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13.07.2013
Fachartikel

Begleitete Besuchskontakte

In der Gratwanderung der Umgangsregelung wird eine große Möglichkeit und Hilfe in der Begleitung der Besuchskontakte gesehen. Einerseits werden solche Besuchskontaktbegleitungen von Gerichten angeordnet (§ 1684 Abs. 4), andererseits veranlasst auch das Jugendamt direkt eine Begleitung der Kontakte.

In der Gratwanderung der Umgangsregelung wird eine große Möglichkeit und Hilfe in der Begleitung der Besuchskontakte gesehen. Einerseits werden solche Besuchskontaktbegleitungen von Gerichten angeordnet (§ 1684 Abs. 4), andererseits veranlasst auch das Jugendamt direkt eine Begleitung der Kontakte.

Die Klärung, Ermöglichung und auch Begleitung von Kontakten kann auch durch den vom Gericht eingesetzten Umgangspfleger erfolgen.
Eine Begleitung der Kontakte bedeutet immer eine Begleitung durch eine Fachkraft, die schützend und regulierend die Kontakte beachten und lenken soll.

Wenn Pflegemutter oder Pflegevater beim Kontakt anwesend sind, so gilt dies im fachlichen Verständnis nicht als Besuchskontaktbegleitung, sondern als Beruhigungs- und Schutzfaktor für das Pflegekind durch eine ihm eng vertraute Person.

Position und Aufgabe des Besuchskontaktbegleiters

Begleitung von Besuchskontakten wird dann angedacht, wenn eine Beeinträchtigung des Kindes durch Besuchskontakte nicht ganz von der Hand zu weisen ist und wenn angenommen wird, dass der Kontakt aufgrund bestehender Spannungen ohne Begleitung nicht störungsfrei verlaufen würde.

Spannungen können bei allen Beteiligten auftreten:

  • bei Sozialarbeitern (besonders bei gerichtlich angeordneten Kontakten gegen die Vorstellung der Fachkraft),
  • bei Pflegeeltern (bei von ihnen als erzwungen erlebten Kontakten, oder bei Kontakten, die sie als „übergriffig „ erleben)
  • bei Herkunftseltern - Herkunftsfamilie( sie verstehen das ganze Getue nicht)
  • bei Kindern ( wenn sie sich gezwungen fühlen oder Loyalitätskonflikte haben).

Die Begleitung des Besuchskontaktes soll einen störungsfreieren Umgang ermöglichen und dadurch Schädigungen für das Kind verhindern. Im Leben eines Pflegekindes sind Klarheit und Sicherheit seiner Lebenssituation von großer Bedeutung. Um ein Pflegekind herum gibt es immer ein Netzwerk verschiedener erwachsener Beteiligter. In Konfliktsituationen vergrößert sich dieses Netzwerk noch durch Helfer, die diesen Konflikt entschärfen sollen z.B. auch durch die Begleiter von Besuchskontakten. Je mehr Menschen an einer Sache arbeiten, desto unübersichtlicher und unklarer kann das gemeinsame Tun werden. Hier muss immer wieder an der notwendigen Sicherheit und Klarheit gearbeitet werden.

Der Besuchskontaktbegleiter im Netzwerk der Beteiligten

Die Begleiterin muss deutlich ihren Auftrag kennen

Sie muss diesen Auftrag den anderen Beteiligten vermitteln können. Dieser Auftrag muss von den Herkunftseltern, den Pflegeeltern und den Sozialarbeitern mit vereinbart worden sein und mit getragen werden können - (Vereinbarungen schriftlich, eventuell im Hilfeplan-Verfahren mit allen Beteiligten ausgehandelt.)

Der Auftrag muss auch die Vor- und Nachbereitung der Kontakte umfassen.

Der Begleiter muss die Sicherheit des Kindes gewähren können.

Dazu gehört

  • dass er sich selbst sicher fühlen kann.
  • dass das Kind durch die Besuchskontakte nicht seine Sicherheit verliert oder retraumatisiert wird.

Der Begleiter muss klare Bedingungen erarbeiten und auf deren Einhaltung bestehen:

Besprochen und miteinander vereinbart werden müssen:

  • wo: Räumlichkeit,
  • wie lange: Zeitumfang,
  • wer ist dabei oder kann mitkommen,
  • was passiert wenn z.B.-
  • Mutter 20 Minuten nach Kontaktbeginn noch nicht da ist,
  • Kind zuhause bei den Pflegeeltern nicht mitkommen will
  • Kind während des Kontaktes gehen möchte
  • Etc.
  • wer kann in diesen Situationen welche Entscheidungen treffen?
  • wann und mit wem sind Veränderungen, Einschätzungen, Nichteinhalten der Vereinbarungen zu besprechen?

Die Besuchskontaktbegleiterin muss das Vertrauen der beteiligten Personen und natürlich des Kindes gewinnen.

Es ist auch ihre Aufgabe, zu sehen und von den Pflegeeltern zu erfahren, wie die Kontakte vom Kind verarbeitet und verkraftet werden.

Aus meiner Sicht gehört es auch zur Aufgabe des Besuchskontaktbegleiters Besuchskontakte notfalls abzubrechen oder/und dem Gericht und Jugendamt mitzuteilen, dass die Besuchskontakte für dieses Kind aus Sicht des Begleiters eine Kindeswohlgefährdung bedeuten.

