Hinweis auf die Empfehlungen 'Qualitätsmaßstäbe und Gelingensfaktoren für die Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII'
Hinweis auf die Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (BAGLJÄ) vom Mai 2015 zur Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII - Auszüge des Vorwortes und der Einleitung.
Erstauflage 2015
beschlossen auf der 118. Arbeitstagung
der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter
vom 6. bis 8. Mai 2015 in Kiel - 100seitige Empfehlung -
Inhaltsangabe
1.Einleitung
2. Grundlagen der Hilfeplanung
2.1 Definition Hilfeplanung –Hilfeplanverfahren –Hilfeplan
2.2 Hilfeplanung als pädagogischer Prozess
2.3 Rechtliche Grundlagen der Hilfeplanung
2.3.1 Rechtliche Grundlagen für alle Hilfearten
2.3.2 Zusätzliche rechtliche Grundlagen bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie
2.4 Das sozialrechtliche Leistungsdreieck
2.5 Aufgaben und Rollen der unterschiedlichen Beteiligten in der Hilfeplanung
3. Einzelfallorientierte Qualitätsmerkmale
3.1 Beteiligung der Eltern und Kinder an der Hilfeplanung
3.2 Bedeutung der sozialpädagogischen Diagnostik
3.3 Zielorientierung und-formulierung als Grundlage für Hilfen
3.4 Ressourcen-und Sozialraumorientierung
3.5 Gleichberechtigte Berücksichtigung vielfältiger Lebenslagen
3.6 Bedeutung des Zusammenwirkens der Fachkräfte
4. Ergebnis-, Prozess-und Strukturqualität
4.1 Ergebnisqualität
4.2 Prozessqualität: Prozessdiagramm und Arbeitsschritte
4.3 Strukturqualität
4.3.1 Leitungsverantwortung für das Hilfeplanverfahren
4.3.2 Personalentwicklung
4.3.3 Zusammenwirken der Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe
4.3.4 Kooperation mit anderen Systemen
4.3.5 Reflexion und Auswertung von Wirkungen und Effekten und Weiterentwicklung der Hilfeplanung
4.3.6 Schnittstelle Hilfeplanung–Jugendhilfeplanung
5. Spezifische Aspekte
5.1 Hilfeplanung bei stationärer Unterbringung gemäß §§ 33, 34 SGB VIII
5.2 Hilfeplanung gemäß § 35a SGB VIII
5.3 Hilfeplanung mit jungen Volljährigen
5.4 Hilfeplanung im Kontext von Kindeswohlgefährdung: Wächteramt und Schutzkonzepte
5.5 Hilfeplanung mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen
5.6 Hilfeplanung bei Auslandsmaßnahmen
5.7 Hilfeplanung und Erziehungsberatung
5.8 Hilfeplanung im Kontext gerichtlicher Verfahren
6. Literaturverzeichnis
Liste der Mitglieder der Arbeitsgruppe
1. Einleitung
Mit dem SGB VIII wurde der Hilfeplan als zentrales fachliches Steuerungsinstrument für die einzelfallbezogene Hilfe zur Erziehung, die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung und die Hilfe für junge Volljährige eingeführt. Zentrale fachliche Standards – die Beteiligung der Leistungsberechtigten und der Kinder und Jugendlichen, das Zusammenwirken der Fachkräfte und die regelmäßige Überprüfung – wurden gesetzlich verankert.
Auch 25 Jahre nach ihrer Einführung bleibt die fachliche Ausgestaltung der Hilfeplanung eine dauerhafte ntwicklungsaufgabe. Die komplexe Herausforderung liegt darin, die Bedarfe, das Wünschen und Wollen der Leistungsberechtigten als zentrale Personen mit den fachlichen Inhalten einer Profession zusammen zu bringen und die bestehenden Leistungsansprüche vor dem Hintergrund der politisch-administrativen Rahmenbedingungen bestmöglich zu realisieren.
Angesichts unterschiedlicher Strukturen und Voraussetzungen stellt sich diese Aufgabe letztlich in jedem Jugendamt immer wieder neu.
In der Gestaltung ihrer kommunalen Planungs- und Gesamtverantwortung für eine bedarfsgerechte Kinder- und Jugendhilfe stehen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe dabei gegenwärtig vor großen Herausforderungen:
Die Zahl der Hilfen zur Erziehung ist in den vergangenen fünfzehn Jahren bundesweit um mehr als 40 % gestiegen; 2012 nahmen erstmals mehr als eine Million junger Menschen eine Hilfe zur Erziehung in Anspruch3, was die gewachsene Bedeutung dieser Leistungen für ein gelingendes Aufwachsen von jungen Menschen unterstreicht.
