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Zusätzliche Pfleger im neuen Vormundschaftsrecht
Das Gesetz sieht zwei Möglichkeiten vor, einen Pfleger ergänzend zu einem Vormund zu bestellen.
Zusätzlicher Pfleger für einen ehrenamtlichen Vormund
Der Vorrang des ehrenamtlichen Vormundes wird im § 1779 deutlich betont und natürlich auch von ihm/ihr bestimmte Voraussetzungen verlangt:
Eine natürliche Person muss nach
- ihren Kenntnissen und Erfahrungen,
- ihren persönlichen Eigenschaften,
- ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie
- ihrer Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen
geeignet sein, die Vormundschaft so zu führen, wie es das Wohl des Mündels erfordert
Während von beruflichen Vormündern oder Amtsvormündern entsprechende Ausbildungen erwartet werden, liegen die Voraussetzungen für einen ehrenamtlichen Vormund in der Persönlichkeit der Person und in einem besonderen Maße in einem Bindungs- oder Bekanntheitsgrad mit dem Mündel begründet. Das kann dazu führen, dass ein ehrenamtlicher Vormund sich in bestimmten Bereichen mit Problemen oder Schwierigkeiten konfrontiert sieht. Dieses könnte einerseits die interessierte Person daran hindern, sich überhaupt als Vormund zur Verfügung zu stellen und andererseits sich in der Tätigkeit als Vormund überfordert zu fühlen, wenn es um einen bestimmten Bereich geht. Ich denke da z.B. an Entscheidungs- und Unterstützungsmöglichkeiten für Kinder mit ausgeprägtem Förderbedarf aufgrund von Beeinträchtigungen oder Behinderungen.
Um die Ehrenamtlichkeit des Vormundes zu stärken, hat das neue Vormundschaftsrecht daher den § 1776 hinzugefügt, in dem einem ehrenamtlichen Vormund mit dessen Einverständnis Sorgerechtsangelegenheiten auf einen zusätzlichen Pfleger übertragen werden können. Der zusätzliche Pfleger kann somit in diesem bestimmten Bereich eigenverantwortlich handeln.
§ 1776 Zusätzlicher Pfleger
(1) Das Familiengericht kann bei Bestellung eines ehrenamtlichen Vormunds mit dessen Einverständnis einzelne Sorgeangelegenheiten oder eine bestimmte Art von Sorgeangelegenheiten auf einen Pfleger übertragen, wenn die Übertragung dieser Angelegenheiten dem Wohl des Mündels dient. Die Übertragung ist auch nachträglich möglich, wenn der Vormund zustimmt.
(2) Die Übertragung ist ganz oder teilweise aufzuheben,
1. wenn sie dem Wohl des Mündels widerspricht,
2. auf Antrag des Vormunds oder des Pflegers, wenn der jeweils andere Teil zustimmt und die Aufhebung dem Wohl des Mündels nicht widerspricht, oder
3. auf Antrag des Mündels, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, wenn Vormund und Pfleger der Aufhebung zustimmen.
Die Zustimmung gemäß Satz 1 Nummer 2 und 3 ist entbehrlich, wenn ein wichtiger Grund für die Aufhebung vorliegt.
(3) Im Übrigen gelten die Vorschriften über die Pflegschaft für Minderjährige entsprechend. Neben einem Pfleger nach § 1809 oder § 1777 kann ein Pfleger nach Absatz 1 nicht bestellt
Pflegepersonen als ergänzender Pfleger zum Vormund
Einen besonderen Paragrafen hat der Gesetzgeber für die Lebenssituation des Mündels vorgesehen, in der das Kind oder der Jugendliche nicht bei seinen Eltern aufwächst sondern in einer Pflegefamilie/ Erziehungsstelle. Pflegepersonen können mit gegenseitigem Einverständnis ergänzend zum Vormund als Pfleger für bestimmte Sorgerechtsteile bestellt werden. Der Antrag kann vom Vormund oder von den Pflegeeltern gestellt werden, wenn das Kind schon längere Zeit in der Pflegefamilie lebt oder es persönliche Bindungen gibt (z.B. Verwandtenpflege). Ein Mündel ab 14. Jahre kann ebenfalls einen solchen Antrag stellen.
