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20.09.2017
Fachartikel

Adoptivkinder aus fremden Ländern und ihre Eltern - Ergebnisse einer Befragung

Für Außenstehende wird kaum erkennbar, wie es nach der Ankunft des Kindes in seiner neuen Familie weitergeht, wie es sich also entwickelt, wie seine neuen Eltern mit ihm zurecht kommen, ob sie ihre Entscheidung für die Adoption Jahre später vielleicht sogar bereuen, und wie Angehörige, Freunde, andere Kinder auf das meist auch fremdländisch aussehende Kind reagieren. Studie von Diplom-Psychologe Reinhard Holzapfel darüber, wie Adoptiveltern die Entwicklung ihrer Adoptivkinder einschätzen und wie sie sich mit diesen Kindern fühlen. Die Antworten der befragten Eltern geben starke Hinweise darauf, dass es den Eltern in der Regel gelingt, einen Umgang mit Störungen zu finden und den Kindern in ihrer Entwicklung zur Seite zu stehen.

Einleitung

Kaum ein Ereignis ist für Eltern mit so vielen Emotionen, Hoffnungen, Erwartungen, aber auch Unsicherheiten verbunden wie die Aussicht auf die Ankunft eines Kindes in ihrer Mitte. Leibliche Eltern erleben dabei die körperliche Schwangerschaft. Auch künftige Adoptiveltern sprechen manchmal von Schwangerschaft und meinen damit die Wartezeit vom Einreichen des Antrags auf Adoption eines Kindes bis zur Kontaktaufnahme mit dem Kind, für das sie von der zuständigen Vermittlungsstelle ausgewählt wurden. Man kann diese Zeit deshalb eine psychische Schwangerschaft nennen. Und die ist nicht minder aufregend und in der Regel noch viel länger als die leibliche.

Die Unsicherheit in Hinblick auf das noch unbekannte aber bereits vorhandene Kind in einem fremden Land ist meist noch größer als gegenüber einem noch im Mutterleib befindlichen Kind. Was bringt dies Kind genetisch mit auf die Welt? Was hat es an frühen Prägungen, vielleicht sogar Traumata, erlebt? Vor allem: Wie haben sich die Bindungsabbrüche ausgewirkt, angefangen mit der Abgabe durch seine leibliche Mutter? Ist es vielleicht beschädigt durch Alkohol, Nikotin, Drogen, psychischen Belastungen oder Krankheit der Mutter oder auch durch Mangelernährung? Solche Erwägungen werden aber meist zurückgestellt zugunsten von Mut, Vorfreude und Selbstvertrauen beim Stellen des Antrags auf Adoption eines Kindes, auch aus fremden Ländern, weil darin eine Sinnfindung von zentraler Bedeutung gesehen wird.

Wie es nach der Ankunft des Kindes in seiner neuen Familie weitergeht, wie es sich also entwickelt, wie seine neuen Eltern mit ihm zurecht kommen, ob sie ihre Entscheidung für die Adoption Jahre später vielleicht sogar bereuen, und wie Angehörige, Freunde, andere Kinder auf das meist auch fremdländisch aussehende Kind reagieren, bleibt für Außenstehende kaum erkennbar. Es gibt darüber nur wenig Untersuchungen, wohl aber Einzelfälle, von denen man Kenntnis bekam und die dann nicht selten unzulässig verallgemeinert werden.

Ein solcher Einzelfall wurde in der Wochenzeitschrift „Stern“, Nr.7, 2013 aufgerollt. Dort kam der Bericht über eine Auslandsadoption, bei der alles gründlich schief gegangen war, so dass die Eltern sich schließlich hilfesuchend an das zuständige Jugendamt wandten. In der Reportage finden sich folgende Sätze: „Es ist eine seltsame Ungewissheit, in die die nach Deutschland geholten Kinder verschwinden“, sowie „Es gibt keine Forschung zu dem Thema und keine Statistik“.

