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Pflegegeld der Vollzeitpflege und Wohngeld
Themen:
im April 2021 hat die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter die ersten „Gemeinsamen Empfehlungen zur Kostenbeteiligung nach dem SGB VIII, Heranziehung zu den Kosten nach §§ 91 ff. SGB VIII“ vorgelegt.
Die BAG schrieb dazu:
Damit wurde erstmalig ein Werk geschaffen, das die sich im Einzelnen teilweise unterscheidenden Empfehlungen bzw. Richtlinien ablöst, so dass bundesweit eine einheitliche Arbeitsgrundlage für die Kostenheranziehung vorhanden ist.
Bei der Erarbeitung dieser gemeinsamen Empfehlungen wurde auf eine Orientierung an den Arbeitsprozessen geachtet, um die Sachbearbeitung in der Kostenheranziehung zu unterstützen.
Die gemeinsamen Empfehlungen ersetzen aber keine Schulung für Verwaltungshandeln bzw. über grundsätzliche Zusammenhänge sowohl in der Jugendhilfe als auch in der Kostenbeteiligung nach dem SGB VIII.
Soweit möglich wurden unterschiedliche Auffassungen in intensiven Diskussionen geklärt, ggf.hat man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigt. In den einzelnen Bundesländern oder Kommunen anderslautende Sichtweisen bzw. vorliegende rechtsgültige Urteile, die von den Empfehlungen abweichen, sind entsprechend in den betroffenen Ländern bzw. Kommunen zu berücksichtigen, ggf. sind hierzu entsprechende ergänzende Hinweise der Jugend- bzw. Landesjugendämter sinnvoll.
Inhalte der BAG-Empfehlung in Bezug zum Wohngeld
Abschnitt 7 (ab Seite 21)
§ 93 Absatz 1 SGB VIII - Einkommensberechnung, zweckgleiche und zweckbestimmte Leistungen
7.1 Einkunftsarten
Nicht zum Einkommen des Kostenbeitragspflichtigen gehören:
Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich bestimmten Zweck erbracht werden (siehe 7.3):
- Wohngeld
- Blindengeld
- Leistungen zur Bildung- und Teilhabe ("Bildungs- und Teilhabepaket")
- etc.
7.2 Zweckgleiche Leistungen
Zweckgleiche Leistungen, die für den untergebrachten jungen Menschen oder Leistungsberechtigtem nach § 19 SGB VIII gewährt werden, sind kein Einkommen, sondern unabhängig von einem Kostenbeitrag einzusetzen.
Grundsätzlich ist die untergebrachte Person verpflichtet, diese Leistungen an den Jugendhilfeträger abzuführen. Kommt sie dieser Pflicht nicht nach, kann bei Sozialleistungen nach § 104 SGB X ein Erstattungsanspruch bei der zuständigen Leistungsbehörde angemeldet werden. Privatrechtliche Ansprüche sind nach § 95 SGB VIII auf den Jugendhilfeträger überzuleiten.
Zu den zweckgleichen Leistungen gehören u.a.
- Leistungen nach dem BAföG
- Leistungen nach dem BAB
- Ausbildungsgeld
- Halb- und Vollwaisenrenten, ausgenommen geschützte Waisenrenten nach dem OEG und BVG
- Betriebs- und Privatrenten
- Beihilfeansprüche
7.3 Zweckbestimmte Leistungen
Zweckbestimmte Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschrift zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen und nicht in Anspruch zu nehmen.
Das Wort „Zweck“ muss in der öffentlich-rechtlichen Vorschrift nicht selbst vorkommen.
Zu den zweckbestimmten Leistungen gehören u.a.
- Wohngeld
- Blindengeld
- Leistungen zur Bildung- und Teilhabe ("Bildungs- und Teilhabepaket")
- Hilfen in besonderen Lebenslagen nach dem SGB XII
- Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII
Anrechnung von Teilen des Pflegegeldes
Wohngeld wird nur dann gewährt, wenn eine bestimmte Einkommensgrenze nicht überschritten wird. Die maßgebliche Einkommensgrenze kann unterschiedlich hoch sein, da sie abhängig ist von der Anzahl der zu berücksichtigenden Mitglieder des Haushaltes, für den Wohngeld beantragt wird. Das Wohngeldgesetz (WOGG) legt genau dar, wer zu diesen zu berücksichtigenden Mitgliedern des Haushaltes gehört und wie sich das Jahreseinkommen berechnet.
§ 5 WOGG - Haushaltsmitglieder
Haushaltsmitglied ist die wohngeldberechtigte Person, wenn der Wohnraum, für den sie Wohngeld beantragt, der Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen ist.
Haushaltsmitglied ist auch, wer
- 5. ohne Rücksicht auf das Alter Pflegekind eines Haushaltsmitgliedes ist,
- 6. Pflegemutter oder Pflegevater eines Haushaltsmitgliedes ist
§ 14 WOGG - Jahreseinkommen
Zum Jahreseinkommen gehören
- 24. die Hälfte der Pauschale für die laufenden Leistungen für den notwendigen Unterhalt ohne die Kosten der Erziehung von Kindern, Jugendlichen oder jungen Volljährigen nach § 39 Abs. 1 in Verbindung mit § 33 oder mit § 35a Abs. 2 Nr. 3, auch in Verbindung mit § 41 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, als Einkommen des Kindes, Jugendlichen oder jungen Volljährigen;
- 25. die Hälfte der Pauschale für die laufenden Leistungen für die Kosten der Erziehung von Kindern, Jugendlichen oder jungen Volljährigen nach § 39 Abs. 1 in Verbindung mit § 33 oder mit § 35a Abs. 2 Nr. 3, auch in Verbindung mit § 41 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, als Einkommen der Pflegeperson;
Ergebnis des Wohngeldgesetzes und der Empfehlungen des BAG LJÄ
Wie aus diesem § 14 zu ersehen ist, wird das Pflegegeld der Vollzeitpflege als Familieneinkommen angerechnet – 50 % der materiellen Kosten als Einkommen des Pflegekindes, 50 % der Erziehungskosten als Einkommen der Pflegeeltern. Das Pflegegeld wird somit erheblich in das Gesamteinkommen der Familie mit einbezogen und wird sehr häufig dazu führen, dass die Pflegefamilie aus diesem Grunde entweder kein Anspruch auf Wohngeld hat oder sich der Anspruch entsprechend deutlich verringern wird.
Aufgrund der dargelegten Vorschriften, dass das Pflegegeld SGB VIII schon hälftig beim Einkommen der Pflegefamilie angerechnet wird und dass das Wohngeld nicht eine zweckgleiche sondern eine zweckbestimmte Zahlung ist, ist eine mögliche Anrechnung von Wohngeld auf das Pflegegeld unrichtig.