Bei dieser Form des ergänzenden Pflegers kann die Pflegeperson zwar als Pfleger handeln, jedoch anders als der Pfleger im § 1776 kann sie Grundentscheidungen im Rahmen der ihr übertragenen Sorgeangelegenheit für das Pflegekind nur gemeinsam mit dem Vormund fällen.
Im Gesetz heißt es dazu:
Sorgerechtsangelegenheiten, deren Regelung für den Mündel von erheblicher Bedeutung ist, werden der Pflegeperson nur zu gemeinsamen Wahrnehmung mit dem Vormund übertragen.
Im Rahmen dieser Art der Tätigkeit als Pfleger bleibt der Vormund in den auf den Pfleger übertragenen Sorgerechtsangelegenheiten auch weiterhin mitentscheidend und mitverantwortlich.
§ 1777 Übertragung von Sorgeangelegenheiten auf die Pflegeperson als Pfleger
(1) Das Familiengericht überträgt auf Antrag des Vormunds oder der Pflegeperson einzelne Sorgeangelegenheiten oder eine bestimmte Art von Sorgeangelegenheiten auf die Pflegeperson als Pfleger, wenn
1. der Mündel seit längerer Zeit bei der Pflegeperson lebt oder bereits bei Begründung des Pflegeverhältnisses eine persönliche Bindung zwischen dem Mündel und der Pflegeperson besteht,
2. die Pflegeperson oder der Vormund dem Antrag des jeweils anderen auf Übertragung zustimmt und
3. die Übertragung dem Wohl des Mündels dient.
Ein entgegenstehender Wille des Mündels ist zu berücksichtigen.
(2) Sorgeangelegenheiten, deren Regelung für den Mündel von erheblicher Bedeutung ist, werden der Pflegeperson nur zur gemeinsamen Wahrnehmung mit dem Vormund übertragen.
(3) Den Antrag auf Übertragung nach Absatz 1 Satz 1 kann auch der Mündel stellen, wenn er das 14. Lebensjahr vollendet hat. Für die Übertragung ist die Zustimmung des Vormunds und der Pflegeperson erforderlich.
(4) § 1776 Absatz 2 gilt entsprechend. Im Übrigen gelten die Vorschriften über die Pflegschaft für Minderjährige entsprechend. Neben einem Pfleger nach § 1809 oder § 1776 kann die Pflegeperson nicht zum Pfleger bestellt werden.
Wie bisher können natürlich auch Pflegeeltern eigenständig einen Antrag beim Familiengericht stellen und sich als ehrenamtlicher Vormund für ihr Pflegekind zur Verfügung stellen.
Freiwillige Übertragung von Sorgerechten auf Pflegeeltern
Ebenfalls unverändert ist die Möglichkeit sorgeberechtigter Eltern, gemäß § 1630 BGB freiwillig Teile des Sorgerechtes auf die Pflegeeltern zu übertragen.
§ 1630 Elterliche Sorge bei Pflegerbestellung oder Familienpflege
(1) Die elterliche Sorge erstreckt sich nicht auf Angelegenheiten des Kindes, für die ein Pfleger bestellt ist.
(2) Steht die Personensorge oder die Vermögenssorge einem Pfleger zu, so entscheidet das Familiengericht, falls sich die Eltern und der Pfleger in einer Angelegenheit nicht einigen können, die sowohl die Person als auch das Vermögen des Kindes betrifft.
(3) Geben die Eltern das Kind für längere Zeit in Familienpflege, so kann das Familiengericht auf Antrag der Eltern oder der Pflegeperson Angelegenheiten der elterlichen Sorge auf die Pflegeperson übertragen. Für die Übertragung auf Antrag der Pflegeperson ist die Zustimmung der Eltern erforderlich. Im Umfang der Übertragung hat die Pflegeperson die Rechte und Pflichten eines Pflegers.
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