Diese Aussagen haben mich zu dieser Studie angeregt, die ein wenig mehr Licht auf die Entwicklung von aus dem Ausland adoptierten Kindern werfen soll. Ich habe dazu bei Adoptiveltern durch Fragebogen nachgefragt, wie sie selber die Entwicklung ihrer Adoptivkinder einschätzen und wie sie sich mit diesen Kindern fühlen. Dazu habe ich diejenigen Eltern angeschrieben, für die ich bis zum Jahr 2011 ein Psychologisches Gutachten über die Eignung zur Adoption eines fremdländischen Kindes angefertigt hatte und deren Eignung ich feststellen konnte.

Angeschrieben hatte ich 60 Elternpaare. Fünf der Briefe kamen als unzustellbar zurück, zwei Bewerberinnen waren nach der Begutachtung schwanger geworden, so dass die Vermittlung nicht zustande kam, und 2 Bewerberpaare warten immer noch auf den Kindervorschlag. Bleiben also 51 Elternpaare, die den Fragebogen wahrscheinlich bekommen haben. Davon haben 31 Paare, also 61 % der Befragten, den Fragebogen ausgefüllt zurückgeschickt. Die Adoptionen liefen über folgende Vermittlungsstellen: 28 mal EfK , 9 mal Landesjugendamt Stuttgart, 7 mal ICCO, 2 mal HaC, 2 mal zentadopt, 3 mal AdA. Bei einer Familie ließ sich die Vermittlungsstelle nicht mehr feststellen.

Antworten auf die Fragen zu den Kindern

Insgesamt wird von 43 Adoptivkindern berichtet: jeweils 24 männlichen und 19 weiblichen. In 18 Fällen handelte es sich um die Adoption eines einzelnen Kindes, 10 Familien hatten zwei und zwei 3 Kinder adoptiert. Eine weitere Familie hatte zu den drei leiblichen Kindern ein weiteres Kind adoptiert.
Insgesamt wird von 43 Adoptivkindern berichtet: jeweils 24 männlichen und 19 weiblichen. In 18 Fällen handelte es sich um die Adoption eines einzelnen Kindes, 10 Familien hatten zwei und zwei 3 Kinder adoptiert. Eine weitere Familie hatte zu den drei leiblichen Kindern ein weiteres Kind adoptiert.

Zeitpunkt der Aufnahme in die Adoptionsfamilie:

  • 2001: 3 Kinder
  • 2002: 5 Kinder
  • 2003: 5 Kinder
  • 2004: 2 Kinder
  • 2005: 2 Kinder
  • 2006: 4 Kinder
  • 2007: 1 Kind
  • 2008: 6 Kinder
  • 2009: 3 Kinder
  • 2010: 3 Kinder
  • 2011: 6 Kinder
  • 2012: 3 Kinder

Um die Hypothese zu überprüfen, ob und inwieweit mit zunehmender Aufenthaltsdauer des Kindes in der Adoptionsfamilie von Verhaltensschwierigkeiten die Rede ist, wurde die Anzahl der Kinder, die sich seit 2006 oder früher dort befinden, verglichen mit denen, für die das erst seit 2007 der Fall ist. In der Gruppe der jüngeren Kinder (zwischen 2007 und 2012 in die Familie gekommen) wurden Verhaltensprobleme bei 2 Kindern angegeben und bei den älteren Kindern (zwischen 2001 und 2006 in die Familie aufgenommen) bei zehn. Mit zunehmendem Alter der Kinder steigt also die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Verhaltensproblemen.

Alter der Kinder zum Zeitpunkt der Adoption:

  • bis 1 Jahr : 12 Kinder bis 5 Jahre: 3 Kinder
  • bis 2 Jahre: 17 Kinder bis 6 Jahre: 1 Kind
  • bis 3 Jahre: 3 Kinder bis 7 Jahre: 2 Kinder
  • bis 4 Jahre: 4 Kinder bis 8 Jahre: 1 Kind

Hier zeigt sich, dass mehr als zwei Drittel der Kinder im Baby- und Kleinkindalter adoptiert wurden. Das entspricht dem Wunsch vieler Eltern, ein Kind zu adoptieren, das möglichst jung ist und mutmaßlich weniger belastende frühkindliche Prägungen und Bindungsbrüche erfahren hat, und das möglichst früh eine Bindung zu den Adoptiveltern aufnehmen kann.

