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Auf was haben Pflegeeltern ein Anrecht?
Informationen zum Sozialrecht
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Im Sozialrecht sind Pflegekinder "Personen, die mit einem Berechtigten durch ein auf Dauer angelegtes Pflegeverhältnis in häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind" (§56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I). Sie werden im Sozialrecht teilweise den leiblichen Kindern gleichgestellt. In der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung werden sie in den Kreis der Familienversicherten (Familienversicherung) einbezogen (§§ 10 SGB V, 25 SGB XI). In der gesetzlichen Unfallversicherung, in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der sozialen Entschädigung erhalten sie Waisenrente. Schließlich werden Pflegekinder auch beim Kindergeld berücksichtigt
Im bereits erwähnten § 1688 Absatz 1 Satz 2 BGB werden die Pflegeeltern befugt, Versicherungs-, Versorgungs- und andere Sozialleistungen geltend zu machen und zu verwalten. Pflegeeltern können daher in nachfolgenden Leistungsbereichen Anträge für ihr Pflegekind stellen:
SGB V: Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
Welche Leistungen die gesetzliche Krankenversicherung bietet und wem sie wann zustehen, steht im Sozialgesetzbuch (SGB) V.
Was die Krankenversicherung angeht, ist es Pflegeeltern möglich, das zur Pflege angenommene Kind oder den Jugendlichen in der gesetzlichen Familienversicherung nach § 10 Absatz 4 SGB V mitzuversichern, denn als Kinder des Krankenkassen-Mitgliedes gelten nach diesem Gesetz auch die Pflegekinder.
SGB VII: Gesetzliche Unfallversicherung
Die Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung besteht in Prävention, in Rehabilitation und in einer möglichen Entschädigung. Darauf haben neben dem Mitglied auch dessen Familienmitglieder Anspruch. Auch hier gelten Pflegekinder als Familienangehörige.
Sollte es also im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung z.B. eine Entschädigung für einen Unfall im Arbeitsbereich für einen Versicherten geben, der oder die auch Pflegeeltern sind, hätte das Pflegekind einen Anspruch z.B. auf Entschädigungsleistungen.
SGB IX: Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen
Natürlich haben auch Pflegekinder einen Anspruch auf Leistungen des SGB IX. Dieser Anspruch kann durch die Pflegeeltern geltend gemacht und auch verwaltet werden. Pflegeeltern können also für ihre Pflegekinder Anträge auf die entsprechenden Leistungen stellen.
Mögliche Leistungen sind im § 4 beschrieben als notwendige Sozialleistungen, unabhängig von der Ursache der Behinderung. Durch diese Leistungen soll eine mögliche Behinderung abgewendet, beseitigt oder eine Verschlimmerung vermindert werden. Neben den Hilfen für das Arbeitsleben sollen diese Leistungen aber auch die Entwicklung ganzheitlich fördern, eine Teilhabe in der Gesellschaft ermöglichen und eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen oder erleichtern.
SGB XI: Soziale Pflegeversicherung
Selbstverständlich haben auch Kinder in Pflegefamilien Anspruch auf die Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung. Je nach Grad der Pflegebedürftigkeit und Beeinträchtigung haben Pflegekinder Anspruch auf Pflegegeld aus der Pflegeversicherung.
Das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, dass das Pflegegeld aus der Pflegeversicherung nicht auf das Pflegegeld im Rahmen der Vollzeitpflege angerechnet werden darf.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit einem Beschluss vom 24. November 2017 AZ 5 C 15.16 klargestellt, dass das Pflegegeld aus der Pflegeversicherung nicht auf das Pflegegeld im Rahmen der Vollzeitpflege angerechnet werden darf. Das Bundesverwaltungsgericht erläuterte, dass eine solche Verrechnung nicht möglich sei, da eine Anrechnung des Pflegeversicherungsgeldes das den Pflegeeltern zustehende Pflegegeld nach § 39 SGB VIII vermindern würde - und es für eine solche Verrechnung keine gesetzliche Grundlage gebe.
Rechtsanwältin Gila Schindler, KASU Rechtsanwälte, die diese so bedeutsame Entscheidung erstritten hat, erläutert dazu:
Nach unterschiedlichsten Entscheidungen erster und zweiter Instanz hat das Bundesverwaltungsgericht eine abschließende Grundsatzentscheidung gefällt: wird für die Versorgung eines Pflegekindes Pflegegeld nach § 39 SGB VIII geleistet und hat dieses Kind Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht berechtigt das Pflegegeld der Pflegeversicherung als zweckidentische Leistung von seinem Pflegegeld abzuziehen, zu verrechnen oder als Kostenbeitrag zu verlangen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seiner Entscheidung vielmehr deutlich gemacht, dass Pflegegeld nach SGB XI und Pflegegeld nach SGB VIII unterschiedlichen Zwecken dienen und nebeneinander zu gewähren sind.
Die Praxis hat damit die seit Langem erforderliche Klarheit und vor allem die betroffenen Pflegefamilien Rechtssicherheit erhalten.
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