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07.05.2021
Politik

Reform der Kinder- und Jugendhilfe

Bundesrat stimmt dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz zu

Am 7. Mai 2021 hat der Bundesrat der vom Bundestag verabschiedeten Reform der Kinder- und Jugendhilfe zugestimmt. Sie soll Minderjährige aus einem belastenden Lebensumfeld, die in Heimen oder Pflegefamilien leben, besser schützen und ihnen mehr Chancen auf Teilhabe geben.

Information des Bundesrates vom 7. Mai 2021 - Zustimmung des Bundesrates zum Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Mehr Kontrolle für Heime

Der Bundestag hat dazu umfassende Änderungen am Achten Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII - beschlossen. So werden Heime und ähnliche Einrichtungen einer strengeren Aufsicht und Kontrolle unterstellt. Kinder in Pflegefamilien verbleiben auf Anordnung des Familiengerichts dauerhaft dort, wenn dies zum Schutz und Wohl des Kindes erforderlich ist.

Kostenbeteiligung sinkt auf 25 Prozent

Junge Menschen in Pflegefamilien und Einrichtungen der Erziehungshilfe, die Einkommen aus Schülerjobs, Praktika oder einer Ausbildung haben, müssen sich künftig nur noch mit 25 Prozent an den Kosten beteiligen - bislang waren es 75 Prozent. Dabei bleibt ein Freibetrag von 150 Euro des Einkommens von der Kostenbeteiligung ausgenommen. Einkommen aus kurzfristigen Ferienjobs und ehrenamtlicher Tätigkeit sind gänzlich freigestellt.

Kooperation und Prävention

Alle beteiligten Stellen, also Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheits- und Strafverfolgungsbehörden sowie die Familien- und Jugendgerichte sollen besser miteinander kooperieren. Ärzte, die sich bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt wenden, erhalten beispielsweise eine Rückmeldung über die anschließende Gefährdungseinschätzung. Verbesserungen sind auch für die Prävention vor Ort und die Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien vorgesehen.

Unbürokratische Hilfe

In Notsituationen können sich die Betroffenen an eine Erziehungsberatungsstelle in ihrer Umgebung wenden und dort unbürokratisch Hilfe erhalten. In den Ländern soll eine bedarfsgerechte Struktur von unabhängigen Ombudsstellen entstehen. Die Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Heimen und Pflegefamilien werden erweitert.

Inklusion als Leitgedanke

Die Reform bündelt staatliche Leistungen und Hilfen für Kinder- und Jugendliche mit Behinderungen in den kommenden Jahren im SGB VIII. Prinzipiell soll die Inklusion als Leitgedanke in der Kinder- und Jugendhilfe und die grundsätzlich gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung verankert werden. Ab 2024 wird die Funktion eines Verfahrenslotsen beim Jugendamt eingerichtet, der als Ansprechpartner für Eltern und andere Erziehungsberechtigte fungiert.

Unterzeichnung - Verkündung - Inkrafttreten

Das Gesetz tritt im Wesentlichen am Tag nach der Verkündung in Kraft. Zuvor muss es noch vom Bundespräsidenten unterzeichnet und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden.

Länderkosten kompensieren

In einer begleitenden Entschließung weist der Bundesrat darauf hin, dass das Gesetz mit erheblichen Kostenfolgen für die Länder verbunden sind, die diese nicht tragen können.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, dauerhaft einen vollständigen Kostenausgleich für Länder und Kommunen zu schaffen - beispielsweise durch Änderung des Finanzausgleichsgesetzes.

Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Diese entscheidet, wann sie sich mit der Forderung befasst.

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