Die Herkunftsländer mit der Anzahl der jeweiligen Kinder sind folgende:

  • Dominikanische Republik: 3 Kinder
  • Russland: 2 Kinder
  • Slowakei: 1 Kind
  • Haiti: 2 Kinder
  • Mongolei: 1 Kind
  • Kolumbien: 5 Kinder
  • Brasilien: 1 Kind
  • Peru: 2 Kinder
  • Mexiko: 1 Kind
  • Südafrika: 4 Kinder
  • Vietnam: 2 Kinder
  • Sri Lanka: 7 Kinder
  • Thailand: 12 Kinder

In drei Fällen wird eine körperliche oder geistige Behinderung der Kinder angegeben, die jeweils behandelt worden sei, in einem Fall erfolglos und in einem anderen Fall mit unklarem Ergebnis. Schwieriges bzw. gestörtes Verhalten wird in 12 Fällen festgestellt. Dabei werden genannt: Unruhe und Konzentrationsstörungen, auch ADHS und Impulsverhalten, weiterhin Lernverweigerung und -verzögerung, Hemmungen, dominantes Verhalten, Unruhe, Dyskalkulie und Stehlen. Das entspricht einem Anteil von etwa einem Drittel der beteiligten Adoptivkinder.

Laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts Berlin aus dem Jahr 2008 finden sich bei rund 15 % aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland Hinweise auf psychische Auffälligkeiten. Weltweit ist nach internationalen Studien ungefähr ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen von psychischen Störungen betroffen. Die Umfrage unter den Adoptiveltern ergibt also einen Hinweis darauf, dass sich unter Adoptivkindern mit 35 % überdurchschnittlich viele Auffälligkeiten zeigen, die möglicherweise Umstellungs- und Anpassungsproblemen geschuldet sind. Die Antworten und Kommentare der befragte Eltern geben allerdings starke Hinweise darauf, dass es den Eltern dieser Kinder in der Regel gelingt, einen Umgang mit diesen Störungen zu finden und den Kindern in ihrer Entwicklung zur Seite zu stehen. Dieser Befund kann auch als Beleg für den Erfolg der guten Vorbereitung der Eltern auf mögliche Probleme bei den Kindern und die entsprechende Prüfung auch der Belastbarkeit und sozialen Kompetenz im Rahmen der Begutachtung gewertet werden.

Bemerkenswert ist wiederum, dass bei 28 Kindern keine oder nur geringe Auffälligkeiten vermerkt werden. Diese Aussage stimmt überein mit entsprechenden Ausführungen im internet unter www.Adoptionsinfo.de.

Die nahe liegenden Fragen nach der Herkunft - im Sinne der sog. Wurzelsuche - sind von 17 der Kinder gestellt worden. Dabei ist zu bedenken, dass sich die meisten noch im Grundschulalter befinden und solche Fragen eher in der Pubertätsphase auftauchen. Sieben Elternpaare haben deswegen fachliche Hilfe, also Beratung, in Anspruch genommen, die von vieren als hilfreich empfunden wurden.

Alle Kinder besuchen eine Bildungseinrichtung, wobei Kindertagesstätten und Kindergärten dazu gezählt werden. Im Einzelnen: 13 mal wird die Kita und drei mal der Kiga genannt. Da im Fragebogen der Kiga kaum genannt wurde, haben viele Eltern wahrscheinlich Kita und Kindergarten synonym verstanden. Die meisten Kinder, nämlich 16, besuchen noch die Grundschule, 5 die Hauptschule, 3 die Real- und 3 die Höhere Schule, ein Kind geht in die Gesamt- und eins in die Förderschule. Ein weiteres befindet sich in der Berufsausbildung.

