Sie sind hier

18.01.2023
Fachartikel

Auswahl und Bestellung eines Vormundes

Die Auswahl und Bestellung eines Vormundes erfolgt durch das Familiengericht. Das Gericht hat den Vormund auszuwählen, der am besten geeignet ist.

Die Aufgabe des Sorgeberechtigten besteht darin, im besten Interesse des Kindes zu handeln. Wenn dieses beste Interesse des Kindes von den Eltern nicht mehr gewährleistet werden kann, wird ein Vormund oder Pfleger an die Stelle der Eltern vom Familiengericht bestellt. Damit ein Minderjähriger ein Mündel wird, müssen demnach bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • der Minderjährige steht nicht mehr unter elterlicher Sorge
  • seine Eltern sind nicht berechtigt, ihn in seinen Sorgerechtsangelegenheiten zu vertreten
  • sein Familienstand ist nicht zu ermitteln
  • wenn ein Kind schon ab seiner Geburt einen Vormund benötigt, kann dieser schon vor der Geburt des Kindes bestellt werden und tritt seine Aufgabe bei der Geburt des Kindes an.
Zum Vormund kann bestellt werden
  • eine Person, die die Aufgabe ehrenamtlich führt
  • eine Person, die beruflich die Vormundschaft führt
  • ein Mitarbeiter eines Vormundvereins
  • das Jugendamt. Das Jugendamt übernimmt als Amt diese Aufgabe und übergibt sie einzelnen Mitarbeitern. 

Das Gesetz sieht auch die Möglichkeit vor, Ehegatten gemeinsam zu Vormündern zu bestellten. Dies gilt natürlich im besonderen Maßen für Pflegeeltern, die als ehrenamtliche Vormünder tätig sein wollen. Die Bedingung dazu besteht jedoch darin, dass die Pflegeeltern miteinander verheiratet sein müssen. 

Wenn nicht besondere Gründe vorliegen, soll für Geschwister möglichst ein gemeinsamer Vormund bestellt werden. 

Auswahl des Vormundes

In der Praxis wird das Jugendamt dem Gericht einen aus seiner Sicht geeigneten Vormund vorschlagen. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, dass die Eltern einen Vormund benennen oder dass eine Person, die ein berechtigtes Interesse an dem Kind hat, sich als ehrenamtlicher Einzelvormund zur Verfügung stellt. 

Ein ehrenamtlicher Vormund soll vorrangig benannt werden. Er/Sie müssen dazu entsprechende Voraussetzungen mitbringen. Sie müssen über Kenntnisse und Fähigkeiten zur Zusammenarbeit verfügen und persönlich und aufgrund ihrer Vermögenslage geeignet sein. Ein Vormund muss sich in der Lage sehen, das beste Interesse seines Mündels vertreten zu können und hat dabei besonders die Lebenslage, den Willen und die Bedürfnisse des Kindes oder Jugendlichen zu beachten. Ein Vormund ist nur seinem Mündel verpflichtet und muss unabhängig entscheiden können. 

Aus diesem Grund sind Personen, die zu einer Einrichtung, in der das Kind lebt, in einem Abhängikgkeits- oder engen Beziehung tätig sind, von der Führung einer Vormundschaft ausgeschlossen. Dieser Ausschlussgrund trifft wohl auch auf die Pflegepersonen zu, die zwar ein Kind in ihrer Familie aufgenommen haben, aber einen Arbeitsvertrag in Form von Honorar oder Anstellung zu diesem Zwecke mit einem Träger geschlossen haben. 

Bei einem Berufs- oder Vereinsvormund sind vom Gericht dessen bereits geführte Vormundschaften oder Pflegschaften zu berücksichtigen, so dass eine weitere Vormundschaft nicht durch Überbelastung Schaden nehmen könnte.

Entlassung des Vormundes

Das Familiengericht muss aus verschiedenen Gründen den Vormund aus seinem Amt entlassen. Der wichtigste Grund für eine Entlastung besteht darin, wenn der Vormund seine Pflichten verletzt und dadurch das Wohl des Mündels gefährden würde. Weiterhin kann ein Amts-, Vereins- oder Berufsvormund entlassen werden, wenn sich eine geeignete Person findet, die die Vormundschaft ehrenamtlich führen würde und die Entlassung des bisherigen Vormundes dem Wohl seines Mündels nicht widerspricht. Ein Vereinsvormund wird vom Familiengericht entlassen, wenn sein Arbeitsverhältnis mit dem Verein endet. 

