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26.10.2014

Pflegekinder mit Behinderungen - Rahmenbedingungen für die Pflegekinderhilfe

Pflegekinder mit Behinderungen haben einen besonderen Bedarf in der Vollzeitpflege, dem nur durch gute Rahmenbedingungen entsprochen werden kannh.

Bis 2009 war die Unterbringung behinderter Kinder in Familienpflege die Ausnahme. Dies änderte sich, nachdem in Deutschland am 01. März 2009 die UN Behindertenrechtskonvention ratifiziert wurde und darüber hinaus mit Wirkung vom 09. August desselben Jahres eine Erweiterung des SGB XII zur Regelung der Unterbringung behinderter Kinder in Pflegefamilien vorgenommen wurde.

In der UN-BRK sind zahlreiche Forderungen enthalten, die für behinderte Kinder in Pflegefamilien von großer Bedeutung sind.
Gemäß Artikel 7 Abs. 1 UN-BRK verpflichten sich die Vertragsstaaten, zu gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt sind mit Kindern ohne Behinderung.
Daraus leitet sich die wichtigste Forderung ab, dass jedes Kind mit Behinderung, wie auch alle anderen Kinder, zunächst einen Anspruch auf Erziehung hat, also ein Recht darauf hat, Hilfen aus dem Kinder- und Jugendhilfegesetz zu erhalten. Voraussetzung hierfür ist, dass gemäß Artikel 4 Abs. 1 a UN-BRK alle hierfür geeigneten Gesetzgebungsmaßnahmen zu treffen sind, also die seit langem geforderte Gesamtzuständigkeit des SGB VIII für alle Kinder, ob behindert oder nicht, die sog. „Große Lösung“ umgesetzt wird. Diese beinhaltet, dass die Eingliederungshilfe für alle jungen Menschen im SGB VIII normiert und als Leistung der Kinder- und Jugendhilfe gewährt wird.

Weiterhin wird in der UN-BRK gefordert, dass Kinder mit Behinderung einen Rechtsanspruch auf individuelle Hilfen haben. Danach ist gemäß Artikel 7 Abs. 2 UN-BRK bei allen Hilfemaßnahmen das Wohl des einzelnen Kindes vorrangig zu berücksichtigen. Das heißt, Kinder mit Behinderungen haben einen Anspruch auf eine für ihre spezielle Behinderung und Lebenssituation gerechte Hilfe sowie auf positive Lebensbedingungen.

In Artikel 23 Abs. 5 UN BRK verpflichten sich die Vertragsstaaten, alle Anstrengungen zu unternehmen, um für Kinder mit Behinderungen, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können, Möglichkeiten zu schaffen, damit diese in einem familiären Umfeld aufwachsen können.
Die am 09. August 2009 in Kraft getretene Erweiterung des SGB XII um den § 54 Abs. 3 SGB regelt die Unterbringung behinderter Kinder in Pflegefamilien als eine Maßnahme der Eingliederungshilfe. Allerdings war diese Regelung im Hinblick auf die zu erwartende sog. „Große Lösung“ zunächst bis Ende 2013 befristet. Nachdem eine Umsetzung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten war, wurde Ende letzten Jahres eine Verlängerung des § 54 Abs.3 SGB XII bis 2018 vorgenommen. Seither ist zu beobachten, dass zunehmend mehr Fachdienste für Pflegekinder mit Behinderungen eingerichtet werden.

Die sog. „Große Lösung“ ist bereits seit langem im Gespräch. Die von der Arbeits- und Sozialministerkonferenz sowie Jugend- und Familienministerkonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe „Inklusion von jungen Menschen mit Behinderung“ spricht sich in ihrem Bericht vom 05.03.2013 mehrheitlich für die große Lösung im SGB VIII aus sowie für die Schaffung eines neuen Leistungstatbestandes „Hilfen zur Entwicklung und Teilhabe“. Leider ist es zum augenblicklichen Zeitpunkt ungewiss, wann mit der Verabschiedung der sog. „Großen Lösung“ gerechnet werden kann. In der Koalitionsvereinbarung wurde diese bedauerlicherweise nicht erwähnt. Stattdessen ist zunächst die Erarbeitung eines Bundesleistungsgesetzes geplant, mit dem die rechtlichen Vorschriften der Eingliederungshilfe in der bisherigen Form abgelöst werden sollen. Es ist u.a. vorgesehen, dass der Bund sich zur Entlastung der Kommunen und Länder an den Kosten der Eingliederungshilfe beteiligen soll.

Eine Gesamtzuständigkeit des SGB VIII für alle jungen Menschen würde sich gerade auf die Unterbringung behinderter Kinder in Familienpflege auswirken.

Zahlreiche Kinder mit Behinderungen, die derzeit im Rahmen der Eingliederungshilfe in stationären Einrichtungen leben, haben bisher keinen Rechtsanspruch auf eine regelmäßig stattfindende Hilfeplanung, wie sie § 36 SGB VIII vorsieht. Damit erfolgt auch keine regelmäßige Überprüfung, ob bessere Alternativen wie z.B. die Unterbringung in einer Pflegefamilie bestehen. Bei der jetzigen gesetzlichen Regelung verbleiben Kinder auf Dauer, in den meisten Fällen bis an ihr Lebensende in einer stationären Einrichtung. Bei einer Gesetzesänderung müsste bei allen Kindern und Jugendlichen diese Überprüfung erfolgen. Wird man dann der Forderung der Behindertenrechtskonvention gerecht, sollten alle Anstrengungen unternommen werden, geeignete Pflegefamilien für die betroffenen Kinder zu finden.

