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Ombudsschaft in der Jugendhilfe

Die Ombudsschaft ist eine neuere Entwicklung im Rahmen der Partizipation innerhalb der Jugendhilfe. Der Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e.V. (BRJ) gründete sich 2002 und war damit bundesweit die erste Ombudsstelle. Erläuterung zu Ombudschaften in der Jugendhilfe.

Die Ombudsschaft ist eine neuere Entwicklung im Rahmen der Partizipation innerhalb der Jugendhilfe. Der Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e.V. (BRJ) gründete sich 2002 und war damit bundesweit die erste Ombudsstelle.

Was ist eine Ombudsschaft?

Aus dem Konzept des Vereins: Beratungs- und Ombudsstelle Kinder- und Jugendhilfe in Brandenburg e.V. (BOJE)

Ombudsschaft dient dem Ziel, strukturelle Machthierarchien und –asymmetrien auszugleichen und eine gerechte Einigung bei Streitfragen zu erreichen.

Ombudsstellen können über rechtliche Sachlagen, Einzelansprüche und Optionen aufklären und auch gegenüber dem Jugendamt bzw. Jugendhilfeträger oder anderen Leistungsträgern vermitteln. Im Einzelfall können sie zudem organisatorisch bei der Kontaktaufnahme zu einem Rechtsbeistand behilflich sein und die Betroffenen in einem eventuellen Gerichtsverfahren unterstützen.

Der Begriff Ombudsschaft kennzeichnet die Funktion des Ombudsmanns, der historisch erstmals in Schweden (1809) von BürgerInnen kostenlos in Anspruch genommen werden konnte, wenn sich diese durch Entscheidungen der Verwaltung unrechtmäßig behandelt fühlten und sich darüber beschweren wollten. Ombudsmänner und -frauen in Skandinavien verfügen über weitgehende Rechte der Betroffenenvertretung gegenüber der Verwaltung und tragen vielfach zur Konfliktregulierung zwischen Bürgern und Verwaltung bei. Das System der Ombudsschaft ist in der politischen Kultur Skandinaviens weit verbreitet.

Einrichtungen der Ombudsschaft arbeiten sehr niedrigschwellig.

Sie können von BürgerInnen auf verschiedenste Weise angesprochen werden, sind außerhalb des Systems angesiedelt, besitzen das nötige Fachwissen und klären im Gespräch mit Ratsuchenden deren Anliegen. Ihr Ziel ist es, das strukturelle Machtgefälle zwischen Ratsuchenden und Institutionen auszugleichen, indem sie erstere durch Beratung und Unterstützung zu befähigen suchen, selbstständig die nächsten Schritte zu gehen, aber auch, indem sie mit deren Einverständnis durch direkte Kontaktaufnahme mit der betreffenden Institution eine Klärung herbeizuführen versuchen oder die Betroffenen dabei unterstützen, die ihnen zustehenden Rechte wie Beschwerdemöglichkeiten bei Behördenleitern, Widerspruchs- und Klageverfahren zu nutzen

Bereits der 11. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung (2002) forderte den Aufbau eines sozialen Verbraucherschutzes und die Einführung von unabhängigen Beschwerdestellen für junge Menschen und ihre Familien. Die ebenfalls 2002 beginnende Gründung von unabhängigen Ombudsstellen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe wurde ausgelöst durch das wachsende Spannungsverhältnis zwischen fachlichen Ansprüchen nach Partizipation der jungen Menschen in

Verbindung mit der Kinderrechtediskussion und einer zunehmend restriktiven Gewährleistungspraxis der kommunalen Jugendämter bei Ansprüchen auf individuelle Jugendhilfeleistungen vor allem §§ 27 ff., 35a SGB VIII aufgrund der schwierigen kommunalen Haushaltslagen.