§ 1773 Voraussetzungen der Vormundschaft; Bestellung des Vormunds

(1) Das Familiengericht hat die Vormundschaft für einen Minderjährigen anzuordnen und ihm einen Vormund zu bestellen, wenn

1. er nicht unter elterlicher Sorge steht,

2. seine Eltern nicht berechtigt sind, ihn in den seine Person und sein Vermögen betreffenden Angelegenheiten zu vertreten, oder

3. sein Familienstand nicht zu ermitteln ist.

(2) Ist anzunehmen, dass ein Kind mit seiner Geburt einen Vormund benötigt, so kann schon vor der Geburt des Kindes eine Vormundschaft angeordnet und ein Vormund bestellt werden. Die Bestellung wird mit der Geburt des Kindes wirksam.

§ 1775 Mehrere Vormünder

(1) Ehegatten können gemeinschaftlich zu Vormündern bestellt werden.

(2) Für Geschwister soll nur ein Vormund bestellt werden, es sei denn, es liegen besondere Gründe vor, jeweils einen Vormund für einzelne Geschwister zu bestellen.

§ 1778 Auswahl des Vormunds durch das Familiengericht

(1) Ist die Vormundschaft nicht einem nach § 1782 Benannten zu übertragen, hat das Familiengericht den Vormund auszuwählen, der am besten geeignet ist, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen.

(2) Bei der Auswahl sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. der Wille des Mündels, seine familiären Beziehungen, seine persönlichen Bindungen, sein religiöses Bekenntnis und sein kultureller Hintergrund,

2. der wirkliche oder mutmaßliche Wille der Eltern und

3. die Lebensumstände des Mündels.

§ 1779 Eignung der Person; Vorrang des ehrenamtlichen Vormunds

(1) Eine natürliche Person muss nach

1. ihren Kenntnissen und Erfahrungen,

2. ihren persönlichen Eigenschaften,

3. ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie

4. ihrer Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen

geeignet sein, die Vormundschaft so zu führen, wie es das Wohl des Mündels erfordert.

(2) Eine natürliche Person, die geeignet und bereit ist, die Vormundschaft ehrenamtlich zu führen, hat gegenüber den in § 1774 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 genannten Vormündern Vorrang. Von ihrer Eignung ist auch dann auszugehen, wenn ein zusätzlicher Pfleger nach § 1776 bestellt wird.

§ 1784 Ausschlussgründe

(1) Nicht zum Vormund bestellt werden kann, wer geschäftsunfähig ist.

(2) Nicht zum Vormund bestellt werden soll in der Regel eine Person,

1. die minderjährig ist,

2. für die ein Betreuer bestellt ist, sofern die Betreuung die für die Führung der Vormundschaft wesentlichen Angelegenheiten umfasst, oder für die ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 angeordnet ist,

3. die die Eltern gemäß § 1782 als Vormund ausgeschlossen haben, oder

4. die zu einer Einrichtung, in der der Mündel lebt, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung steht.

§ 1804 Entlassung des Vormunds

(1) Das Familiengericht hat den Vormund zu entlassen, wenn

1. die Fortführung des Amtes durch ihn, insbesondere wegen Verletzung seiner Pflichten, das Interesse oder Wohl des Mündels gefährden würde,

2. er als Vormund gemäß § 1774 Absatz 1 Nummer 2 bis 4 bestellt wurde und jetzt eine andere Person geeignet und bereit ist, die Vormundschaft ehrenamtlich zu führen, es sei denn, die Entlassung widerspricht dem Wohl des Mündels,

3. er als Vereinsvormund bestellt wurde und aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Verein ausscheidet,

4. nach seiner Bestellung Umstände bekannt werden oder eintreten, die seiner Bestellung gemäß § 1784 entgegenstehen oder

5. ein sonstiger wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt.

(2) Das Familiengericht hat den Vormund außerdem zu entlassen, wenn

1. nach dessen Bestellung Umstände eintreten, aufgrund derer ihm die Fortführung des Amtes nicht mehr zugemutet werden kann, und der Vormund seine Entlassung beantragt oder

2. er als Vereinsvormund bestellt wurde und der Verein seine Entlassung beantragt.

(3) Das Familiengericht soll auf Antrag den bisherigen Vormund entlassen, wenn der Wechsel des Vormunds dem Wohl des Mündels dient. Ein entgegenstehender Wille des Mündels und der Vorrang des ehrenamtlichen Vormunds sind zu berücksichtigen. Den Antrag nach Satz 1 können stellen:

1. der Vormund,

2. derjenige, der sich im Interesse des Mündels als neuer Vormund anbietet,

3. der Mündel, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, sowie

4. jeder andere, der ein berechtigtes Interesse des Mündels geltend macht. 

