Sie sind hier

Basiswissen

Rechtliches zur Musiktherapie - Musiktherapie als Einzeltherapie neben dem Schulbesuch

Das Verwaltungsgericht verpflichtete den Beklagten, Eingliederungshilfe in der genannten Höhe zu leisten. Die Musiktherapie zeige bereits Erfolge, da sie dem Kläger verhelfe, kommunizieren zu lernen und sich in einer Sprachanbahnung zu schulen.

VG Meinigen, Urteil vom 28.2.2002 Az:8 K 879 ME

Der 1990 geborene Kläger ist aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens schwer geistig und körperlich behindert. Neben dem Schulbesuch wurde er in der Klinik für Kinder- und Jungendmedizin in Erfurt behandelt. Dort wurde ihm eine musiktherapeutische Einzeltherapie empfohlen, die in der musiktherapeutischen Praxis der Arbeiterwohlfahrt durchgeführt wurde. Die Kosten für eine Therapieeinheit betrugen 74,42 DM, insgesamt waren 2.168,00 Euro Kostenübernahme im Streit.

Das Verwaltungsgericht gab dem Klagenantrag statt und verpflichtete den Beklagten, Eingliederungshilfe in der genannten Höhe zu leisten. Die Musiktherapie zeige bereits Erfolge, da sie dem Kläger verhelfe, kommunizieren zu lernen und sich in einer Sprachanbahnung zu schulen. Die Schule habe mitgeteilt, eine Einzeltherapie neben dem wöchentlichen Musikunterricht sei nicht möglich. Die Musiktherapie sei eine Maßnahme der Eingliederungshilfe für behinderte Kinder, da sie ihnen ein Erfolgserlebnis vermitteln, die Konzentrationsfähigkeiten erhöhen und die Kontaktfreudigkeit verbessern könne (Schellhorn/Jiraseck/Seipp, Kommentar BSHG, § 12 EingliederungshilfeVO Rn. 3 und 13). Das Klinikum Erfurt habe dem Kläger ein kommunikatives Behandlungskonzept unter Einbeziehung musiktherapeutischer Anteile sowie eine kommunikative Bewegungstherapie empfohlen. Die Klassenlehrerin des Klägers habe bestätigt, dass er stark auf musikalische Reize reagiere, dadurch entspannter wirke und angemessene Reaktionen zeige. Der Kläger könne nicht nach § 2 BSHG auf vorrangige Leistungsansprüche, insbesondere auf schulrechtlicher Grundlage verwiesen werden. Zwar müsse nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 a Thüringer Förderschulgesetz der Schulträger die notwendigen medizinisch-therapeutischen und pflegerischen Leistungen an der Förderschule sicherstellen und behinderten Kindern und Jugendlichen durch Erziehung, Unterricht und individuellen Fördermaßnahmen die Grundlage für erfolgreiches Lernen und die soziale und berufliche Integration bieten. Tatsächlich finde in seiner Förderschule eine entsprechende Einzeltherapie aber nicht statt, weil diese nur im Rahmen des wöchentlichen Musikunterrichts unterrichtet werden könne. Ein Nachrang der Sozialhilfe könne jedoch nur dann greifen, wenn eine anderweitige Hilfe tatsächlich bereit stehe. Die Sozialhilfe trete nicht bereits dann zurück, wenn der Hilfesuchende einen Rechtsanspruch auf die begehrte Hilfe gegen einen anderen Leistungsträger habe, sondern erst dann, wenn er sie auch tatsächlich erhalte oder ohne Schwierigkeiten in angemessener Frist erhalten könne (OVG Frankfurt/Oder Beschluss vom 28.04.2000, LKV 2001, Seite 77 ff., VG Leipzig Beschluss vom 21.11.2000, LKV 2001, Seite 382 f.). Diese Voraussetzungen seien in der Person des Klägers gegeben, er könne seinen Hilfebedarf nicht alsbald durch die Förderschule decken, so dass ihm Eingliederungshilfe in dem genannten Umfang zu gewähren sei. (We)

Quelle: www.lebenshilfe.de

Letzte Aktualisierung am: 
25.04.2012