Komplexe Problemlagen machen dabei häufig auch eine wachsende Intensität der Hilfen erforderlich.Entsprechend sind die kommunalen Ausgaben für die Hilfen zur Erziehung zwischen 2000 und 2012 um mehr als die Hälfte gestiegen und liegen mittlerweile bei 7,4 Mrd. Euro.
Wie aber lässt sich die Wirkung dieser Hilfen nachweisen? Die Kinder- und Jugendhilfestatistik vermag zwar zu belegen, dass die Hilfen überwiegend dazu beitragen, die mit den Leistungsempfängerinnen und -empfängern im Hilfeplan formulierten Ziele zu erreichen. Die Tatsache aber, dass mehr als ein Drittel der ambulanten und gut die Hälfte der stationären Hilfen zur Erziehung nicht planmäßig enden bzw. es zu einem Abbruch kommt, verweist auf einen bedeutenden Weiterentwicklungsbedarf hin zu einer noch beteiligungs- und zielorientierteren Hilfeplanung.
Vor diesem Hintergrund und bei zumeist angespannten kommunalen Haushaltslagen geraten die Jugendämter unter einen erheblichen Rechtfertigungs- und Legitimationszwang. Werden mit den Maßnahmen die gewünschten Wirkungen erzielt? Werden die finanziellen Mittel effizient eingesetzt? Wie kann es gelingen, auch in Zeiten knapper Kassen den Adressatinnen und Adressaten qualitativ hochwertige Leistungsangebote zu machen? Und wie kann gewährleistet werden, dass die gewählte Hilfe tatsächlich die für die Leistungsberechtigten geeignete Hilfe ist?
Die entscheidende Stellschraube für die Steuerung der Hilfen im Einzelfall gemäß §§ 27 ff., 35a und 41 SGB VIII ist dabei die Qualität der Hilfeplanung. Im Prozess der Hilfeplanung wird deutlich, wie sich die Leistungsberechtigten beteiligt fühlen und wie sie ihre mit den Leistungen verbundenen Ziele formulieren können. Hier entscheidet sich, wie passgenau die Hilfen an ihren Bedarfen ansetzen und wie der Hilfeverlauf und die Zielerreichung kontinuierlich begleitet und überprüft werden. Eine optimale Gestaltung des Hilfeplanverfahrens trägt damit nachhaltig zum Gelingen der Hilfe bei.
Mit ihrer Steuerungsverantwortung für die Hilfeplanung halten die Jugendämter den Schlüssel für die Weiterentwicklung der Wirksamkeit und des Nutzens der Hilfen in den eigenen Händen.
Sie sind gefordert, das Verfahren der Hilfeplanung beständig zu überprüfen und zu optimieren.
Dazu benötigen Sie Merkmale und Indikatoren, an denen sich die Qualität der Hilfeplanung fachlich ausrichten und weiterentwickeln lässt.
§ 79a SGB VIII verpflichtet die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität und Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung zu entwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen. Dabei orientieren sich die Jugendämter nach § 79 a Satz 3 SGB VIII an den fachlichen Empfehlungen der Landesjugendämter.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter im November 2012 die Gründung einer Arbeitsgruppe zur Entwicklung bundesweiter Empfehlungen beschlossen, die Qualitätsmaßstäbe und Gelingensfaktoren für die Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII auf der Grundlage vorhandener Materialien aus den einzelnen Landesjugendämtern aufzeigen sollte.
In der Arbeitsgruppe unter Federführung des LWL-Landesjugendamts Westfalen-Lippe und des LVR-Landesjugendamts Rheinland haben insgesamt neun Landesjugendämter (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Niedersachsen, Rheinland, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Westfalen-Lippe) aktiv mitgewirkt. Die drei kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) haben Vertreterinnen und Vertreter aus Jugendämtern in die Arbeitsgruppe entsandt. Im Rahmen eines Workshops, zu dem neben den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege auch weitere Träger- und Fachverbände ebenso wie Leitungs- und Fachkräfte aus der kommunalen Jugendamtspraxis sowie Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Forschung eingeladen waren, wurde die Empfehlungen fachlich breit diskutiert und anhand der Anregungen und Hinweise weiterentwickelt.
Die vorliegenden Empfehlungen zur Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII identifiziert zentrale Qualitätsmaßstäbe und Gelingensfaktoren für die Hilfeplanung und formuliert damit fachlich notwendige Anforderungen an die Fallbearbeitung, die den einzelnen Jugendämtern als Maßstäbe für die Ergebnis-, Prozess- und Strukturqualität der Hilfeplanung sowie als Grundlage für eine angemessene Weiterentwicklung der Aufbau- und Ablauforganisation im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) dienen können.
