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18.11.2013
Fachartikel

Dokumentation und Beratung - jetzt hervorgehoben durch gesetzliche Verbesserungen

Seit einer Gesetzesänderung ist eine umfassende und deutliche Dokumentation erforderlich. Eine eventuelle Änderung des Hilfeplanes kann nur bei einer Änderung des Hilfebedarfs möglich sein. Eine gute Dokumentation des Bedarfes ist also ein Grundpfeiler der Hilfeplanung. Auch diese vom Jugendamt geleisteten Beratungen sollten in der Hilfeplanung dokumentiert werden, besonders dann, wenn ein Wechsel zu einem anderen Jugendamt ansteht.

Themen:

Es entstand eine Liaison von Experten, Fachkräften, Institutionen und Pflegeelternverbänden, die diese Veränderungsmöglichkeiten eines neu zuständigen Jugendamtes massiv in Frage stellten und eine gesetzliche Änderung für unerlässlich hielten. Durch das Bundeskinderschutzgesetz, welches am 1.Jan. 2012 in Kraft trat, wurden Verbesserungen in diesem Bereich eingeführt.

So wurde eine ‚Fortdauernde Leistungsverpflichtung und Fallübergabe bei Zuständigkeitswechsel‘ und ein ‚Bedarfsschutz‘ im Hilfeplanverfahren durch das Bundeskinderschutzgesetz möglich.

Nachfolgend finden Sie eine ausführliche Betrachtung der Änderungen:

§ 37 SGB VIII – Zusammenarbeit bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie

Bisherige Fassung:

(1) ...

(2) Die Pflegeperson hat vor der Aufnahme des Kindes oder des Jugendlichen und während der Dauer der Pflege Anspruch auf Beratung und Unterstützung; dies gilt auch in den Fällen, in denen dem Kind oder dem Jugendlichen weder Hilfe zur Erziehung noch Eingliederungshilfe gewährt wird oder die Pflegeperson der Erlaubnis nach § 44 nicht bedarf. § 23 Abs. 4 gilt entsprechend.

Neue Fassung (völlig neu hinzugekommen ist der Absatz 2a)

(1) ...

(2) Die Pflegeperson hat vor der Aufnahme des Kindes oder Jugendlichen und während der Dauer des Pflegeverhältnisses Anspruch auf Beratung und Unterstützung; dies gilt auch in den Fällen, in denen für das Kind oder den Jugendlichen weder Hilfe zur Erziehung noch Eingliederungshilfe gewährt wird oder die Pflegeperson nicht der Erlaubnis zur Vollzeitpflege nach § 44 bedarf. Lebt das Kind oder der Jugendliche bei einer Pflegeperson außerhalb des Bereichs des zuständigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, so sind ortsnahe Beratung und Unterstützung sicherzustellen. Der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat die aufgewendeten Kosten einschließlich der Verwaltungskosten auch in den Fällen zu erstatten, in denen die Beratung und Unterstützung im Wege der Amtshilfe geleistet wird. § 23 Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) (2a) Die Art und Weise der Zusammenarbeit sowie die damit im Einzelfall verbundenen Ziele sind im Hilfeplan zu dokumentieren. Bei Hilfen nach den §§ 33, 35a Absatz 2 Nummer 3 und 41 zählen dazu auch der vereinbarte Umfang der Beratung der Pflegeperson sowie die Höhe der laufenden Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen. Eine Abweichung von den dort getroffenen Feststellungen ist nur bei einer Änderung des Hilfebedarfs und entsprechender Änderung des Hilfeplans zulässig.

Diese Ergänzung des Gesetzes hat deutliche Auswirkungen auf die Hilfeplanung, denn es heißt jetzt:

"Die Art und Weise der Zusammenarbeit sowie die damit im Einzelfall verbundenen Ziele sind im Hilfeplan zu dokumentieren."

Dokumentation im Hilfeplan

Nun ist also eine umfassende und deutliche Dokumentation erforderlich. Die Fortführung der Hilfe bezieht sich nur auf diese im Hilfeplan dokumentierten Feststellungen, die den Bedarf des Kindes und der Pflegeeltern beinhalten. Eine eventuelle Änderung des Hilfeplanes kann nur bei einer Änderung des Hilfebedarfs möglich sein. Eine gute Dokumentation des Bedarfes ist also ein Grundpfeiler der Hilfeplanung.

Diana Eschelbach schreibt dazu in der Dokumentation: ‘Lotsen im Übergang‘ der Arbeitsgruppe Fachtagungen Jugendhilfe:

Hiermit (mit dem § 37 2a) ist eine Chance für die Kontinuitätssicherung gegeben. Die Regelung wirkt sich in der Praxis folgendermaßen aus:
Modalitäten der Betreuung der Pflegefamilie und der Hilfen für die Herkunftseltern müssen im Hilfeplan dokumentiert sei, d.h. es besteht ein Schriftformerfordernis. Damit wird eine höhere Transparenz über die Leistungen und die Höhe des Pflegegeldes hergestellt.
Es wird allerdings auch zurückgemeldet, dass es für die Jugendämter u.U. schwierig ist, wenn alle am Hilfeplan Beteiligten, auch die Herkunftseltern, über die gewährten Gelder und Hilfen informiert werden. Einige Herkunftseltern fühlen sich mitunter ungerecht behandelt. Daraus ergibt sich ein weiterer fachlicher Diskussionsbedarf.