Das könnte Sie auch interessieren

Stellungnahme

von:

Stellungnahme zum Referentenentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Der Deutsche Verein hat in seiner Stellungnahme den Referentenentwurf in seiner Zielrichtung sowie überwiegend in seinen Reformvorschlägen unterstützt, denn die Rechte der betroffenen Menschen werden systematisch ausformuliert und zur Grundlage des gesamten Reformprozesses gemacht. Die Rolle des Ehrenamtes in Vormundschaft und Betreuung erfährt eine spürbare Stärkung und das gesamte Vormundschafts- und Betreuungsrecht wird neu geordnet und übersichtlich gegliedert. Zur Weiterentwicklung fordert der Deutsche Verein insbesondere die Förderung von Forschung und forschungsbasierten Praxisprojekten.
Fachartikel

von:

Möglichkeit der Antragstellung durch Pflegeeltern

Wenn ein Kind für längere Zeit in eine Pflegefamilie kommt, haben die Pflegeeltern gemäß § 1688 BGB die Alltagssorge und ein Recht auf Antragstellung sozialer Leistungen für ihr Pflegekind. Für Pflegeeltern, deren Pflegekind einen Vormund hat, gilt ab dem 1. Januar 2023 eine andere rechtliche Grundlage.
Arbeitspapier

ProReForm - Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Die Landschaftsverbände Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) haben die Arbeitshilfe "ProReForm - Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts: Neue Prozessbeschreibungen zur Aufgabenwahrung im Jugendamt" herausgegeben. Die Arbeitshilfe fasst die Ergebnisse eines Praxisprojektes der Landesjugendämter in NRW zusammen. Erstellt wurde sie unter Beteiligung der Jugendämter Bonn, Dortmund, Duisburg, Erkelenz, Schwerte, Kreis Siegen-Wittgenstein, Kreis Wesel.
Arbeitspapier

Für eine konsequente Stärkung der ehrenamtlichen Vormundschaft!

Der AWO Bezirksverband Niederrhein e.V. hat eine Stellungnahme zum vorliegenden Gesetzesentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechtes erarbeitet und sich speziell auf die Förderung der ehrenamtlichen Vormundschaft bezogen. Die AWO weist darauf hin, dass im Rahmen eines Projektes das stabilisierende sowie entwicklungs- und integrationsfördernde Potenzial der ehrenamtlichen Vormundschaft eindrucksvoll belegt werden konnte.
Stellungnahme

von:

Mehr Rechte für Betroffene

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. begrüßt die im Entwurf der Bundesregierung zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts geplante grundlegende Neugliederung und Modernisierung.
Arbeitspapier

von:

Vormundschaft - Akteur in der Kinder- und Jugendhilfe! Miteinander statt nebeneinander.

IMPUL!SE-Papier 5 aus 2023 von AFET - Bundesverband für Erziehungshilfe e. V. Die Reformen des SGB VIII und des Vormundschaftsrechts wurden gleichzeitig entwickelt. Das Arbeitspapier schaut auf die Parallelen in den beiden Gesetzen.
Arbeitspapier

Vormundschaftsrechtsreform: Arbeitshilfe zu den Änderungen im BGB

Durch die Reform des Vormundschaftsrechts, die zum 1.1.2023 in Kraft tritt, finden sich zahlreiche Regelungen zur Vormundschaft nicht mehr am gewohnten Standort im BGB. Um das Auffinden der Regelungen zu erleichtern, hat das DIJuF eine Arbeitshilfe veröffentlicht, die den bisherigen und den neuen Standort im BGB gegenüberstellt.
Fachartikel

von:

Aufgaben des Jugendamtes im vormundschaftlichen Bereich

Das Jugendamt als die fachkompetente Behörde für den Schutz der Minderjährigen und die Unterstützung von Familien ist in einem wesentlichen Umfang im Bereich der Vormundschaft involviert.
Stellungnahme

von:

Stellungnahme von PFAD-Bundesverband zur Vormundschaftsreform

PFAD-Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V. konzentriert sich in seiner Stellungnahme von Anfang August 2020 auf die Teile des Referentenentwurfs, die Kinder in Pflegefamilien betreffen. PFAD-Bundesverband begrüßt die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, hat jedoch in Bezug auf Mündeln, die in Pflegefamilien leben, Verbesserungsvorschläge.
Stellungnahme

Zur Reform des Vormundschaftrechts

Das Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) hat am 7. August 2020 eine Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz veröffentlicht.