Sie sind hier
Gesetzliche Altersgrenzen im jungen Erwachsenenalter
Beteiligte:
Auszüge aus dem ersten Abschnitt: Alter zählt - Wann regelt der Gesetzgeber Altersgrenzen im Erwachsenenalter?
Junge Menschen haben in Kindheit und Jugend viele Regeln zu befolgen, vor allem diejenigen ihrer Eltern und sonstigen Erziehungs- sowie Aufsichtspersonen, etwa in Jugendfreizeiten oder der Schule. Mit dem 18. Geburtstag werden sie volljährig und behandelt wie alle anderen Erwachsenen – fast. Denn das Recht sieht an verschiedenen Stellen Sonderregelungen für zwar volljährige, aber von Rechtsordnung und/oder Gesellschaft noch als ‚jung‘ eingestufte Menschen vor. Doch wann ist es mit diesem besonderen Jungsein vorbei? Haben diese Sonderregelungen Voroder Nachteile für die jungen Erwachsenen? Und was hat sich der Gesetzgeber dabei gedacht, diese Personengruppe anderen Regelungen zu unterwerfen als andere Erwachsene, wie sieht er junge Menschen im Verselbstständigungsprozess nach Erreichen der Volljährigkeit?
Ziel der Expertise ist, aus den relevanten gesetzlichen Grundlagen für das junge Erwachsenenalter (ca. 18 bis 27 Jahre) in den verschiedenen Büchern und besonderen Teilen des Sozialgesetzbuchs (z.B. SGB II, SGB III, SGB V, SGB VIII, BGB, BAföG) sowie in angrenzenden Rechtsbereichen (z.B. Jugendstrafrecht, Zivildienstgesetz, Jugendfreiwilligendienstgesetz, Bildungsrecht, Jugendarbeitsschutzgesetz) die verschiedenen Altersgrenzen herauszuarbeiten, systematisiert darzustellen und anhand der gesetzlichen Begründungen sowie Regelungskontexte Sinnzusammenhänge – oder deren Fehlen – zu explorieren.
Weitere Themenschwerpunkte in der Expertise:
2. Altersgrenzen für junge Erwachsene – wofür?
3. Altersgrenzen im Laufe der Zeit
4. Intersektionalität: jung und in besonderer Lebenssituation
5. Altersgrenzen und aktuelle Reformdiskussionen im SGB VIII
Auszüge aus Abschnitt 5: Altersgrenzen und aktuelle Reformdiskussionen im SGB VIII
Eine Auswertung der Daten der Kinder- und Jugendhilfestatistik aus dem Jahr 2015 von Mühlmann und Fendrich (2017) hat ergeben, dass junge Volljährige deutlich weniger Unterstützungsleistungen nach SGBVIII in Anspruch nehmen als Jugendliche. Ihre Befunde werfen ein kritisches Licht auf das Jugendamtshandeln. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend konstatiert deshalb in seinem Arbeitspapier zur 3. Sitzung der Arbeitsgruppe „SGB VIII: Mitreden – Mitgestalten“ im Rahmen des SGB VIII-Reformprozesses eine deutliche Benachteiligung der Care Leaver im Hinblick auf erreichte Bildungsabschlüsse bei Hilfeende, Ausbildungs- und berufliche Perspektiven. Ohne die bestehenden Altersgrenzen zur Diskussion zu stellen, wird der „Unterstützungsbedarf in der Übergangssituation ins Erwachsenenalter“ herausgearbeitet und dabei insbesondere für den Wechsel der Leistungszuständigkeiten von der Kinder- und Jugendhilfe in die „Erwachsenensysteme“ Vorschläge für Konzepte der Übergangsgestaltung vorgestellt (z.B. stärkere Akzentuierung der prozesshaften Perspektivklärung, Aufforderung zur Entwicklung eines Konzepts für Übergangsphasen, Nachbetreuung, Bestimmung des Jugendamts als federführende Stelle für eine behördenübergreifende Übergangsgestaltung und -abstimmung).
Insgesamt lässt sich damit wohl am ehesten eine Tendenz für eine Altersgrenze für die Beendigung der Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe nach SGB VIII mit Vollendung des 21. Lebensjahrs konstatieren. Dies steht in gewisser Weise in Widerspruch zu einer der Grundthesen des 15. Kinder- und Jugendberichts, dass sich „viele Übergangsschritte des Erwachsenwerdens (…) zum Teil weit in das dritte Lebensjahrzehnt verschoben“ haben (Deutscher Bundestag 2017, S. 70). Entsprechende inhaltliche Argumente für eine längere Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe bis zum Alter von 27 bzw. 25 Jahren finden sich vor allem bei den Erziehungshilfefachverbänden und der BAGFW. Überraschend bringt die AGJ mit der Vollendung des 23. Lebensjahrs ein Alter ins Spiel, das im Sozialgesetzbuch bislang keine Bedeutung erlangt hat. Wenn die BAGFW die Dauer der regelhaften Bezugsberechtigung junger Menschen auf Leistungen nach SGB VIII auf das 25. Lebensjahr angehoben sehen möchte, dürfte sie sich vermutlich an der Altersgrenze in den arbeitsbezogenen Kontexten orientiert haben. Das BMFSFJ bezieht in seinem Abschlussbericht noch keine Position .