Spätestens nach Inkrafttreten der sog. „Großen Lösung“ wird es, bedingt durch den Rechtsanspruch aller Kinder auf eine gesetzlich vorgeschriebene Hilfeplanung, einen höheren Bedarf an geeigneten Formen der Familienpflege für behinderte Kinder und Jugendliche geben.
Daher ist es notwendig, dass sich bundesweit freie und öffentliche Träger der Jugendhilfe entschließen, gemäß Artikel 4 Abs. 1 i UN-BRK entsprechende Angebote zu entwickeln. Es heißt, die Mitgliedstaaten verpflichten sich, alle geeigneten Maßnahmen und Angebote zur Umsetzung der in der UN-BRK anerkannten Rechte für Menschen mit Behinderungen zu entwickeln. Dies schließt auch die Schulung von Fachkräften für die Arbeit mit behinderten Menschen ein.

Rechtssituation

Bisher erfolgte die Unterbringung von Kindern mit Behinderungen in Pflegefamilien überwiegend als Maßnahme der Hilfe zur Erziehung gemäß § 33 SGB VIII. Sie fand Anwendung, wenn der Unterbringungsgrund eindeutig auf erzieherische Defizite in der Herkunftsfamilie zurückzuführen war. 2009 wurde das SGB XII um § 54 Abs. 3 erweitert, der die Unterbringung behinderter Kinder in Pflegefamilien als eine Leistung der Eingliederungshilfe regelt.

Nach Verlängerung der Regelung bis 2018 Mitte letzten Jahres (2013, d.R.) ist zu verzeichnen, dass Kostenträger zunehmend differenzieren zwischen seelisch behinderten Kindern und Kindern mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung. Bei Kindern mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung verweisen Jugendhilfeträger hinsichtlich der Zuständigkeit nun überwiegend auf den Sozialhilfeträger.

Die Unterbringung von behinderten Kindern in Pflegefamilien als Hilfe zur Erziehung findet nun fast ausschließlich nur noch bei Kindern und Jugendlichen mit einer seelischen oder drohenden seelischen Behinderung gemäß § 35 a SGB VIII Anwendung. Entscheidungskriterium ist hier zusätzlich der IQ des Kindes. Liegt dieser über 70 ist der Jugendhilfeträger zuständig. Bei einem IQ unter 69 gilt das Kind als geistig behindert und die Zuständigkeit liegt beim Sozialhilfeträger. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Abonnement.
Die Unterbringung von behinderten Kindern in Pflegefamilien als Hilfe zur Erziehung findet nun fast ausschließlich nur noch bei Kindern und Jugendlichen mit einer seelischen oder drohenden seelischen Behinderung gemäß § 35 a SGB VIII Anwendung. Entscheidungskriterium ist hier zusätzlich der IQ des Kindes. Liegt dieser über 70 ist der Jugendhilfeträger zuständig. Bei einem IQ unter 69 gilt das Kind als geistig behindert und die Zuständigkeit liegt beim Sozialhilfeträger.

Es gibt allerdings auch Kinder, bei denen die Voraussetzungen zweier Leistungsgesetze vorliegen. Hier entscheidet sich die Zuständigkeit gemäß § 10 Abs. 4 SGB VIII.
Die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe gehen Leistungen nach dem SGB XII vor. Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, gehen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vor. Lediglich bei einer seelischen Behinderung ist das SGB VIII zuständig.

In jedem Einzelfall muss die Zuständigkeit geklärt werden. Hilfreich ist § 14 SGB IX. Dieser regelt, dass der zuerst angeschriebene Rehabilitationsträger nach Eingang der Antragstellung innerhalb von zwei Wochen feststellen muss, ob er zuständig ist oder nicht. Stellt er nach Prüfung fest, dass er nicht zuständig ist, muss er den Antrag unverzüglich an den seiner Auffassung nach zuständigen Kostenträger weiterleiten.

Seit 2008 gibt es außerdem die Möglichkeit, gemäß § 17 SGB IX die Eingliederungshilfe in Form des persönlichen Budgets zu beanspruchen. Der Antrag kann bei einem Rehabilitationsträger gestellt werden, der die Leistungen aller beteiligten Träger koordinieren soll. Der Bedarf wird ermittelt und der Leistungsberechtigte kann sich seine Leistungen nach seiner Wahl selbst einkaufen.

Wird die Unterbringung eines behinderten Kindes durch den Sozialhilfeträger finanziert, ist gemäß § 54 Abs. 3 SGB XII die Ausstellung einer Pflegeerlaubnis gemäß § 44 SGB VIII durch das örtlich zuständige Jugendamt am Wohnort der Pflegepersonen vorgeschrieben.
Erfolgt die Unterbringung durch den Sozialhilfeträger, beinhaltet die Leistung auch die Beratung und Begleitung der Pflegefamilien. Kann der Sozialhilfeträger diese nicht selbst sicherstellen, (Sozialhilfeträger halten bisher keine Fachdienste für Pflegekinder mit Behinderungen vor) ist er zur Finanzierung der Kosten für die Beratung und Begleitung durch einen entsprechenden Fachdienst verpflichtet.
In der Sozialhilfe ist im Vergleich zur Jugendhilfe das Kind selbst Leistungsberechtigter.
Daher haben Pflegeeltern gegenüber dem Sozialhilfeträger keinen eigenen Leistungsanspruch und somit auch keinen einklagbaren Anspruch auf Beratung.

Eine besondere Problematik für Pflegekinder mit Behinderungen besteht darin, dass in jedem Bundesland spezifische Rahmenbedingungen für die Finanzierung der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien bestehen.

Für die Kinder- und Jugendhilfe liegt die örtliche Zuständigkeit bei den Kommunen. Dagegen wird die Zuständigkeit für die Eingliederungshilfe behinderter Menschen gemäß SGB XII in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Diese liegt je nach Bundesland bei den örtlichen oder überörtlichen Trägern der Sozialhilfe.
Hinzu kommen unterschiedliche Zuständigkeitsregelungen. Bei der Unterbringung als Maßnahme der Hilfe zur Erziehung richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers nach § 86 Abs. 2 und Abs. 6 SGB VIII.
Handelt es sich um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe ist gemäß § 98 SGB XII auf Dauer der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, an dem das Kind oder der Jugendliche seinen gewöhnlichen Aufenthalt zum Zeitpunkt des erstmaligen Hilfebedarfs hatte. Wenn also das Kind aus einer Einrichtung in eine andere oder in eine Pflegefamilie wechselt, bleibt immer die Zuständigkeit des zuerst zuständigen Sozialhilfeträgers bestehen.