Eine Abweichung von den dokumentierten Modalitäten ist nur bei einer Änderung des Hilfebedarfs möglich, nicht einfach durch den Zuständigkeitswechsel nach zwei Jahren.
Das bedeutet im Einzelnen:
Pflicht zur Übernahme von Verträgen mit freien Trägern
Ohne Bedarfsänderung keine Beschränkung der Leistungen für Pflegeeltern
Zahlung von erhöhten Pflegegeldern bei besonderen Bedarfen nach Einschätzung des belegenden Jugendamtes; auch bei Verstoß gegen § 39 Abs. 4 S. 5 SGB VIII, wenn der Bescheid seit zwei Jahren Bestand hat.

§ 86 c SGB VIII

Alte Regelung

§ 86c Fortdauernde Leistungsverpflichtung beim Zuständigkeitswechsel

(1) Wechselt die örtliche Zuständigkeit, so bleibt der bisher zuständige örtliche Träger so lange zur Gewährung der Leistung verpflichtet, bis der nunmehr zuständige örtliche Träger die Leistung fortsetzt. Der örtliche Träger, der von den Umständen Kenntnis erhält, die den Wechsel der Zuständigkeit begründen, hat den anderen davon unverzüglich zu unterrichten.

Neue Regelung

§ 86c Fortdauernde Leistungsverpflichtung und Fallübergabe bei Zuständigkeitswechsel

(1) Wechselt die örtliche Zuständigkeit für eine Leistung, so bleibt der bisher zuständige örtliche Träger so lange zur Gewährung der Leistung verpflichtet, bis der nunmehr zuständige örtliche Träger die Leistung fortsetzt. Dieser hat dafür Sorge zu tragen, dass der Hilfeprozess und die im Rahmen der Hilfeplanung vereinbarten Hilfeziele durch den Zuständigkeitswechsel nicht gefährdet werden.

(2) Der örtliche Träger, der von den Umständen Kenntnis erhält, die den Wechsel der Zuständigkeit begründen, hat den anderen davon unverzüglich zu unterrichten. Der bisher zuständige örtliche Träger hat dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger unverzüglich die für die Hilfegewährung sowie den Zuständigkeitswechsel maßgeblichen Sozialdaten zu übermitteln. Bei der Fortsetzung von Leistungen, die der Hilfeplanung nach § 36 Absatz 2 unterliegen, ist die Fallverantwortung im Rahmen eines Gespräches zu übergeben. Die Personensorgeberechtigten und das Kind oder der Jugendliche sowie der junge Volljährige oder der Leistungsberechtigte nach § 19 sind an der Übergabe angemessen zu beteiligen.

Bei einem Wechsel des zuständigen Jugendamtes hat das neu zuständige Jugendamt nun dafür Sorge zu tragen hat, dass der Hilfeprozess und die im Rahmen der Hilfeplanung vereinbarten Hilfeziele durch den Zuständigkeitswechsel nicht gefährdet werden und dass die Übergabe der Fallverantwortung in einem Gespräch zu erfolgen hat. Es reicht also nicht mehr, nur die Akten von hier nach dort zu schicken, sondern es hat ein Übergabegespräch stattzufinden, an dem alle Beteiligten angemessen zu beteiligen sind.

Umfang der Beratung für die Pflegepersonen

Die Beratung der Pflegeperson besteht bei vielen Jugendämtern und bei den Freien Trägern nicht nur in Gesprächen und Besuchen bei den Pflegeeltern, sondern auch in zusätzlichen Leistungen, die den Bedarf der Pflegefamilie decken sollen. Zufriedene Pflegeeltern schildern, dass gerade dieses ‚Drumherum‘ ihnen sehr wichtig ist z.B. : Gruppenangebote, Supervision, Fortbildungen, Wochenend-Seminare, Freizeiten für die Kinder mit den Betreuern, Entlastungsmöglichkeiten für die Pflegeeltern etc. etc.

Auch diese Leistungen sollten in der Hilfeplanung dokumentiert werden, besonders dann, wenn ein Wechsel zu einem anderen Jugendamt ansteht. Hat das bisherige Jugendamt diese Leistungen als Beratungsleistung an die Pflegeeltern dokumentiert, kann das neue Jugendamt dieses nicht ignorieren. Wenn Pflegeeltern diese bisherigen Leistungen weiterhin als ihren Bedarf kund tun und deutlich machen, wie wichtig ihnen dies ist, dann hat das Jugendamt sich um die Weiterführung dieser Hilfen zu kümmern, da ansonsten ‘der Hilfeprozess und die im Rahmen der Hilfeplanung vereinbarten Hilfeziele durch den Zuständigkeitswechsel gefährdet werden könnte‘.

Freie Träger

In der Pflegekinderhilfe sind Freie Träger der Jugendhilfe (z.B. SKF, Caritas, Diakonie, AWO, Erziehungsstellenvereine etc.) im Rahmen der Beratung und Betreuung der Pflegefamilie und manchmal auch der Herkunftsfamilie tätig.

Diese Träger werden vom Jugendamt mit diesen Aufgaben betreut. Vorbereitung, Beratung und Betreuung kann vom Jugendamt delegiert werden, nicht jedoch die eigentliche Hilfeplanung. So hat bei Hilfeplangesprächen das Jugendamt weiterhin die organisatorische und fachliche Verantwortung.

Der freie Träger ist ein Dienst oder eine Einrichtung, die in diesem Bereich tätig wird und aus diesem Grund an der Hilfeplanung zu beteiligen ist. Daher nimmt die Fachkraft eines freien Trägers, der eine Pflegefamilie betreut, ebenfalls an den Hilfeplangesprächen teil. Zur Vorbereitung des Gespräches wird die betreuende Fachkraft des Trägers mit der Pflegefamilie und dem Pflegekind/Jugendlichen sprechen und dem Jugendamt ihre Arbeit in der Pflegefamilie beschreiben. Die Fachkräfte des Trägers müssen darauf achten, dass sie den Anspruch auf Datenschutz der Pflegefamilie wahren.

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