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22.05.2008
Erfahrungsbericht

Gemeinsam im Hilfeplangespräch

Eine Familie und ihr Beistand berichten über ihre Erfahrungen im Hilfeplangespräch. Von Anne Naber und Anette Karger

Familie und Beistand berichten

von Anne Naber und Anette Karger

Aus Sicht der Pflegemutter

Nach der Bitte um Beistand verabredeten wir, Familie Naber, mit Frau Karger als Beistand einen Termin, um sowohl das Problem und seine Hintergründe genau zu erläutern, als auch unsere Beweggründe, einen Beistand hinzu zu ziehen.

SeifenblaseAls erstes beschrieben wir die momentane familiäre und schulische Situation und die Vorgeschichte unseres Kindes. Wir klärten gemeinsam die Frage, wie stark die familiäre Belastung durch die schulischen Schwierigkeiten ist.

Anschließend besprachen wir, wie das Problem zu konkretisieren wäre und sammelten
Argumente für den von uns angestrebten Lösungsweg, um das Ziel der Trennung von Schule und Familie vor dem Jugendamt im Hilfeplangespräch zu vertreten. Wir klärten die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Gleichzeitig mussten wir klare Grenzen definieren unter welchen Bedingungen wir uns auf Alternativen einlassen konnten.

Nach diesem Vorgespräch fühlte ich mich als Mutter sicherer, dass beim Hilfeplangespräch im Jugendamt

  • alle Argumente vorgetragen werden
  • die Gründe sachlich vorgetragen werden
  • die Emotionen im Gespräch in den Hintergrund rücken können

Wir waren ruhiger, weil wir nicht nur als überforderte Eltern da standen, sondern ein
erfahrener Außenstehender unsere Argumente verstand und diese noch ergänzen konnte. Außerdem waren wir zuversichtlich trotz unserer emotionalen Betroffenheit den Gesprächsfaden nicht zu verlieren, weil ein neutraler Beistand uns den Rücken stärkte und in gewisser Weise "schützte", uns in Gefühle zu verlieren.

Nachdem wir mit Frau Karger die Vorgehensweise besprochen hatten, informierten wir den Jugendamtsmitarbeiter. Er reagierte zunächst verunsichert, aber abwartend. Zum Hilfeplangespräch erschienen alle Beteiligten, also Eltern und Beistand sowie der Sozialarbeiter, trotz guter Vorbereitung mit Herzklopfen.

Nach dem Überwinden der anfänglichen Phase der Unsicherheit traten die Vorteile der Beistandschaft deutlich zu Tage: Denn nicht nur unser "Team", sondern auch der
Jugendamtsvertreter schien besser vorbereitet zu sein als bei früheren Gelegenheiten. Er hatte sich über andere Hilfsangebote und Alternativen kundig gemacht und informierte uns darüber.

Das Gespräch verlief ruhig und strukturiert, niemand wich vom Thema ab. Wir fühlten uns als Pflege-/ Adoptiveltern ernst genommen.

Bei einem weiteren Gesprächstermin fanden wir gemeinsam eine einvernehmliche Lösung.

Auf Grund der positiven Erfahrungen können wir anderen Pflege- und Adoptiveltern nur dringend dazu raten, sich einen Beistand bei PAN oder einer örtlichen Gruppe zu holen.

Aus Sicht des Beistandes

Auch für den Beistand eine positive Erfahrung

Auch für mich in der Rolle des Beistandes war dies eine positive Erfahrung und eine Ermutigung, mich in anderen Krisensituationen bei Bedarf zu engagieren. Ich erkannte im Laufe der Zeit, dass Pflegeeltern mit Beistand selbstsicherer auftreten und im Jugendamt häufig partnerschaftlicher behandelt werden.

Meine Arbeit als Beistand gliedert sich in zwei Phasen.

Die Erste besteht darin die Familie und ihr Problem kennen zu lernen. In Vorgesprächen versuche ich herauszufinden, was die Familie von mir konkret erwartet. Ich ermutige Pflegeeltern, ihre Anliegen den zuständigen Sozialarbeitern vorzutragen. Manchmal ist es schon ausreichend, gemeinsam eine Strategie zu entwickeln, die es den Pflegeeltern ermöglicht, eigenständig zu handeln.

Die zweite Phase ist die Begleitung im Gespräch mit den Behörden. Hierbei habe ich auch schon die Erfahrung gemacht, dass allein meine Anwesenheit bei allen Beteiligten zur Versachlichung der Gespräche beiträgt und den Pflegeeltern den nötigen Rückhalt gibt, die erarbeitete Strategie durchzuhalten.

Wie hilfreich eine Beistandschaft sein kann, ist mittlerweile auch einigen Jugendamtsmitarbeitern bewusst geworden. Auch sie nutzen den Beistand um Verständigungsprobleme (Fachchinesisch) auszuräumen.

Natürlich gibt es auch Fälle, in denen Jugendämter einen Beistand schlichtweg ablehnen und z.B. mit Terminverschiebungen versuchen, eine Beistandschaft zu verhindern. Aber mit genügend Selbstbewusstsein, einer Portion Hartnäckigkeit und dem Wissen um die Rechtmäßigkeit meiner Begleitung ist es mir auch in einem solchen Fall gelungen, ein erfolgreiches Gespräch mit der Pflegefamilie und dem Amtsleiter zu führen.

Meine eigenen Erfahrungen mit einer Person meines Vertrauens an meiner Seite und die positiven Rückmeldungen der von mir begleiteten Pflegefamilien motivieren mich, diese Arbeit fortzuführen.

Meine anfängliche Sorge, den unterschiedlichen Anforderungen nicht gerecht werden zu können, gerät mehr und mehr in den Hintergrund. Wie bei vielen Dingen wächst man in die Materie hinein.

Ich möchte auch Anderen Mut machen, diese wichtige Aufgabe anzugehen und sich als Beistand zur Verfügung zu stellen.