Augenblicklich ist zu beobachten, dass zunehmend mehr Jugendhilfeträger dazu übergehen, die Zuständigkeit für bereits im Rahmen der Hilfe zur Erziehung untergebrachte Pflegekinder mit Behinderungen an die Sozialhilfeträger abzugeben.
Dies führt in vielen Fällen zu einer erheblichen Verunsicherung. Jugendämter informieren Pflegefamilien meist kurzfristig über den anstehenden oder bereits erfolgten Zuständigkeitswechsel und beenden ihre Betreuungsleistung. Verträge mit freien Trägern, die bisher die Beratung und Begleitung der Pflegefamilien wahrgenommen haben, werden gekündigt.
Hinzu kommt, dass Sozialhilfeträger oftmals über keinerlei Erfahrungen und Fachkenntnisse in dieser Materie verfügen und völlig unterschiedlich mit den ihnen übertragenen neuen Aufgaben umgehen. Hierfür stehen die unterschiedlichsten Beispiele. Es gibt Sozialhilfeträger, die die bisher vom Jugendhilfeträger an die Pflegefamilien geleisteten Sätze übernehmen. Andere Sozialhilfeträger sind nur noch bereit, den eineinhalbfachen Regelsatz der Hilfe zum Lebensunterhalt für das Kind zu leisten und lehnen auch die Finanzierung von Betreuungsleistungen für die Pflegepersonen ab. Es gibt Sozialhilfeträger, die die Finanzierung der Beratung und Begleitung der Pflegefamilien durch einen Fachdienst übernehmen, andere wiederum lehnen diese Leistung ab mit der Begründung, dass sich gemäß §§ 53 ff SGB XII kein eigenständiger einklagbarer Anspruch auf Beratung findet.

Einer Reduzierung der finanziellen Leistungen kann jedoch gemäß § 27a Abs. 4 SGB XII widersprochen werden. Sind Leistungsberechtigte, hier Kinder mit Behinderungen in Pflegefamilien untergebracht, so wird in der Regel der individuelle Bedarf abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung bemessen, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.
Weiterhin wurde im Dezember 2013 vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. ein Gutachten zur Betreuung von Kindern mit Behinderungen in Pflegefamilien nach § 54 Abs. 3 SGB XII erstellt, das Klarheit zur örtlichen Zuständigkeit und Kostenträgerschaft für die Beratung und Unterstützung der Pflegepersonen verschafft.
Darin heißt es: Für die Erteilung der Pflegeerlaubnis gem. § 54 Abs. 3 S. 2 SGB XII i.V.m. § 44 SGB VIII ist gemäß § 87 a Abs. 1 SGB VIII dasjenige Jugendamt örtlich zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 3 SGB XII umfasst neben den Leistungen für das behinderte Kind auch die Beratung und Unterstützung der Pflegeperson. Da Pflegeeltern für die Leistungen jedoch nicht anspruchsberechtigt sind, können sie diesen Anspruch nicht einklagen. Sie haben aber als Pflegepersonen gemäß § 37 Abs. 2 VIII gegenüber dem Jugendamt einen einklagbaren Anspruch auf Beratung und Unterstützung. Die Zuständigkeit des Jugendamtes richtet sich in diesem Fall wie bei der Vollzeitpflege nach § 86 Abs. 6 SGB VIII.

Hinsichtlich der finanziellen Leistungen an die Pflegefamilie kann zusätzlich auf den § 37 Abs. 2 SGB VIII verwiesen werden. Danach ist eine Abweichung der in der Hilfeplanung vorgenommenen Feststellungen auch hinsichtlich der laufenden Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen nur bei einer Änderung des Hilfebedarfs und Änderung des Hilfeplans zulässig.

Wichtig für die Arbeit mit behinderten Pflegkindern sind die Bestimmungen des SGB IX. Es beinhaltet die Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten sowie auch Bestimmungen zur Zuständigkeitsklärung. Ebenso muss der Rehabilitationsträger, bei dem der Antrag auf Hilfegewährung zuerst eingeht, innerhalb von zwei Wochen feststellen, ob er zuständig ist oder nicht. Anderenfalls muss er den Antrag an den seiner Meinung nach zuständigen Rehabilitationsträger weiterleiten. Leitet er den Antrag nicht weiter, muss er innerhalb von drei Wochen, falls kein weiteres Gutachten eingeholt werden muss, über den Antrag entscheiden. Bedauerlicherweise werden von vielen Kostenträgern die Bestimmungen des SGB IX ignoriert. Leistungsberechtigte haben jedoch das Recht, bei der Beantragung von Leistungen hierauf zu verweisen und notfalls ihre Rechte einzuklagen.
Besonders hilfreich ist es, das SGB IX i.V.m. den §§ 53 ff SGB XII hinzuzuziehen, wenn Eingliederungs- und Teilhabeleistungen wie z. B. die Übernahme der Kosten für den behinderungsgerechten KFZ Umbau beantragt werden.

