Verbleibensanordnung ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 1666 I BGB
Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass ohne Vorliegen der Voraussetzungen des {BGB §1661 I S. 1} bei der Weggabe des Kindes in Familienpflege allein die Dauer des Pflegeverhältnisses zu einer Verbleibensanordnung nach {BGB § 1632 IV} führen kann, wenn eine schwere und nachhaltige Schädigung des körperlichen oder seelischen Wohlbefinden des Kindes bei seiner Herausgabe an die Eltern zu erwarten ist.
1) Der Erlass einer vorläufigen Anordnung auf Herausgabe eines Kindes setzt voraus, dass zum Schutz des Kindes und zur Abwehr einer akuten Gefährdung ein dringendes, bis zur endgültigen Sachentscheidung nicht aufschiebbares Bedürfnis für ein unverzügliches Einschreiten besteht.
2) Für eine Anordnung, die entgegen dem Wunsch der sorgeberechtigten Eltern den vorläufigen Verbleib bei der Pflegefamilie verfügt, müssen die sachlichen Voraussetzungen des {BGB § 1666 I S. 1} erfüllt sein.3) Im Verf. Nach {BGB §§ 1666, 1666a} sind die Eltern stets persönlich anzuhören. Wird davon in erster Instanz ausnahmsweise abgesehen, muss die Anhörung jedenfalls vom Beschwerdegericht nachgeholt werden.4) Nach {FGG § 33 II S. 1} kommt zur Vollstreckung der Herausgabe eines Kindes die Anwendung von Gewalt nur als äusserstes Mittel in Betracht, wenn alle anderen denkbaren Maßnahmen gescheitert oder erkennbar aussichtslos sind.
In Verfahren gem. § 1632 Abs. 4 BGB (Herausgabe oder Verbleib des Pflegekindes in der Pflegefamilie) ist die Erhebung von Gerichtskosten nicht die Regel, sondern bedarf der besonderen Begründung
1. Zum Umfang der Ermittlungspflicht des Beschwerdegerichts im vormundschaftsgerichtlichen Verfahren über den Anspruch des Vaters auf Herausgabe des Kindes.
2. Steht fest, dass ein 8-jähriges Kind von den Pflegeeltern beeinflusst wird, kommt seiner Äusserung, bei den Pflegeeltern bleiben zu wollen, regelmässig keine massgebliche Bedeutung für eine Verbleibensanordnung zu.
Zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ohne Anhörungsrüge.
Zu den Voraussetzungen einer Verbleibensanordnung im Hinblick auf das Risiko erneuter Misshandlungen des Kindes ins seiner Ursprungsfamilie und des Auftretens psychischer Störungen durch Trennung von seinen Pflegeeltern.
Das Kind hat eine eigene Grundrechtsposition.
Mit der Verfassungsbeschwerde wenden sich die Beschwerdeführerinnen (Mutter und Großmutter) gegen den durch das Oberlandesgericht angeordneten Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern. Das Gericht hebt den Beschluss auf, da dieser die Grundrechte der Beschwerdeführerin aus Artikel 6 Abs.2 Satz 1 verletzt.
Verbleibensanordnung und Besuchsregelung, wenn bei der Wegnahme des Kindes die Voraussetzungen des § 1666 I BGB nicht vorlagen
1. Allein der Umstand, dass sich ein Kind für längere Zeit in einer Pflegefamilie aufhält und zu seinen Pflegeeltern innere Bindungen hat, während seinen leiblichen Eltern weiterhin die elterliche Sorge zusteht, gibt selbst bei deren Herausgabeverlangen im Regelfall keinen Anlass, weitergehende Massnahmen als eine Verbleibensanordnung nach {BGB § 1632 IV} zu treffen.
2. Steht nicht fest, dass eine Gefährdung des Kindeswohls nur durch einen dauerhaften Verbleib in der Pflegefamilie abgewendet werden kann, ist die vormundschaftsgerichtliche Massnahme bei missbräuchlichen Herausgabeverlangen i.d.R. auf eine Anordnung nach BGB § 1632 IV zu beschränken. {SGBVIII § 38} gibt den Pflegeeltern Befugnisse zur Ausübung der Personensorge. Zur Überwindung im Einzelfall gleichwohl auftretender Schwierigkeiten reicht i.d.R. die Ersetzungsbefugnis des Vormundschaftsgerichtes nach {BGB § 1666 II} aus.
3. Im Rahmen der Verbleibensanordnung ist, wenn die Voraussetzungen des {BGB § 1666 I} bei der Wegnahme des Kindes nicht vorlagen, verstärkt nach Möglichkeiten zu suchen, um eine behutsame Rückführung des Kindes zu ermöglichen ( Besuchsregelung).
Pflegeeltern sind nur dann zur Tragung von Gerichtskosten im Rahmen des § 1632 Abs. 4 BGB verpflichtet, wenn diese die Aussichtslosigkeit des Verfahrens von vornherein erkannt haben oder das Verfahren durch grob schuldhaftes Verhalten veranlasst haben