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28.09.2022

Berücksichtigung des Kinderbonus 2022 sowie der Energiepreispauschale und des Heizkostenzuschusses im Rahmen der Kostenbeteiligung gem. §§ 91 ff. SGB VIII

Das DIJuF veröffentlicht eine Stellungnahme zur Anrechnung von Kinderbonus, sowie Energiepreis- und Heizkostenpauschalen an ältere oder erwachsener junge Menschen in Pflegefamilien, die z.B. Bafög oder BAB erhalten. Die Anrechnung des Kinderbonus ist gesetzlich ausgeschlossen. Das DIJuF sieht eine Anrechnung der Heizkostenpauschalen nur dann, wenn vorher die steigenden Heizkostenpreise im Pflegegeld angehoben und tatsächliche ausgeglichen wurden.

Auszüge aus der Stellungnahme

Berücksichtigung des Kinderbonus

Durch das weiterhin anzuwendende Gesetz zur Nichtanrechnung und Nichtberücksichtigung des Kinderbonus wird auch für den Kinderbonus 2022 sichergestellt, dass der Einmalbetrag nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist. Wird somit das (laufende) Kindergeld zwar nach § 74 Abs. 2 EStG von der Familienkasse an den Jugendhilfeträger erstattet, so muss der Kinderbonus gleichwohl an die kindergeldberechtigte Person ausgezahlt werden, wie auch bei den zuvor gewährten Kinderbonuszahlungen, und kann bei der Kostenbeteiligung nicht berücksichtigt werden. (Seite 2, oben)

Die Energiepreispauschale (EPP) von 300 €

Die Energiepreispauschale scheint ein kostenrechtlich schwieriges Thema zu sein. Das DIJuF hat eine ausführliche Stellungnahme dazu gemacht mit Sichtweisen unter verschiedenen Gesichtspunkten. Hier ein kurzer Auszug:

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die EPP gerade deshalb geleistet wird, um eine Entlastung von den ansteigenden Energiekosten zu erzielen. Werden öffentliche Mittel zur Förderung eines bestimmten Zwecks eingesetzt, darf diese Zielsetzung, nämlich die Abmilderung der Belastung der Bürger durch die Energiepreisentwicklung, nicht durch die Berücksichtigung dieser Mittel im Kontext anderer staatlicher Heranziehungsinstrumente konterkariert werden, was aber aus hiesiger Sicht bei der Berücksichtigung als Einkommen genau der Fall wäre. Des Weiteren kann als Argument herangezogen werden: Wenn bei einkommensabhängigen Leistungen auf eine Berücksichtigung verzichtet wird, so muss dies auch bei einkommensunabhängigen staatlichen Leistungen gelten. Nur so wird das Ziel erreicht, dass die Bürger ein effektives „Mehr“ an verfügbarem Einkommen erhalten. Das Institut geht daher davon aus, dass es sich bei der EPP um privilegiertes Einkommen iSd § 93 Abs. 1 S. 4 SGB VIII handelt, welches somit nicht herangezogen werden kann. Wie sich andere Stimmen in der Literatur und Fachszene positionieren, ist noch nicht abzusehen. (Seiten 3 und 4 oben).

Berücksichtigung des einmaligen Heizkostenzuschusses 

Gem. § 39 SGB VIII wird im Rahmen der vollstationären Unterbringung junger Menschen als Annexleistung die Sicherstellung des notwendigen Unterhalts gewährleistet. Hierzu zählen auch die Kosten für die Unterkunft, zu deren Bestandteilen auch die Heizkosten zählen. 16 Da vollstationär untergebrachten junge Menschen die Heizkosten also über § 39 SGB VIII gewährt werden, spricht viel dafür, den Heizkostenzuschuss als sog. zweckgleiche Leistung gem. § 93 Abs. 1 S. 3 SGB VIII einzuordnen, die neben dem Kostenbeitrag aus Einkommen vorweg einzusetzen ist. Untermauert wird diese Annahme auch dadurch, dass der einmalige Heizkostenzuschuss im Zusammenhang mit Leistungen gewährt wird (bspw. BAföG oder Ausbildungsgeld nach dem SGB III17), die ebenfalls gem. § 93 Abs. 1 S. 3 SGB VIII als zweckgleiche Leistungen zu vereinnahmen sind.

Voraussetzung für eine Vereinnahmung als zweckgleiche Leistung ist aus Sicht des Instituts jedoch, dass die Leistungen, hier Heizkostenzuschuss und Leistungen gem. § 39 SGB VIII, in ihrer konkreten Ausgestaltung auch tatsächlich zweckgleich sind.

Sind die steigenden Energiepreise in den Pflegegeldzahlungen oder Zahlungen an die Einrichtung noch gar nicht berücksichtigt worden, ist das Vorliegen einer „doppelten Bedarfsdeckung“ zweifelhaft. Konsequenterweise müssten die Zahlungen für den Unterhalt der im Rahmen der stationären Jugendhilfe untergebrachten Personen unter Berücksichtigung der steigenden Energiekosten angepasst werden, um auf der anderen Seite den Heizkostenzuschuss in vollem Umfang vereinnahmen zu können.

Zu berücksichtigen ist nämlich, dass in diesem Fall letztendlich die Pflegeeltern/Einrichtungsträger die steigenden Kosten haben und nicht der zuständige öffentliche Jugendhilfeträger. Eine „doppelte Bedarfsdeckung“ durch staatliche Leistungen in Bezug auf die höheren Energiekosten wäre daher bei genauer Betrachtungsweise wohl zu verneinen. Um den Heizkostenzuschuss als zweckgleiche Leistung vereinnahmen zu können, müsste daher eine entsprechende Anpassung der Leistungen (bspw. an die Pflegeeltern) erfolgen.

Das DIJuf schreibt also in seiner Stellungnahme, dass ein Heizkostenzuschuss nur dann vom Jugendamt vereinnahmt werden und als zweckgleich zum Pflegegeld angesehen werden kann, wenn das Pflegegeld, welches an die Pflegeeltern ausgezahlt wird, vorher oder gleichzeitig entsprechend angehoben worden ist. Die Erhöhung der Heizkosten müssen also vorher schon durch Anpassung des Pflegegeldes ausgeglichen worden sein, um den Heizkostenzuschuss einziehen zu können.   

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