Finanzierung

Vor der Unterbringung behinderter Kinder in Pflegefamilien sollte zunächst immer die Zuständigkeitsfrage geklärt werden. Wer ist Kostenträger der Maßnahme, der Jugend- oder der Sozialhilfeträger oder in Einzelfällen das Versorgungsamt im Rahmen der Opferentschädigung.
Hat ein Kind mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung einen Hilfebedarf, so wird dieser von der Eingliederungshilfe nach SGB XII gedeckt.
Hat ein Kind/ Jugendlicher mit einer seelischen Behinderung einen Hilfebedarf, so werden Leistungen nach dem SGB VIII gewährt.
In jedem Einzelfall muss die Zuständigkeit geklärt werden. Dies ist oftmals eine langwierige Angelegenheit.
Vor der Unterbringung eines Kindes mit Behinderung in einer Pflegefamilie sind die Rahmenbedingungen der Hilfe mit dem jeweiligen Kostenträger verbindlich in Form einer Leistungsvereinbarung festzuhalten. Zunächst muss der Bedarf im Hilfeplan festgestellt worden sein.

Leistungsvereinbarung zwischen Kostenträger, Fachdienst und Pflegefamilie

Grundlage:

  • Die Pflegepersonen stellen die Erziehung und Pflege des Kindes/Jugendlichen sicher und der Kostenträger übernimmt die Finanzierung.

Pflichten des Kostenträgers:

  • Sicherstellung der Beratungs- und Unterstützungsleistungen
  • Auflistung der einzelnen Leistungen wie Unterhalt, Erziehungsbeitrag, behinderungsbedingter Mehrbedarf, weitere Unterstützungsleistungen, Alterssicherung, Unfallversicherung, Haftpflichtversicherung etc.

Pflichten der Pflegepersonen:

  • Zusammenarbeit mit dem betreuenden Fachdienst
  • Inanspruchnahme von Beratung
  • Bereitschaft zur Teilnahme an Fortbildungen
  • Information über wichtige Vorkommnisse und Ereignisse
  • Gewährung von Zutritt zur Wohnung
Mehr zu Trägerkosten, Leistungen an die Pflegefamilie, Hilfen weiterer Leistungserbringer erfahren Sie in unserem Abonnement

Trägerkosten

Hinsichtlich der Trägerkosten für die Fachdienste ist zu empfehlen, diese über Pflegesätze abzurechnen. Vor Beginn seiner Tätigkeit als Fachdienst für Pflegekinder mit Behinderungen sollte der Träger mit dem für ihn zuständigen Jugendamt eine Entgeltsatzvereinbarung für die Begleitung und Betreuung behinderter Kinder abschließen, die dann als Grundlage für die Zusammenarbeit mit allen Kostenträgern dienen kann.

Leistungen an die Pflegefamilie

Derzeit gibt es hinsichtlich der nach Alter gestaffelten Leistungen für die Unterhaltskosten eines Kindes wenig Probleme.
Doch bereits bei den Kosten der Erziehung gibt es je nach örtlicher Zuständigkeit gravierende Unterschiede. Die Beträge liegen je nach Bundesland und Jugendamt zwischen einem einfachen Erziehungsbeitrag bis zu einem drei- oder vierfachen Erziehungsbeitrag. Hinzu kommt der Betrag für die Alterssicherung sowie die Unfall- und in Einzelfällen Haftpflichtversicherung. Es gibt vereinzelt Fachdienste, die für ihre Pflegefamilien die Finanzierung zusätzlicher Betreuungskosten von 10 bis 20 Stunden wöchentlich, freie Wochenenden sowie Urlaube der Pflegeeltern, einen behinderungsbedingten Mehrbedarf, Kosten einer Haushaltshilfe und Erstattung von Fahrtkosten erreicht haben. Dies ist in der Praxis aber leider noch die Ausnahme.

Erhebliche Schwierigkeiten bestehen bei der Beantragung einmaliger Beihilfen für die Übernahme von Aufwendungen für Therapien, medizinische Behandlungen, Reha- und Pflegehilfsmittel, die nicht von der Pflegekasse finanziert werden.
Ein besonders häufig auftretendes Problem ist die Übernahme der Kosten für einen behindertengerechten KFZ Umbau. Die Kosten betragen ca. 14.000 bis 18.000 €. Von Pflegeeltern kann die Finanzierung dieses Betrages nicht erwartet werden, zumal sie Ihrem Pflegekind gegenüber nicht unterhaltsverpflichtet sind. Es gibt derzeit zwei Gerichtsurteile aus 2012, in denen die überörtlichen Träger der Sozialhilfe verpflichtet werden, diese Kosten zu übernehmen.
Falls die Übernahme dieser Kosten nicht möglich ist, sollten Fachdienste die Möglichkeit nutzen, an Stiftungen heranzutreten, um für die Familien diese Ausgaben mit Hilfe von Spenden zu finanzieren.

Es besteht dringend Handlungsbedarf, für die Unterstützung und Begleitung behinderter Kinder in Pflegefamilien bundeseinheitliche Standards zu entwickeln. Es werden Empfehlungen benötigt zur Bestimmung der Unterhaltskosten behinderter Pflegekinder, der behinderungsbedingten Mehraufwendungen sowie Kosten der Erziehung und Pflege. Die Leistungen sollten in jedem Einzelfall der Art und Schwere der Behinderung des Kindes angepasst werden.

Damit Familien langfristig den außerordentlichen Anforderungen der Betreuung und Pflege gerecht werden, benötigen sie individuelle passgenaue Hilfen und Unterstützung. Es gibt die unterschiedlichsten Behinderungsformen und Schweregrade. Ein Kind mit einer geistigen Behinderung benötigt eine andere Betreuung, Pflege und Erziehung als ein Kind mit einer cerebralen Bewegungsstörung oder einer lebensverkürzenden Erkrankung. Daher muss gemäß Artikel 7 Abs. 2 UN-BRK die Hilfe individuell am Wohl des einzelnen Kindes ausgerichtet werden. Sie muss vor der Aufnahme des Kindes in die Pflegefamilie mit allen am Hilfeplan Beteiligten, einschließlich Ärzten und Therapeuten, beraten und entschieden werden. Hierzu gehören der Unterhalt für das Kind, ein erhöhter Erziehungsbeitrag für die aufwendige Pflege und Betreuung sowie Entlastungsangebote. Leistungen sollten bei Bedarf veränderbar sein, da der Betreuungs- und Pflegeaufwand mit zunehmendem Alter umfangreicher und schwerer wird. Es muss eine Zusicherung geben zur Übernahme der Kosten für Therapien und medizinische Behandlungen, die nicht von der Krankenversicherung refinanziert werden, wie auch zur Übernahme der Kosten für einen eventuell notwendigen behinderungsgerechten Umbau der Wohnung. Benötigt das Kind einen Rollstuhl, sind auch die Anschaffungskosten für einen behindertengerechten Pkw zu übernehmen. Nur so kann der Anspruch des Kindes auf Teilhabe am Leben in der Familie und der Gemeinschaft verwirklicht werden.