Die Reaktion auf die Adoptivkinder außerhalb der Familien wird fast durchweg positiv gesehen. Bei mehreren wird die Antwortmöglichkeit „eher positiv“ korrigiert in „sehr positiv“. Dazugeschrieben wurden folgende Anmerkungen: „viele Personen sind freundlich interessiert“, „das Kind ist in Familie und Umfeld 100%ig integriert“, „die Leute erscheinen offen, doch wir glauben, die Kinder haben es schwerer anerkannt zu werden“, „wir hatten sehr viel Unterstützung von Freunden“, „unsere Tochter wird von allen Verwandten, Freunden und Bekannten gemocht bis sehr geliebt“, „Nachbarn reagierten entgegenkommend“, „man vergisst manchmal ganz, wo die Kinder herkommen, so gut sind sie im Ort integriert“, „wir werden nicht anders angesehen als Familien mit leiblichen Kindern und fühlen uns auch nicht anders“, „absolute Integration - keine Probleme“, „sehr positiv“, „durchweg nur positive Erfahrungen“. In einem Fall aber auch: „je älter unsere Kinder werden, desto größer sind Vorurteile seitens gleichaltriger Kinder vorhanden“. Dieser einen kritischen Erfahrung steht also die große Mehrzahl positiver Reaktionen auf das in der Regel fremdländisch aussehende Adoptivkind gegenüber.

Reaktion und Erfahrung der Eltern

Sämtliche Eltern stehen nach wie vor zu ihrer Entscheidung für die Adoption, und in den 18 Fällen der Anwesenheit von mindestens einem weiteren Geschwisterteil wird durchweg normales Geschwisterverhalten konstatiert - was nicht bedeutet, dass es hier keine nennenswerten, gleichwohl normalen Konflikte gibt. Fast alle Eltern erleben ihre Kinder auch als erfreulich und Bereicherung, bis auf ein Paar, dessen Kind - das zum Zeitpunkt der Adoption 8,5 Jahre alt war - als eine große und grenzwertige Herausforderung erlebt wurde. Trotzdem betrachten die Eltern auch dieses Kind als große Bereicherung und vermerken seine Ausbildung zur Friseurin, was ihm Freude bereite und seinen Fähigkeiten entspreche. Auch solche Eltern, die sich mit diversen Verhaltensproblemen auseinandersetzen, verhalten sich zu diesen Kindern solidarisch. Offensichtlich ändern diese Schwierigkeiten nichts an der grundsätzlich positiven Reaktion auf das jeweilige Kind.

Auch die normale Entwicklung ihres Kindes, bzw. ihrer Kinder wird häufig festgestellt, nämlich 33 mal. Bei zwei Kindern wird die Notwendigkeit einer Förderung angegeben. Bei einem Kind wird die normale Entwicklung verneint oder nur mit Einschränkung bejaht. Schließlich erklären sich 26 Elternpaare für zufrieden mit der Betreuung seitens der Adoptionsvermittlungsstelle. In einem Fall wird explizit mehr Nachbetreuung und Erfahrungsaustausch gewünscht.

Aufschlussreich sind schließlich die frei formulierten Kommentare, für die am Schluss des Fragebogens Platz gelassen wurde. Dazu folgende Stichworte: „sehr positiv“, „optimal“, „bestens gelaufen“, „mit leiblichen Kindern könnten wir nicht glücklicher sein“, „wir würden alles wieder genauso machen“, „die Kinder sind die größte Bereicherung für unser Leben“, „sind glücklich mit unserer Kleinen, würden sie jederzeit wieder adoptieren“, „wir sind glücklich wie noch nie“, „alles ist viel unkomplizierter als erwartet“, „das Bereisen des Herkunftslandes war sehr bereichernd“, „wir lieben die Kinder, kommen aber an unsere Belastungsgrenzen“, „beste Entscheidung unseres Lebens“, „wir könnten zu einem leiblichen Kind keine engere Bindung haben und es nicht mehr lieben“, „wir genießen jeden Tag mit dem Kind“. Kommentare, die sich als Ausdruck von Unzufriedenheit oder Enttäuschung deuten ließen, erfolgten nicht.

Abschließende zusammenfassende Bewertung

Die Ergebnisse aus der Befragung der 51 Adoptiveltern mit den 31 Rückmeldungen zeigen sehr eindrucksvoll die glückliche und gelungene Entwicklung in den Beziehungen zwischen den Eltern, die nach erfolgter Adoption an der Befragung teilgenommen haben, und ihren adoptierten fremdländischen Kindern. Man könnte nun darüber spekulieren, wie es wohl bei den 20 Elternpaaren damit bestellt ist, die nicht geantwortet haben. Doch kann diesen Eltern nicht unterstellt werden, dass die Gründe für diese Zurückhaltung in negativen Erfahrungen zu suchen sind. Denn warum sollten sie solche Erfahrungen angesichts der anonymen Form der Bearbeitung verschweigen wollen? Die Rückmeldequote von 61% kann jedenfalls durchaus als aussagekräftig in Hinblick auf die befragten Eltern gelten.