Ein weiterer Schub, den Schutz junger Menschen und die Sicherung ihrer Rechte durch Ombudsschaften zu fordern, entstand durch die Auseinandersetzung mit der Heimerziehung der 50er und 60er Jahre in den alten Bundesländern durch ehemalige Heimkinder (Runder Tisch Heimerziehung, 2010)

Im § 2 der Satzung von BOJE wird folgende Zweckbestimmung der Ombudsstelle definiert:

1. Der Verein berät und unterstützt junge Menschen und deren Familien, einschließlich Pflegefamilien vorrangig in Bezug auf Leistungen des SGB VIII (KJHG) und tangierende Sozialleistungen. Des Weiteren kann die Vereinstätigkeit auch die Beratung und Unterstützung von Heim- und Pflegekindern umfassen, die sich in ihren Rechten verletzt fühlen.

2. Er vermittelt bei Konflikten im Zusammenhang mit der Beantragung, Durchführung oder Beendigung von Kinder- und Jugendhilfeleistungen mit dem Ziel, gemeinsam mit den jungen Menschen und ihren Familien, einschließlich Pflegefamilien sowie den beteiligten öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe und ggf. anderen Sozialleistungsträgern rechtskonforme Lösungen zu finden. Dies geschieht insbesondere durch persönliche Beratung, Begleitung zu Gesprächen, Unterstützung bei Anträgen insbesondere auf Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche sowie Hilfe für junge Volljährige und tangierende Sozialleistungen, bei der Formulierung von Widersprüchen und falls erforderlich auch im gerichtlichen Verfahren.

3. Der Verein arbeitet unabhängig von den Interessen öffentlicher und freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Neben der Unterstützung in Einzelfällen wirkt er auch durch Öffentlichkeitsarbeit, öffentliche Fachdebatten – auch mit den im Landtag vertretenen politischen Parteien -, Kooperation mit anderen Ombudsstellen und durch Fortbildungen auf die Umsetzung bedarfsgerechter Hilfen sowie die Stärkung der gesetzlich verankerten Beteiligungsrechte junger Menschen und ihrer Familien im Land Brandenburg hin.

4. Zur Erfüllung seines Vereinszwecks unterhält der Verein mindestens eine Beratungseinrichtung und nutzt die Möglichkeiten moderner Kommunikationsmittel, zum Beispiel durch den Betrieb einer Homepage mit Foren und Chatrooms.

Beratung

Die Beratungsarbeit soll in drei Stufen erfolgen. In jedem Fall sollen für Probleme im Dialog und möglichst im Konsens mit dem Jugendamt am Hilfebedarf orientierte Lösungen gefunden werden. Erst wenn sich das nicht realisieren lässt, kommen rechtliche Schritte in Betracht. Diese kommen nach der 10jährigen Erfahrung des BRJ relativ selten vor. Davon geht auch BOJE aus.
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In den letzten Jahren haben sich folgnede Ombundsstellen zu einem Netzwerk zusammengeschlossen:

  • Berliner Rechtshilfefonds Jugendhilfe e.V.
  • BerNi e.V., Beratungs- und Ombudsstelle für Kinder- und Jugendhilfe in Niedersachsen
  • BOJE e.V. Initiative Ombudschaft Jugendhilfe Brandenburg
  • Bremer Beratungs- und Beschwerdebüro für Erziehunghilfen (BeBeE)
  • Initiative Habakuk - ein Beratungsnetzwerk der Caritas in Baden-Württemberg
  • Initiative "Salomon" - eine Ombudsstelle des Instituts für Vollzeitpflege und Adoption e.V. in Frankfurt/Main
  • Kinder haben Rechte e.V., Reutlingen / Tübingen
  • Kinder-und Jugendhilferechtsverein Dresden
  • LOTSE - Beschwerde- und Vermittlungsstelle für junge Menschen und ihre Eltern in Halle (Saale)
  • LOTSE - Verein für die unabhängige Beratung und Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Eltern e.V. Ombudschaft Jugendhilfe NRW e.V.
  • Zusammenschluss der Spitzenverbände der freien Wohlfahrt Ombudsstelle für Kinder-und Jugendrechte in Hessen
  • Projekt der Caritas und Diakonie in Hessen
  • Projekt geRECHT in Nordrhein-Westfalen
  • Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.

Die Beratung in allen Ombudsstellen ist freiwillig und für die Ratsuchenden kostenlos.

Letzte Aktualisierung am: 
01.04.2014

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