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Hilflos und überfordert? Wenn Erziehung scheitert und Kinder ins Heim kommen - eine Studie des DJI
Auszüge aus der sehr informativen Studie, die sich auf die Daten der Kinder- und Jugendhilfestatistik von 2007 bezieht -
Die folgenden Datenanalysen des Forschungsverbundes DJI – TU Dortmund auf der Basis der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik geben näheren Aufschluss über die Bedeutung der Heimerziehung im Spektrum des Leistungskanons der Hilfen zur Erziehung, über die Klientel dieser familienersetzenden Hilfen, die Gründe für eine Inanspruchnahme sowie die Lebenslagen der Familien, aber auch über die Strukturen der Heimunterbringung und regionale Unterschiede bei der Inanspruchnahme.
Jeder vierte Euro für Leistungen und Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe wird für die Finanzierung von Hilfen zur Erziehung ausgegeben. Mit etwa 5,5 Mrd. Euro pro Jahr (Stand 2007) ist dieser Posten nach der Kindertagesbetreuung der ausgabenstärkste. Und innerhalb der Hilfen zur Erziehung entfällt wiederum mit Abstand das höchste Ausgabenvolumen auf die Heimerziehung. Das waren zuletzt immerhin 2,5 Mrd. Euro.
Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik erfasst 2007 jenseits der Erziehungsberatung 302.979 zumeist hilfeplangestützte und vom Allgemeinen Sozialen Dienst mit initiierte Leistungen der Hilfen zur Erziehung.
Etwa 20 Prozent sind Maßnahmen der Vollzeitpflege.
Die Mehrzahl der in Heimen und betreuten Wohnformen lebenden jungen Menschen ist männlich. 56 Prozent sind Jungen und junge Männer, 44 Prozent Mädchen und junge Frauen.
Die eingeschränkte Erziehungskompetenz der Eltern war mit 45 Prozent der am häufigsten genannte Grund dafür, dass junge Menschen in einem Heim untergebracht werden. In 37 Prozent der Fälle wurden Auffälligkeiten im sozialen Verhalten und in 25 Prozent schulische bzw. berufliche Probleme der jungen Menschen als Gründe angegeben. Mit jeweils 23 Prozent spielen die Gefährdung des Kindeswohls oder die unzureichende Förderung und Betreuung der Kinder ebenfalls eine große Rolle.
Fallzahlenvolumen in der Heimerziehung für die heutige Bundesrepublik insgesamt auf rund 79.200 Hilfen pro Jahr (Stand 2007) beziffert worden. Hierin enthalten sind auch die stationär durchgeführten ‚27er-Hilfen’.
Zählt man noch die rund 60.100 jungen Menschen in Pflegefamilien dazu, ergibt sich eine Zahl von etwa 139.300 Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen, die im Rahmen der Hilfen zur Erziehung in einer Pflegefamilie, einer Heimeinrichtung oder einer betreuten Wohnform leben.
Der Anteil der Familien, denen eine Hilfe zur Erziehung (ohne Erziehungsberatung) gewährt wird und die zugleich Transferleistungen beziehen, liegt bei knapp 59 Prozent. (Transferleistungen sind hier: Arbeitslosengeld II auch in Verbindung mit dem Sozialgeld, die bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung im Rahmen der Sozialhilfe oder auch der Kinderzuschlag.) Je nach Hilfeart schwankt dieser Wert zwischen 48 Prozent (Erziehungsbeistandschaft) auf der einen und 73 Prozent (Vollzeitpflege) auf der anderen Seite. Für die Heimerziehung liegt dieser Wert bei 58 Prozent. Demgegenüber liegt der Anteil der Familien mit Bezug von Transferleistungen in der Erziehungsberatung bei lediglich knapp 17 Prozent.
Es zeigt sich, dass die Hilfen zur Erziehung im Allgemeinen sowie die Heimerziehung im Besonderen ganz offenkundig notwendige Unterstützungsleistungen für Familien in schwierigen Lebenskonstellationen sind. Der Ausfall eines oder beider Elternteile, die Trennung und Scheidung, aber auch die Folgen von fehlenden materiellen Ressourcen sowie damit verbundene Ausgrenzungsprozesse stellen Lebenslagen dar, in denen eine Hilfe zur Erziehung überproportional häufig die familiäre Erziehung unterstützt, nicht selten aber auch – wie im Falle der Heimerziehung – ersetzt.
von:
Stellungnahme der AFET zur geplanten Reform des Vormundschaftsgesetzes