Da die Intensität der Beratung und Begleitung der Familien in jedem Einzelfall völlig unterschiedlich ist, stellt sich die Frage, ob dies auch bei der Berechnung von Trägerkosten Berücksichtigung finden sollte.

Zur Umsetzung dieser Forderungen ist eine hohe Flexibilität der Kostenträger gefragt Eine Reorganisation des Finanzierungssystems bei der Unterbringung behinderter Kinder in Familienpflege wäre wahrscheinlich die Folge. Auch die pauschale Aufteilung nach Alter sowie pauschale Erziehungsbeiträge sollten in Frage gestellt werden.
Diese geforderte Flexibilität wird eine hohe Herausforderung für Kostenträger sein.
Trotz allem verursacht die Unterbringung behinderter Kinder in Familienpflege zwar im Vergleich zu nicht behinderten Kindern sehr viel höhere Kosten. Dennoch ist diese Hilfeform im Vergleich zum Aufenthalt in einer stationären Behinderteneinrichtung wesentlich günstiger.
Vielleicht besteht die Chance, dass der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. sich dieser Thematik annimmt. Bis dahin liegt es in der Verantwortung der Fachdienste, mit den Kostenträgern individuelle Leistungen auszuhandeln, die sich nach Art und Schwere der Behinderung des jeweiligen Kindes richten.

Hilfen weiterer Leistungserbringer

Leistungen der Pflegeversicherung

  • Sachleistungen und Pflegegeld
  • Verhinderungspflege
  • Pflegehilfsmittel
  • Leistungen zur Verbesserung des Wohnumfeldes
  • Kurzzeitpflege
  • zusätzliche Betreuungsleistungen

Schwerbehindertenausweis und Nachteilsausgleiche

  • Merkzeichen(G, aG, H, B, Bl, Gl ,RF )
  • Blindengeld und Blindenhilfe
  • Steuervergünstigungen

Eingliederungshilfe

  • Frühförderung (Leistungen der Krankenkassen und Eingliederungshilfe)
  • Besuch einer heilpädagogischen Kindertagesstätte
  • Integrationshelfer für den Schulbesuch
  • Besuch einer Internatsförderschule
  • behinderungsbedingte Hilfsmittel wie Sprachcomputer (Kostenträger Krankenkasse)
  • Hilfe zum Wohnen (Wohnungsumbau)
  • Hilfe zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben (Bereitstellung einer Begleitperson, Übernahme der Kosten für einen Fahrdienst)

Hilfeplanung

Informationen zu
  • Hilfeplanung für Pflegekinder mit Behinderungen gemäß SGB VIII
  • Hilfeplanung für Pflegekinder mit Behinderung gemäß SGB XII
  • Hilfeplanung für Kinder mit Behinderungen bei Inanspruchnahme des persönlichen Budgets gemäß § 17 Abs. 2 SGB IX

finden Sie in unserem Abonnement

Hilfeplanung für Pflegekinder mit Behinderungen gemäß SGB VIII

Erfolgt die Unterbringung eines Kindes mit Behinderung als Hilfe zur Erziehung so erfolgt die Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII. Sie muss sich bei Kindern mit Behinderungen an den individuellen Bedarfen ausrichten und unterschiedlich intensiv ausgestaltet sein.
Soll in der Hilfeplanung über die Unterbringung in einer Pflegefamilie entschieden werden, so ist darauf zu achten, dass im Vorfeld eine genaue Diagnostik der Behinderung erfolgt ist bzw. entsprechende medizinische oder psychologische Gutachten vorliegen. Weiterhin ist zu empfehlen, dass ergänzend zu den bisherigen TeilnehmerInnen wie dem Allgemeinen Sozialdienst, der Pflegekinderhilfe und den Personensorgeberechtigten des Kindes weitere unterschiedliche Fachkräfte, wie behandelnde Ärzte oder Therapeuten des Kindes zum Hilfeplangespräch hinzugezogen werden. Nur so kann mit allen Beteiligten der tatsächliche durch die Behinderung anfallende Bedarf ermittelt werden. Dieser ist Grundlage für die Gewährung bedarfsgerechter, passgenauer Unterstützungen und Hilfen für die spätere Pflegefamilie. Diese können sein, ein erhöhter Erziehungsbeitrag für die Pflegefamilie, ein behinderungsbedingter Mehrbedarf, die Finanzierung zusätzlicher Betreuungsleistungen, Erstattung von Fahrtkosten, Kostenübernahme von Therapien, medizinischen Behandlungen und Hilfsmitteln, die nicht von anderen Sozialleistungsträgern finanziert werden sowie sonstige einmalige Beihilfen wie zum Bsp. der behindertengerechte Wohnungsumbau oder Kfz Umbau.
Auch sollte in der Hilfeplanung über den Umfang der Beratung durch den begleitenden Fachdienst sowie die evtl. Hinzuziehung weiterer Experten entscheiden werden. Schließlich ist es wichtig, festzuhalten, dass Leistungen einem sich evtl. ändernden Bedarf angepasst werden.
Die Hilfeplanung in der Jugendhilfe ist von Prinzipien der Fachlichkeit, Beratung und Beteiligung der Leistungsempfänger sowie einer Prozesshaftigkeit geprägt. Die Steuerungsverantwortung liegt beim öffentlichen Träger.