Den Empfehlungen liegt dabei ein Verständnis von Hilfeplanung zugrunde, das diese vor allem als sozialpädagogischen Prozess begreift, der die jungen Menschen und ihre Familien unterstützt, die ursächlichen Probleme und ihre selbst gesteckten Ziele mit Hilfe der Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe zu bearbeiten. Die dafür notwendige Koproduktion in der Hilfe kann nur gelingen, wenn die Leistungsberechtigten im Zentrum der Hilfeplanung stehen, ihre Motivation aktiviert wird und die Ausrichtung an ihren Zielen gewährleistet ist. Wie eine solche sozialpädagogische Orientierung fachlich ausgestaltet werden kann, steht im Zentrum der Empfehlungen. Aspekte des Verwaltungsverfahrens, die wie z.B. eine abgestimmte Zusammenarbeit mit der wirtschaftlichen Jugendhilfe ebenfalls Gelingensfaktoren der Hilfeplanung sind, bleiben hier entsprechend weitgehend ausgeklammert. Mit der Fokussierung auf den pädagogischen Prozess verbindet sich auch die Hoffnung, dass sich die in den vergangenen Jahren vor allem fiskalisch geführte Diskussion und die zum Teil drohende Reduktion des Hilfeplanverfahrens auf die Prozessschritte eines Datenverarbeitungsprogramms wieder stärker fachlich untermauern lässt.
Unstrittig ist, dass eine gute Qualität auch die notwendigen personellen und strukturellen Rahmenbedingungen voraussetzt und damit ohne Investition in Personal, Ausstattung und Qualifikation nicht auskommt. Aus den Daten der Kinder- und Jugendhilfestatistik ist abzulesen, dass die Personalausstattung in den Allgemeinen Sozialen Diensten mit der Entwicklung der Fallzahlen in den vergangenen Jahren nicht Schritt gehalten hat. Personal allein löst nicht automatisch alle Probleme. Einschlägige Untersuchungen belegen aber, dass ausreichendes und gut qualifiziertes Personal verbunden mit einer an fachlichen Qualitätsmerkmalen ausgerichteten Ablauforganisation, die kontinuierlich durch eine präsente und fachkompetente Leitung überprüft und weiterentwickelt wird, sich nachhaltig kostendämpfend und fallreduzierend auf die Hilfen auswirken.
Die Antwort auf die Frage, welche Personalausstattung in den Jugendämtern quantitativ und qualitativ erforderlich ist, setzt voraus, dass die notwendigen Arbeitsprozesse in ausreichender Qualität fachlich beschrieben sind. Erst auf dieser Grundlage kann ein für die Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben notwendiger Personalschlüssel sinnvoll ermittelt werden. Auch dazu liefern die vorliegenden Empfehlungen eine Grundlage.
Die Leistungserbringer tragen eine Mitverantwortung für eine ziel- und ergebnisorientierte Ausgestaltung der Hilfen. Aus Sicht der Leistungsberechtigten erscheint der Prozess der Hilfeplanung und der Leistungsgewährung als ein durchgängiger, gleichermaßen von Jugendamt und Leistungserbringern gemeinsam mit ihnen gestalteter Prozess. Es ist daher sinnvoll und notwendig, die grundlegenden fachlichen Orientierungen, das Vorgehen in der Hilfeplanung und die Arbeit an den Schnittstellen im Sinne des partnerschaftlichen Miteinanders gemeinsam mit den Trägern der freien Jugendhilfe auszuhandeln und zu vereinbaren. Entsprechend sollten die Ergebnisse der lokalen Umsetzung dieser Empfehlungen auch perspektivisch in einen Qualitätsdialog mit den Leistungserbringern eingebettet werden.
Die Empfehlungen gliedern sich in insgesamt vier Kapitel:
Das erste Kapitel (2.) vermittelt die Grundlagen der Hilfeplanung: Es werden zentrale Begriffe geklärt, das den Empfehlungen zugrundeliegende Verständnis von Hilfeplanung skizziert und die wichtigsten rechtlichen Regelungen zur Hilfeplanung dargestellt.
Das zweite Kapitel (3.) stellt insgesamt sechs Qualitätsmerkmale vor, die in der Arbeitsgruppe und auf dem Workshop als zentral herausgearbeitet wurden, damit die Hilfen für die Adressatinnen und Adressaten die erwünschten Wirkungen entfalten können.
