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Rechte und Entscheidungsmöglichkeiten der Pflegeeltern
Themen:
Die Verantwortung, für ein Pflegekind Entscheidungen zu treffen, haben die leiblichen Eltern, sein Vormund oder der Pfleger / die Pflegerin. Da das Kind jedoch in einer Pflegefamilie lebt, müssen die Pflegeeltern bestimmte Rechte haben, um im täglichen Leben mit dem Kind überhaupt handlungsfähig sein zu können. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) schreibt vor:
§ 1688 BGB Familienpflege
(1) Lebt ein Kind für längere Zeit in Familienpflege, so ist die Pflegeperson berechtigt, in Angelegenheiten des täglichen Lebens zu entscheiden sowie den Inhaber der elterlichen Sorge in solchen Angelegenheiten zu vertreten. Sie ist befugt, den Arbeitsverdienst des Kindes zu verwalten sowie Unterhalts-, Versicherungs-, Versorgungs- und sonstige Sozialleistungen für das Kind geltend zu machen und zu verwalten. § 1629 Abs. 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(2)......
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn der Inhaber der elterlichen Sorge etwas anderes erklärt. Das Familiengericht kann die Befugnisse ... einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.
Das BGB sieht vor, dass Pflegeeltern den Sorgeberechtigten in allen Fragen vertreten, die den Alltag des Kindes angehen. Grundentscheidungen bleiben jedoch dem Sorgeberechtigten vorbehalten. Im Rahmen dieser Grundentscheidungen des Sorgeberechtigten können die Pflegeeltern Alltagsentscheidungen treffen.
Grundentscheidungen sind:
- Anmeldung zum Kindergarten
- Anmeldung zur Schule
- Lehrverträge
- Operationen
- Impfungen
- Aufenthaltsort (Wohnort)
Alltagsentscheidungen sind:
- in der Schule: Zeugnisunterschrift, Entscheidung über Arbeitsgemeinschaften, Klassenpflegschaft mit Übernahme von Positionen, Gespräche mit Lehrern, Konferenzen
- Arztbesuche
- Einkäufe fürs Kind
- Vereinsanmeldungen
- Besuche bei Freunden und Verwandten der Pflegefamilie
- Urlaube
- und alle weiteren Handlungen zum Management des normalen Alltags
Die Grundentscheidungen werden natürlich nicht wahllos an den Pflegeeltern vorbei getroffen. Diese Entscheidungen werden in Hilfeplangesprächen zwischen Jugendamt, Herkunftseltern und Pflegeeltern besprochen und vereinbart.
Vollmacht der Herkunftseltern für die Pflegeeltern zum Download
Ergänzend zum § 1688 BGB können sich die Pflegeeltern von den leiblichen Eltern eine Vollmacht unterzeichnen lasssen, die ihnen erlaubt, bestimmte Entscheidungen für das Kind zu treffen. In der Praxis hat sich die Vollmacht bewährt.
Das Wohl des Kindes steht an erster Stelle
Beharren Herkunftseltern, die das Sorgerecht haben, auf Entscheidungen, die dem Pflegekind nicht förderlich sind und sind sie nicht überzeugbar, dann muss mit dieser Frage das Familiengericht angerufen werden. Die Erfahrungen in der Praxis zeigen allerdings, dass dieser Weg so gut wie nie gegangen werden muss und es zu Vereinbarungen kommt - mit einer Ausnahme: dem Aufenthaltsort des Kindes.
Über die Frage der Rückkehr des Kindes in seine Ursprungsfamilie gibt es immer wieder unterschiedliche Vorstellungen, die dazu führen, dass die Ursprungsfamilie erklärt, dass das Pflegekind wieder bei ihr leben soll.
Auch wenn die Eltern das Sorgerecht für ihr Kind nicht mehr haben, verbleiben ihnen einige Rechte:
- Extra geregelt wurde im Gesetz zur religiösen Erziehung die Frage der Zugehörigkeit zu einer Religion und die religiöse Erziehung. Diese Fragen der religiösen Erziehung können auch Eltern bestimmen und beeinflussen, die das Sorgerecht für ihr Kind nicht mehr haben.
- Ebenso ist die Frage zum Umgang von Eltern und Kind im Bundesgesetzbuch klar definiert. Hier heißt es, dass auch Eltern, die ihr Sorgerecht nicht mehr haben, weiterhin Anspruch auf Umgang mit ihrem Kind haben.
- Unangetastet durch einen Sorgerechtsentzug bleibt ebenfalls das Recht der Eltern auf Freigabe des Kindes zur Adoption.
Alle diese Entscheidungen und Handlungen sind mit dem Wohl des Kindes abzuwägen. Wird dieses Wohl des Kindes verletzt, kann das Familiengericht die elterlichen Entscheidungen aufheben bzw. ersetzen.