Hilfeplanung für Pflegekinder mit Behinderung gemäß SGB XII

Ist die Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie als Maßnahme der Eingliederungshilfe gemäß § 54 Abs. 3 SGB XII geplant, so sollte vor Aufnahme in die Pflegefamilie eine Hilfeplanung im Rahmen des sogenannten Gesamtplanverfahrens nach § 58 SGB XII stattfinden. So frühzeitig wie möglich ist ein Gesamtplan zur Durchführung der einzelnen Leistungen aufzustellen. Er dient der Ermittlung des Bedarfs, der Orientierung über Leistungsansprüche und ermöglicht dem Kind und seinen gesetzlichen Vertretern Mitsprache bei der Planung und Durchführung einzelner Hilfen.
Die Ermittlung des Bedarfs sowie die Hilfeplanung sollen sich individuell am einzelnen Kind orientieren und unter Beteiligung unterschiedlicher fachspezifischer Experten wie zum Beispiel Ärzten, Heilpädagogen, Sozialpädagogen, Therapeuten etc. festgestellt werden.
Es gibt im SGB XII keine Vorgaben hinsichtlich des Verfahrens der Bedarfsermittlung sowie Durchführung der Hilfeplanung. Lediglich in § 58 Abs. 2 sind alle Beteiligten aufgeführt, die an einer Gesamtplanung mitwirken sollen. Hierzu gehören der Träger der Sozialhilfe, der behinderte Mensch oder sein gesetzlicher Vertreter, der behandelnde Arzt, das Gesundheitsamt, der Landesarzt und das Jugendamt. Auch der Inhalt des Gesamtplans ist nicht festgelegt. Lediglich ärztliche Gutachten, fachpädagogische Stellungnahmen und Sozialberichte sowie bisherige Hilfepläne sollen als Grundlage für die Hilfeplanung dienen.
Ein Anspruch darauf, dass alle in der Hilfeplanung aufgeführten Hilfen tatsächlich auch durchgeführt und finanziert werden, besteht nicht. Der Hilfeplan dient lediglich der Feststellung des ermittelten Bedarfs zum Zeitpunkt seiner Erstellung. Der Leistungsträger entscheidet hierüber zu einem späteren Zeitpunkt und teilt diese dem Antragsteller in Form eines Bewilligungsbescheides über die gewährten Hilfen schriftlich mit.
Es gibt keine wie in § 36 SGB VIII vorgeschriebene regelmäßige Überprüfung des Hilfeplans.
Hinsichtlich der Hilfeplanung im SGB XII besteht dringend Entwicklungsbedarf. Es müssen einheitliche Kriterien zur individuellen Bedarfsermittlung sowie zur Hilfe- und Teilhabeplanung geschaffen werden.

Hilfeplanung für Kinder mit Behinderungen bei Inanspruchnahme des persönlichen Budgets gemäß § 17 Abs. 2 SGB IX

Erfolgt die Unterbringung eines behinderten Kindes über das persönliche Budget wird ebenfalls eine individuelle Zielvereinbarung abgeschlossen.
Zur Beantragung der Hilfe wendet sich der gesetzliche Vertreter des Kindes an eine gemeinsame Servicestelle der Rehabilitationsträger. Dort wird im Gespräch geklärt, welcher Bedarf besteht und welche Hilfen und Leistungen infrage kommen. Die Servicestelle nimmt dann Kontakt zu den jeweiligen Leistungsträgern auf. Von diesen ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme zu den beantragten Hilfen abzugeben. Nach Feststellung des Bedarfs durch die jeweiligen Leistungsträger wird eine Zielvereinbarung über die mit dem persönlichen Budget abzudeckenden Leistungen abgeschlossen. Abschließend erhält der gesetzliche Vertreter des Kindes einen Bescheid über die Einzelheiten des Persönlichen Budgets.
Im Abstand von mindestens zwei Jahren wird der Hilfebedarf in einem weiteren Bedarfsfeststellungsverfahren geprüft und gegebenenfalls angepasst.

Anschlussmaßnahmen nach Volljährigkeit

In der Regel endet mit Erreichung der Volljährigkeit für die meisten Jugendlichen mit Behinderungen die Hilfe zur Erziehung und es steht ein Wechsel in die Sozialhilfe an.
Bei schwer mehrfach behinderten und geistig behinderten Jugendlichen, bei denen kein Entwicklungspotential zu erkennen ist, geben die Jugendhilfeträger die Zuständigkeit direkt mit Volljährigkeit an den Sozialhilfeträger ab.

Lediglich bei seelisch behinderten Jugendlichen besteht die Möglichkeit, die Hilfe zu verlängern. Dies macht insbesondere bei Jugendlichen mit FASD Sinn, die aufgrund ihrer Behinderung in ihrer Persönlichkeitsentwicklung erheblich verzögert sind. Details dazu erfahren Sie in unserem Abonnement.
Lediglich bei seelisch behinderten Jugendlichen besteht gemäß § 35a i.V.m. § 41 SGB VIII die Möglichkeit, die Hilfe bis zum 21., längsten bis zum 27. Lebensjahr zu verlängern. Dies macht insbesondere bei Jugendlichen mit FASD Sinn, die aufgrund ihrer Behinderung in ihrer Persönlichkeitsentwicklung erheblich verzögert sind und nach wissenschaftlichen Erhebungen voraussichtlich erst mit ca. 28 Jahren den Stand eines 18 Jährigen erreichen können.
Nach Beendigung des Pflegeverhältnisses stehen unterschiedliche Anschlussmaßnahmen zur Verfügung, wie zum Beispiel die Unterbringung in einer stationären Einrichtung der Behindertenhilfe, einem Wohnheim für Menschen mit Behinderungen, einer betreuten Wohngemeinschaft, dem betreuten Wohnen in einer eigenen Wohnung oder der Verbleib in der Pflegefamilie.

