen das Ziel, in Deutschland zu bleiben, und suchen eine beständige Perspektive. Deshalb plädiert das BJK für eine Sichtweise auf junge Geflüchtete, die den Schwerpunkt auf die langfristige Integration und die Ziele der jungen Menschen legt. [...]

Bei den minderjährigen Asylantragsteller/innen ist von den unter 16-Jährigen knapp die Hälfte weiblich. Von den 16- bis unter 18-Jährigen sind nur etwa 20 % weiblich (BAMF 2015). Noch geringer fiel 2014 der Anteil weiblicher unbegleiteter Flüchtlinge mit etwa 8 % aus (Kinder-und Jugendhilfestatistik 2014). Bislang ist kaum geklärt, warum unter den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen nur so wenige Mädchen sind. Informationen aus der Fachpraxis geben Hinweise auf ein erhöhtes Risiko, dass minderjährige weibliche Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern Opfer von Menschenhandel und/oder Zwangsprostitution werden. Mit der Folge, dass von diesen jungen Frauen ein Anteil ihr Zielland nicht erreicht. Alle weiblichen Flüchtlinge haben ein erhöhtes Risiko der (Re-)Viktimisierung durch (sexualisierte) Gewalt und Übergriffe (Rabe 2015). [....]

Die Strukturen des Kinderschutzes, der Frühen Hilfen und die Angebote der Familienbildung sind so auszubauen, dass sie für geflüchtete Familien schnell zugänglich sind – auch und besonders in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften. Dezentrale Ombuds- und Beschwerdestellen sowie Unterkünfte, die auf die Bedarfe allein reisender Frauen mit Kindern oder Familien zugeschnitten sind und über ein niedrigschwelliges Beratungsangebot der Kinder- und Jugendhilfe verfügen, müssen mittelfristig ausgebaut werden. [....]

Hilfen zur Erziehung

Die aktuellen Angebote der stationären Hilfen zur Erziehung sind teilweise den unterschiedlichen Bedarfen der jungen Flüchtlinge nicht angemessen. Seitens der Fachkräfte wird ein spezifisches Wissen über Flucht und Migration benötigt. Zudem beschreibt die Fachpraxis die hohe Eigenständigkeit beziehungsweise den unterschiedlichen Erziehungshilfebedarf junger Flüchtlinge. So kann es notwendig sein, dass zum Beispiel Mobiltelefone und W-LAN immer verfügbar sind, um den Kontakt zur Herkunftsfamilie zu halten, während diese Zugänge bei in Deutschland ansässigen jungen Menschen in den Hilfen zur Erziehung anders reguliert sind. Mitunter haben junge Flüchtlinge keinen Bedarf an Hilfen zur Erziehung im regelhaften Sinne. Gleichwohl kann es Unterstützungs- und Orientierungsbedarf geben, der eher durch eine Begleitung gewährleistet wäre. Es bedarf hier einer Anpassung von Angeboten, allerdings dürfen diese Anpassungen nicht dazu genutzt werden, Standards der Kinder- und Jugendhilfe abzusenken. Die kommunale Steuerung sollte diese Angebote koordinieren und prüfen. [....]