Sie sind hier

Tiefergehende Information

Interessante Fragen zum Sorgerecht und zur Vormundschaft

Diese Fragen wurden in unserem Forum für Vormünder gestellt.

Zusätzliche Person als Vormund?

„Ich bin alleinige Vormünderin meiner 13- jährigen Pflegetochter. Nun möchte ich zur Absicherung noch eine weiter Person (nicht meinen Ehemann) als Vormund eintragen lassen, um für den Fall der Fälle, eine Person mit in der Verantwortung zu haben, falls ich - aus welchem Grund auch immer - dazu nicht in der Lage sein sollte. Geht das überhaupt nachträglich? Wenn ja - wie gehe ich da vor?“

Antwort von Rechtsanwalt Steffen Siefert, Köln:

Nach meiner Rechtsauffassung geht die nachträgliche Bestellung einer weiteren Person, die nicht der Ehemann ist, als gemeinschaftlicher Einzelvormund leider nicht. Generell finde ich es bereits recht fraglich, ob alleine der Grund, eine bessere Absicherung für das Kind im Falle eigener Verhinderung zu haben, ausreichen würde. Denn das BGB sieht eigentlich nur zwei Möglichkeiten der Aufhebung einer Einzelvormundschaft vor, nämlich

1. § 1886 BGB. Hiernach wird der Einzelvormund (nur) entlassen, wenn das Kindesinteresse durch pflichtwidriges Verhalten des Einzelvormundes gefährdet ist, oder

2. § 1889 BGB. Diese Möglichkeit wäre sicherlich einschlägig, die sogenannte „Entlassung auf eigenen Antrag“. Allerdings setzt das BGB auch hier voraus, dass ein „wichtiger Grund“ für die Entlassung vorliegen muss.

Es soll hier eine Kontinuität der Vormundschaft erreicht und häufige Wechsel vermieden werden. Ob das Familiengericht die bessere Absicherung als wichtigen Grund ausreichen lassen würde, ist schwer vorherzusehen. Man könnte wohl so argumentieren, wenn es konkreten Anlass gibt, einen Ausfall des aktuellen Vormundes zu befürchten (schwere Krankheit, längerer Auslandsaufenthalt o.ä.). Ansonsten dürfte es nach meiner Erfahrung schwierig sein. Hier sollte man tunlichst zunächst einmal mit dem zuständigen Rechtspfleger telefonieren.

Letzten Endes kann dies aber im Grunde sogar dahinstehen. Denn was m.E. definitiv nicht geht, ist die gemeinschaftliche Vormundschaft mit einer weiteren Person, die nicht der Ehemann ist. Nach § 1775 BGB nämlich gilt der Grundsatz, dass vom Gericht nur eine einzige Person Vormund werden soll. Das Gesetz kennt hiervon lediglich eine Ausnahme: Ehepaare. Ein Ehepaar kann auch gemeinschaftlich zu Vormündern bestellt werden, muss jedoch keineswegs.

Für weitere Ausnahmen bietet das Gesetz leider keine Anspruchsgrundlage.

Mit anderen Worten: Der entsprechende Wunsch ist m.E. jedenfalls in dieser Form nicht durchsetzbar. Denn eine andere Person als ein Ehegatte ginge sowieso nicht. Theoretisch denkbar wäre möglicherweise die Entlassung auf eigenen Antrag und die nachträgliche Bestellung der Dame mit ihrem Ehemann als gemeinschaftlicher Vormund nach § 1775 BGB.

Auch dies dürfte allerdings heikel sein, da eigentlich ein wichtiger Grund zur Entlassung auf eigenen Antrag vorliegen muss, s. oben. Dies würde ich keinesfalls beantragen, ohne zuvor mit dem zuständigen Rechtspfleger gesprochen zu haben. Aber wie gesagt, letztgenannte Variante ginge nur, wenn die zweite Person der Ehemann wäre, sonst ohnehin nicht.

Gemeinschaftliche Führung einer Vormundschaft

„Wir sind vor kurzem nach § 1775 Satz 1 BGB "Mehrere Vormünder - Das Familiengericht kann ein Ehepaar gemeinschaftlich zu Vormündern bestellen." gemeinschaftlich als Vormünder für unseren Pflegesohn bestellt worden. Die Kreissparkasse (und auf deren Nachfrage auch die Rechtspflegerin beim Familiengericht) meinen nun, das "gemeinschaftlich" sei so zu deuten, dass wir alles zu zweit zu unterschreiben hätten, auch z.B. jede Auszahlungsanweisung oder Überweisung vom Taschengeldkonto des Mündels, jeden Antrag oder Vertrag etc. Nach meiner Kenntnis ist die Rechtslage bei Eltern, die die gemeinsame Personensorge ausüben, so, dass grundsätzlich jedes Elternteil alleine rechtswirksam unterschriftsberechtigt ist (natürlich im grundsätzlichen Einvernehmen mit dem anderen Personensorgeberechtigten) - ist das bei gemeinschaftlichen Vormündern anders geregelt oder entsprechend? Gibt es irgendwo Gesetzestexte / Urteile / Richtlinien dazu?“

Antwort von Rechtsanwalt Steffen Siefert, Köln:

Wenn ein Ehepaar gem. § 1775 BGB gemeinschaftlich zu Vormündern bestellt wurde, dann wird dies rechtlich als sogenannte „Mitvormundschaft“ gewertet.
Hierfür gilt die Vorschrift des § 1797 BGB, wonach mehrere Vormünder „die Vormundschaft gemeinschaftlich führen“. Um zu verdeutlichen, was dies bedeutet, zitiere ich aus dem Standardkommentar Palandt (69. Aufl. 2010, § 1797, Rn 3):

Gemeinschaftliche Vormundschaft schränkt jeden der Mitvormünder in der Führung seines Amtes insofern ein, als er sich mit dem Mitvormund auf die zu treffenden Maßnahmen einigen muss und eine gegenseitige Kontrolle stattfindet. Auch eine stillschweigende Verteilung der Geschäftsführung ist unzulässig. Es gilt Gesamtvertretung, so dass z.B. eine Prozessvollmacht von sämtlichen Mitvormündern erteilt werden muss. Doch kann ein Vormund von dem Mitvormund bevollmächtigt werden. Fehlt die erforderliche Mitwirkung, gelten die §§ 177 ff.

Dies bedeutet, dass grundsätzlich tatsächlich eine Einwilligung von beiden Vormündern vorliegen muss. Ist dies nicht der Fall, dann wäre das Geschäft „schwebend unwirksam“, es wird also erst wirksam, wenn der Mitvormund es genehmigt. Daher sind die Aussagen der Sparkasse und des Familiengerichtes zutreffend, auch wenn dies in der Praxis an sich selten thematisiert wird.

Im praktischen Alltag sollte man sich mit einer Vollmacht des anderen Mitvormundes, d. h. des anderen Elternteiles, behelfen können.

Rückübertragung der elterlichen Sorge §1630

„Ich habe die volle elterliche Sorge per Beschluss nach §1630 als "Pflegeperson" übertragen bekommen. Unsere Pflegetochter lebte 12,5 von 13 Lebensjahren bei uns, ohne Kontakte zur Herkunftsfamilie. Sie musste nun vor zwei Monaten in eine heilpädagogische Intensivgruppe umziehen. Nun wurde mir ohne Vorwarnung eine Aufhebung des Beschlusses zugesandt. Mit der Begründung, dass das Kind die Pflegefamilie verlassen hat. Ich bin nicht mehr die Pflegeperson, somit ist der Beschluss aufzuheben.
Nun meine erste Frage: ist das so richtig gelaufen oder hab ich Möglichkeit da gegen an zu gehen.?
und zweitens: darf ich trotzdem zB. an Hilfeplangesprächen und anderen Besprechungen, die das Kind betreffen teilnehmen? Wer hat so etwas zu entscheiden? Die Einrichtung wäre unbedingt dafür(ich bin ja auch die Einzige, die etwas über sie weiß). Das Jugendamt sieht das als nicht notwendig...habe ich noch irgendwelche Rechte?“

Antwort von Rechtsanwalt Steffen Siefert, Köln:

Dass ohne Gewährung rechtlichen Gehöres der Pflegeperson einfach durch Beschluss die übertragenen Sorgerechtsbereiche wieder entzogen wurden, halte ich für rechtswidrig. Denn hierdurch wird natürlich in eine zuvor inne gehabte Rechtsposition der Pflegeperson eingegriffen, sie erleidet also durch diesen Beschluss „Nachteile“. Hier gilt aber natürlich der Grundsatz, dass dann ein rechtliches Gehör zu gewähren ist, dass man also Gelegenheit zur Stellungnahme erhält. M.E. muss es auch nicht automatisch zu einem Entzug des Sorgerechtes führen, wenn das Pflegekind nicht mehr in der Pflegefamilie lebt. Gerade vorliegend erscheint ja die Pflegeperson die einzige Bezugsperson für das Kind zu sein, so dass es auch weiterhin sinnvoll sein könnte, dass diese das Sorgerecht inne hat. Die Pflegeperson kann gegen die Entziehung der übertragenen Sorge eine Beschwerde einlegen.

Hier muss beachtet werden, dass die Beschwerdefrist nur einen Monat ab Erhalt des Beschlusses beträgt. Ob und inwieweit die Aussichten der Beschwerde realistisch sind, kann ich seriös aber ohne nähere Prüfung nicht sagen.

Natürlich kann man die Unterlassung des rechtlichen Gehöres rügen. Es wird aber sicherlich dennoch im Wesentlichen um andere Aspekte gehen.

Als Sorgerechtsinhaber hatte die Pflegeperson natürlich Anspruch auf Teilnahme am Hilfeplanverfahren. Ohne diese Stellung könnte dies schwierig werden. Die Pflegeperson kann sich dann jedoch noch auf § 27 II stützen, wonach „das engere soziale Umfeld des Kindes einbezogen werden soll“. Dies ist jedoch eine Soll- und keine „Muss“-Vorschrift.

Letzte Aktualisierung am: 
13.07.2013

Das könnte Sie auch interessieren

Moses Online Themenheft
Die leiblichen Eltern von Pflegekindern und Kindern in Erziehungsstellen oder Wohngruppen sind oftmals nicht in der Lage das (vollständige) Sorgerecht angemessen auszuüben. Daher existieren diesbezüglich für diese Kinder einige Besonderheiten. Unser Themenheft "Sorgerecht für Kinder in Familienpflege, Erziehungsstellen und Wohngruppen" gibt Ihnen einen umfassenden Überblick.