Vor Beendigung des Pflegeverhältnisses sollte im Hilfeplan geklärt werden, wie der weitere Kontakt des Jungendlichen zu seiner bisherigen Pflegefamilie aussehen soll, wie häufig und in welchem Umfang Besuche in der Pflegefamilie vorgesehen sind. Hier ist zu klären, wie Fahrtkosten und Aufwendungen der Pflegefamilie finanziert werden können.
Verbleiben Jugendliche in ihrer bisherigen Pflegefamilie, kann die Hilfe in eine Maßnahme des Betreuten Wohnens von behinderten Menschen in Gastfamilien umgewandelt werden. Inzwischen gibt es bundesweit zahlreiche Träger, die entsprechende Angebote vorhalten.

Die überörtlichen Träger der Sozialhilfe wie z.B. der LWL, LVR, LWV Hessen, KSV Sachsen gewähren gemäß ihrer Richtlinien derzeit einen Betrag von 944,00 € als mtl. Entgelt für die Betreuung eines jungen Erwachsenen mit Behinderung in Gastfamilien. Dieses setzt sich zusammen aus einem Mietanteil, dem anteiligen Regelsatz, einer Bekleidungspauschale, einem Taschengeld für den Betreuten sowie einer Betreuungspauschale von ca. 400 € für die Gastfamilie.
Fachdienste erhalten für die Beratung und Begleitung der Gastfamilien pro Betreutem ein mtl. Entgelt von derzeit durchschnittlich 530,85 €.
Es stellt sich hier die Frage, ob die Höhe des derzeitigen mtl. Entgelts für die Gastfamilien ausreicht, damit diese qualifiziert und verantwortungsbewusst die Betreuung und Versorgung eines jungen Erwachsenen mit Behinderung wahrnehmen können. Das Angebot des Betreuten Wohnens von Menschen mit Behinderungen in Gastfamilien ist im Vergleich zu einer stationären Versorgung für die öffentlichen Haushalte mit erheblich geringeren Kosten verbunden. Es kann aber langfristig nur in ausreichendem Maße und mit der erforderlichen Qualität vorgehalten werden, wenn die Leistungen der Gastfamilien entsprechend honoriert werden. Es bietet sich an, hier analog zu den Erziehungsstellen in der Jugendhilfe, Gastfamilien mit entsprechender Qualifikation für Menschen mit besonderem Bedarf auch entsprechend zu entlohnen.

Es besteht Klärungsbedarf hinsichtlich der Übergänge bei Volljährigkeit vom Jugendhilfeträger auf den Sozialhilfeträger.

Interessant sind in diesem Zusammenhang die Empfehlungen im Bericht der Arbeitsgruppe Inklusion von März 2013 für den Übergang vom SGB VIII in das SGB XII. Es wird für eine feste Altersgrenze plädiert, die flexible Übergänge ermöglicht.
Als mögliche Altersgrenzen wurden das 18. 21. und 27. Lebensjahr genannt. Ferner wird vorgeschlagen, dass gesetzlich geregelt werden sollte, dass bei einem Zuständigkeitswechsel eine Änderung der Art und des Umfangs der Leistungserbringung nur aufgrund veränderter Bedarfe, die im Hilfeplan dokumentiert werden müssen, vorgenommen werden dürfen. Also, Leistungen für junge Menschen mit Behinderung sollten mit Erreichung der Volljährigkeit nicht um ein Vielfaches reduziert werden.

Qualifikation von FachberaterInnen

Für die Begleitung von Pflegefamilien mit behinderten Kindern müssen Fachkräfte über die hierfür erforderlichen zusätzlichen Qualifikationen verfügen. Die Vermittlung behinderter Kinder in der allgemeinen Pflegekinderhilfe ist weder leistbar noch fachlich zu vertreten.
Neben einer reduzierten Fallzahl (Personalschlüssel 1:10) sollten FachberaterInnen durch intensive Fort- und Weiterbildungen für diese Aufgabe befähigt werden. Dies wird auch in Artikel 4 Abs. 1i der UN-BRK gefordert. Es heißt: Aufgabe der Mitgliedsstaaten ist auch die Schulung von Fachkräften für die Arbeit mit behinderten Menschen, damit die aufgrund dieser Rechte garantierten Hilfen besser geleistet werden können.

Neben den erforderlichen Fachkenntnissen in der Pflegekinderhilfe (psychologisches und pädagogisches Fachwissen, Trauma, Bindung, Entwicklungspsychologie, Geschwisterbeziehungen, Biographiearbeit, Umgangkontakte, Recht etc.) müssen Fachkräfte in der Begleitung von Pflegefamilien mit behinderten Kindern darüber hinaus über weitere Fachkenntnisse verfügen. Welche das sind erfahren Sie in unserem Abonnement.
Neben den erforderlichen Fachkenntnissen in der Pflegekinderhilfe (psychologisches und pädagogisches Fachwissen, Trauma, Bindung, Entwicklungspsychologie, Geschwisterbeziehungen, Biographiearbeit, Umgangkontakte, Recht etc.) müssen Fachkräfte in der Begleitung von Pflegefamilien mit behinderten Kindern darüber hinaus über Fachkenntnisse verfügen hinsichtlich Rehabilitation, Integration und Teilhabe, Leistungen der Eingliederungshilfe, Pflegeversicherung, Krankenversicherung, Opferentschädigungsgesetz, Behinderungen und Erkrankungen, Frühförderung und Therapiekonzepte, Rehahilfsmittelversorgung, Selbsthilfevereinigungen, heilpädagogische Einrichtungen, Sterbebegleitung und Trauerarbeit etc..
Ideal wäre ein multidisziplinäres Team, bzw. die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Experten wie Medizinern, Pflegefachkräften, Heilpädagogen, Rehafachberatern, Psychologen, Therapeuten, Juristen, Trauerberatern etc. So kann sichergestellt werden, dass betroffene Familien, die für ihre individuelle Situation fachspezifische Beratung erhalten.
Fachberater für die Begleitung von Pflegefamilien mit behinderten Kindern müssen nicht in jedem Bereich Experte sein. Aber sie müssen über ein umfangreiches Grundwissen verfügen, um im Einzelfall erkennen zu können, welche speziellen Experten in die Beratung einbezogen werden sollten.
Die individuelle Begleitung von Pflegefamilien mit behinderten Kindern erfordert eine hohe Fachkompetenz und Spezialwissen der zuständigen FachberaterInnen.

