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Resümee
Miterlebte häusliche Gewalt weist wegen der anzunehmenden Schädigung und anhaltenden Folgewirkungen auf ein hohes Risiko für das Kindeswohl hin, so dass Umgangskontakte mit dem Täter grundsätzlich in Zweifel zu ziehen sind. Bei den Bewältigungsversuchen schwerwiegender Lebenserfahrungen darf ein Kind - auch langfristig - keinen Schaden nehmen. Eine Verarbeitung der überwältigenden Erfahrungen kann erst erfolgen, wenn die Gewalt endgültig beendet und das Kind nicht weiterhin dem schädigenden Einfluss des Täters ausgesetzt ist.Siehe Brisch, 105. Um sich ablösen zu können, ist eine Unterbrechung des Gewaltzyklus notwendig, da das Kind die sichere Distanz zu der Angst auslösenden Bindungsperson benötigt.Zenz (2000), 325 ff.
Der Ausheilungsprozess von Traumatisierungen braucht wegen der sich um das Trauma gruppierenden schweren Folgewirkungen oftmals Jahre und ist für ein Kind ungeheuer schwer auszuhalten. Kann ein schweres psychisches Trauma nicht ausheilen, besteht die Gefahr einer Chronifizierung. Würde das Kind wegen psychischer Überforderung die Realität des überwältigenden Geschehens abspalten, verdrängen, bagatellisieren oder leugnen, eine realistische Verarbeitung der miterlebten Gewalt dadurch verhindertHerman betont: Erkennt das Opfer den traumatischen Ursprung seiner psychischen Schwierigkeiten, muss es diese nicht mehr auf einen angeborenen Persönlichkeitsdefekt zurückführen, womit der Weg frei werde für die Entstehung neuer Erfahrungen und einer neuen, nicht beeinträchtigten Identität. Dieselbe, 176. Diese Chance darf dem Kind nicht genommen werden. und sein Gesundungsprozess zunichte gemacht werden, wäre es erneut einer Kindeswohlgefährdung ausgesetzt. In diesen Fällen ist in der Regel ein Ausschluss von Umgangskontakten unvermeidbar, um den erforderlichen sicheren Rahmen zu schaffen.Salgo, 49, 17 ff.
Für ein durch häusliche Gewalt beeinträchtigtes oder geschädigtes Kind sind Schutz und Sicherheit existentiell. Die Herstellung der äußeren Sicherheit hat dabei oberste Priorität, denn ohne äußeren Schutz wird sich kaum das Gefühl einer inneren Sicherheit einstellen.Siehe Herman, 12, 216 f.; Zenz (2000) zur Frage der Sicherheit bei geschütztem Umgang, 325. Der Schutz des Kindes darf so lange nicht aufgehoben werden, wie das Kindeswohl dadurch erneut gefährdet wäre.