Die Generalisierung unglücklicher Erfahrungen mit einem fremdländischen Adoptivkind, wie es in der anfangs erwähnten Wochenzeitschrift nachzulesen war, kann durch das Befragungsergebnis als widerlegt gelten.

Als Gründe für Verhaltensprobleme werden auch immer wieder und generell Bindungsstörungen im Sinne der Bindungstheorie von John BOWLBY als zwangsläufige und anhaltende Folge des wechselnden Beziehungsgeschehens bei diesen Kindern unterstellt. Das trifft für einen Teil der Adoptivkinder aufgrund von Nachwirkungen des Wechsels der Bezugspersonen sicher zu, und zwar meist in Form von Zurückhaltung, Verschlossenheit und anderen Abwehrhaltungen. Zugleich scheint aber ein beträchtlicher Teil dieser Kinder dadurch gar nicht beeinträchtigt zu sein. Die Gründe dafür können in hoher Resilienz (Literaturvorschlag dazu: Rosmarie WELTER-ENDERLIN, Resilienz - Gedeihen trotz widriger Umstande) gesehen werden, also einer höheren Widerstandskraft und Belastbarkeit eines Teils der Kinder, aber auch in der positiven Art der elterlichen Zuwendung und im Verhalten gegenüber dem Kind aus seiner weiteren Umgebung.

Denn entscheidend für die Entwicklung und das Gelingen der Beziehung zwischen Adoptiveltern und Adoptivkindern ist, wie sich das Kind mit belastenden Bindungserfahrungen bei seinen neuen Eltern fühlt, wie empathisch, freundlich und geduldig es von diesen auf- und angenommen wird und als wie zuverlässig die neuen Eltern empfunden werden. Kinder sind aufgrund ihrer größeren Bildbarkeit und Anpassungsfähigkeit mehr als Erwachsene in der Lage, belastende Ereignisse zu vergessen und hinter sich zu lassen, wenn es sich dabei nicht um extrem traumatische Erfahrungen handelt. Sie können einst abhanden gekommenes Vertrauen meist neu entwickeln.

Vom Fachgebiet der Epigenetik wissen wir inzwischen auch, dass sogar genetisch belastende Faktoren durch günstige Umweltbedingungen gelöscht und gegenteilige Faktoren durch neue Gegebenheiten aktiviert werden können. Peter SPORK hat diesen Vorgang so formuliert: „Wir können das Erbgut steuern - und damit unser Leben selbst in die Hand nehmen“ (in seinem Buch „Der zweite Code. Epigenetik oder: wie wir unser Erbgut steuern können“, rowohlt 2009).

Die Eltern, die den Fragebogen ausgefüllt zurückgeschickt haben, bringen sehr eindrucksvoll zum Ausdruck, dass sie sich ihrer Aufgabe und Verantwortung gegenüber ihren fremdländischen Kindern als wahrhaft würdig erweisen und sie vorurteilsfrei und mit viel Liebe angenommen haben, auch wenn sie sich manchmal dabei vor ungeahnte Herausforderungen gestellt sehen.

Ermutigend ist auch die Rückmeldung über die weit überwiegend positive Resonanz auf die Kinder durch Verwandte, Nachbarn und Freunde. Das fremdländische Aussehen der meisten dieser Kinder ist demnach kaum noch ein Grund für Diskriminierungen oder abfällige Bemerkungen. Die Kinder aus fremden Kulturkreisen sind demnach in der globalisierten Welt angekommen und haben deshalb überwiegend normale Chancen in unserer Gesellschaft, so wie die hier geborenen Kinder auch.

Verfasser:
Reinhart Holzapfel, Diplom-Psychologe,
Psychotherapeut und Adoptionsgutachter
Hindenburgstr. 11
71263 Weil der Stadt
urholz@t-online.de