Ausblick

Damit auch in Deutschland die Forderungen der UN-BRK erfolgreich umgesetzt werden können und alle Kinder mit Behinderungen, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie leben können, die Chance erhalten, in einem familiären Umfeld aufzuwachsen, ist es notwendig, dass bundesweit flächendeckend Fachdienste für Pflegekinder mit Behinderungen vorgehalten werden.

Um ausreichend Pflegepersonen für diese Aufgabe zu gewinnen, ist es weiterhin erforderlich, dass diese bei Aufnahme eines Kindes mit Behinderung ausreichend bedarfsgerechte Unterstützungen und Hilfen sowie eine optimale Beratung und Begleitung durch eine speziell hierfür qualifizierte Fachkraft erhalten.

Voraussetzung dafür, dass dies gelingen kann, ist die Schaffung einer gesicherten gesetzlichen Grundlage durch den Gesetzgeber sowie der Erlass von Ausführungsbestimmungen zu bundeseinheitlichen Standards hinsichtlich der fachlichen sowie finanziellen Ausgestaltung des Hilfeangebotes. Bis dies jedoch realisiert sein wird, ist es Aufgabe der Fachdienste, sich in jedem Einzelfall für ausreichende Hilfen und Unterstützungen einzusetzen, diese notfalls mit Hilfe von Fachanwälten einzuklagen oder mit Hilfe von Stiftungen zu finanzieren.

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Schulbegleitung als Beitrag zur Inklusion

Diese Publikation zur Schulbegleitung ist eine überarbeitete und rechtlich aktualisierte Fassung der ersten Ausgabe aus 2016. In die Überarbeitung eingeflossen sind wesentliche Elemente aus dem gültigen Bundesteilhabegesetz (BTHG) sowie der Reform des SGB VIII.
Gutachten

Betreuung von Kindern mit Behinderungen in Pflegefamilien

Gutachten des Deutschen Vereins vom 2. Okt. 2013 zur Bedeutung und zu einzelnen Rechtsfragen zu § 54 Abs. 3 SGB XII und § 10 Absatz 4 SGB VIII
Arbeitspapier

Schule - und dann?

Lebenshilfe e.V. hat ein Informationspapier erarbeitet, in dem Möglichkeiten nach der Schule für Jugendliche mit Behinderung im Rahmen einer bundesweite Übersicht vorgestellt werden.
Fachartikel

Pflegekinder und Inklusion

Heterogenitätsmerkmale und Bildungschancen von Pflegekindern Im Pflegekinderwesen in Deutschland werden die Erfolge, Misserfolge und die besonderen Probleme von Pflegekindern im Bildungssystem bemerkenswert wenig diskutiert. Der Autor hat sich dieses Themas angenommen.
Fachartikel

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Inklusion in der Pflegekinderhilfe? Pflegeverhältnisse für Kinder mit Behinderung

Dieser Artikel befasst sich mit Anforderungen an Pflegeverhältnisse in denen Kinder mit einer Behinderung leben. Dafür werden Untersuchungsergebnisse vorgestellt und Konsequenzen für begleitende Soziale Dienste vorgeschlagen. Abschließend werden Chancen und Grenzen von Inklusion in der Pflegekinderhilfe diskutiert.
Positionspapier

Inklusion gestalten! Wie inklusive Hilfen zur Erziehung möglich werden können

Ein Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ. Seit mehr als 10 Jahren ist die VN-Behindertenrechtskonvention (VN-BRK) in Kraft. Sie verpflichtet Deutschland, sein bestehendes Hilfesystem, dessen strukturelle Barrieren und Exklusionswirkungen zu überprüfen und neu zu gestalten, so dass gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen möglich wird. Die AGJ begrüßt daher ausdrücklich die Reform des SGB VIII und die damit verbundene Zielsetzung, die Kinder- und Jugendhilfe zu einem inklusiven Leistungssystem weiterzuentwickeln und die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft für alle jungen Menschen zu sichern.
Fachartikel

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Der Hydrocephalus

Der Hydrocephalus (früher bekannt als „Wasserkopf“) ist eine komplexe Erkrankung die sowohl connatal (angeboren) wie auch im späteren Lebensalter erworben sein kann. Die möglichen Ursachen sind vielfältig
Gerichtsbeschluss erklärt

Betreuung junger Volljähriger in einer Pflegefamilie

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat in einem Beschluss vom Mai 2014 die Zuständigkeit der Jugendhilfe im Rahmen der Hilfe für junge Volljährige auch für einen schwer behinderten jungen Menschen bestätigt.
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FASD und Schlaf

Das Fachzentrum für Pflegekinder mit FASD Köln informiert in einem Fachbeitrag von Prof. Bernhard Schlüter über die häufig kräftezehrenden, FASD-bedingten Symptome der Schlafstörungen.
Stellungnahme

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„Große Lösung“ und Inklusion – eine Stellungnahme der Erziehungshilfefachverbände IGfH und AFET - Rückmeldungen

Ausgehend von der Stellungnahme der IGfH und des AFET wurden Fachleute von anderen Verbänden um Kommentierung und um ein Statement gebeten.