Die Begleitung von Besuchskontakten beruhigt normalerweise die Situation und ermöglicht dadurch die Kontakte überhaupt. Meist wird die Begleitung als vorübergehende Hilfe angesehen, mit dem Ziel, dass die Kontakte nach mehrmaliger Begleitung auch ohne diese Hilfe stattfinden können. Bei Pflegekindern gibt es jedoch häufig sehr langfristige und immer wieder von Störungen und Schwierigkeiten unterbrochene Besuchskontakte.

Für die Begleiter von Kontakten mit Pflegekindern ist es absolut notwendig, dass sie die reale Lebenssituation des Kindes verstehen und akzeptieren.

Es ist unumgänglich, dass sie dem Kind signalisiert, dass sie es verstehen und dass sie sich an ihm und seinen Bedürfnissen orientieren werden. Ein Kind, welches dauerhaft in einer Pflegefamilie lebt, seine Pflegeeltern als Mama und Papa (emotionale, faktische Eltern) ansieht, kann durchaus, wenn es keine traumatisierenden Erfahrungen gemacht hat, Kontakt zu seinen leiblichen Eltern haben. Kontakte müssen sich dem Ziel der Unterbringung unterordnen. Heißt das Ziel Dauerhaftigkeit und enge neue Eltern-Kind-Bindung des Kindes an seine Pflegeeltern, dann müssen Art und Weise der Kontakte davon mit bestimmt werden. Die Begleiterin muss dieses Ziel mit tragen und darf durch ihre Tätigkeit das Kind in seiner schwer genug erworbenen emotionalen Zugehörigkeit nicht verwirren. Es ist wichtig, dass sie das KIND sieht, SEINE Lebensperspektive, SEINE Sicht der Dinge und mit diesem Wissen den Kontakt begleitet.

Der Kontakt dieses Pflegekindes zu seinen leiblichen Eltern dient im überwiegenden Maße nicht der Erhaltung oder Erstellung engster Eltern-Kind-Beziehungen, sondern der Möglichkeit des Kindes, über seine Herkunft und seine Identität zu erfahren. Der Kontakt kann oft auch der Beruhigung des Pflegekindes dienen – wenn es z.B. sieht, dass es seinen Eltern nicht so schlecht geht und dass es sich nicht (mehr) um sie sorgen muss.

Traumatisierte Kinder können jedoch durch Besuchkontakte der Eltern wieder in ihr altes Trauma zurückversetzt werden. Sie erleben nochmals die erlittenen Schmerzen und die gefühlte Verzweiflung, die sie damals empfunden haben, als sie nicht versorgt, nicht beachtet, vielleicht misshandelt oder missbraucht wurden. Traumatisierte Pflegekinder dürfen nur dann Kontakte haben, wenn sie ihr Trauma verarbeitet haben und diese Kontakte angstfrei wollen.

Besuchskontakte von Pflegekindern beinhaltet immer mehr, als nur „Eltern sehen oder nicht sehen“. Sie bedeuten auch das Aufleben und häufig die Konfrontation mit den schweren Lebenserfahrungen des Kindes und seiner Eltern.

Klare Absprachen zwischen Jugendamt, Helfern und Besuchskontaktbegleiterin

Der Auftrag der Begleiterin besteht in der Begleitung der Kontakte zum Schutz des Kindes und der sich aus diesem Auftrag ergebenden Vor- und Nachbereitungen. Nicht weniger aber auch nicht mehr. Die Besuchskontaktbegleiterin hat einen eigenständigen, klar zu umreißenden Auftrag. Abgrenzungen sind hier notwendig, besonders gegenüber den Aufgaben von Helfern und Jugendamtsmitarbeitern.

Die Besuchskontaktbegleiterin ist NUR ihrer Aufgabe verpflichtet. Sie muss sehr darauf achten, nicht vereinnahmt zu werden und mal eben einzuspringen, wenn es irgendwo mangelt.

So ist es aus meiner Sicht nicht ihre Aufgabe, Anteile der Beratung und Betreuung der Ursprungsfamilie oder Pflegefamilie und Kind zu übernehmen. Es ist nicht ihre Aufgabe, jugendamtliche Entscheidungen vorzubereiten, abzusegnen oder mit zu treffen. Natürlich wird von ihr eine Beschreibung und fachliche Einschätzung der Besuchskontakte erwartet – nicht weniger, aber auch hier nicht mehr. In diesem konflikthaften Arbeitsfeld kann man schnell „unter die Räder geraten“ und es allen recht machen wollen.

Es ist daher notwendig, dass die Besuchskontaktbegleiterin in einem beruflichen Umfeld arbeitet, in der ihr durch Supervision die Möglichkeit gegeben wird, sich und ihre Aufgabe zu beleuchten und zu hinterfragen.

Ist sie klar und deutlich in ihrer Aufgabe und kann sie sich abgrenzen, dann wird sie sich in ihrem Auftrag sicher fühlen und wird diese Sicherheit dem Kind als Schutz und den Erwachsenen als Hilfe und Stütze in die Besuchskontakte einbringen können.

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