Im dritten Kapitel (4.) wird dann weiter differenziert, woran sich konkret ablesen lassen sollte, dass die Hilfen wirksam sind (Ergebnisqualität), wie sich die Qualitätsmerkmale in der Ausgestaltung des Hilfeplanverfahrens konkretisieren (Prozessqualität) und welche strukturellen Rahmenbedingungen erforderlich sind, um diese zu gewährleisten (Strukturqualität).
Schwerpunktmäßig nehmen die Empfehlungen die Hilfeplanung im Rahmen der Hilfe zur Erziehung in den Blick.
Im abschließenden vierten Kapitel (5.) werden Fragen der Hilfeplanung bei anderen Leistungen und für spezifische Konstellationen beleuchtet: So geht es u.a. um die Hilfeplanung bei stationären Hilfen oder im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII sowie um die Hilfeplanung mit jungen Volljährigen oder minderjährigen Flüchtlingen.
Ein Anhang mit weiterführender Literatur und einer Übersicht über die von den einzelnen Landesjugendämtern herausgegebenen Materialien schließt die Empfehlungen ab.
Die Empfehlungen richten sich vor allem an Leitungskräfte in den Allgemeinen Sozialen Diensten, denen sie Anregungen und Hinweise für die verbindliche Implementierung der Qualitäts (weiter)entwicklung geben soll. Sie enthält aber auch Hinweise zur Gestaltung der Hilfeplanung, die für alle Fachkräfte relevant sind. Da die Kapitel auch unabhängig voneinander lesbar sein sollen, sind Doppelungen unvermeidbar und beabsichtigt. Um einen möglichst hohen Nutzen für die Praxis entfalten zu können, sind die Beiträge so knapp wie möglich verfasst und schließen immer Fragen zur Überprüfung der eigenen Praxis und Hinweise auf weiterführende
Materialien ein.
Obwohl sich die Zahl der Unterbringung in Pflegefamilien in den letzten Jahren stark erhöht hat, werden weiterhin dringend Pflegeeltern gesucht. Es zeigt sich in der Praxis, das Pflegeeltern selbst und ihre Zusammenschlüsse wichtige Werber sind. Die Möglichkeit, dass Kinder in Familien aufwachsen können, ist ihnen ein Herzensanliegen - aber die Rahmenbedingungen der Pflegekinderhilfe müssen schon verantwortbar sein!
Die Vermittlung von Geschwisterkindern wird sehr kontrovers diskutiert. Für einige ist die Vermittlung leiblicher Geschwister in eine Adoptiv- oder Pflegefamilie kaum möglich. Andere sehen ein Anrecht der Kinder auf gemeinsame Vermittlung.
a) Auch ehrenamtlich tätige Vormünder oder Pfleger haften gegenüber ihren Mündeln, wenn diese durch ihre Amtsführung Schaden erleiden. b) Obwohl die ehrenamtliche Vormundschaft/Pflegschaft grundsätzlich unentgeltlich geführt wird, besteht ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen.
Aus der Sicht des Kindes ist eine Namensänderung für ein Pflegekind dann sinnvoll und zu überlegen, wenn die Namensänderung dem Wohl des Kindes förderlich ist. Aus der Sicht der leiblichen Eltern könnte ein überwiegendes Interesse an der Beibehaltung des Namens bestehen.
In der Gratwanderung der Umgangsregelung wird eine große Möglichkeit und Hilfe in der Begleitung der Besuchskontakte gesehen. Einerseits werden solche Besuchskontaktbegleitungen von Gerichten angeordnet (§ 1684 Abs. 4), andererseits veranlasst auch das Jugendamt direkt eine Begleitung der Kontakte.
Die Rolle des Verfahrensbeistandes begründet sich aus der Subjektstellung des Kindes in allen Verfahren, die seine Person betreffen (Kindschaftsverfahren). Es soll durch seine Bestellung durch das Gericht deutlich werden, dass das Kind in Gerichtsverfahren nicht im Rahmen eines möglichen Interessenkonfliktes von seinen Eltern vertreten wird, sondern eine allein auf sein Interesse und sein Wohl hin ausgerichtete Vertretung seiner Person hat.
In der Empfehlung „Hilfe zur Erziehung in Pflegefamilien und in familienähnlichen Formen“ aus Dezember 2002 setzte sich die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter (BAGLJÄ) mit der Frage der Familie für die Erziehung eines Kindes auseinander. Einen Teil der Empfehlung über die Bedeutung der Familie als Lebensort für das Kind wollen wir Ihnen auszugsweise vorstellen.
Zur Qualifizierung von Pflegeeltern stehen Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung. Als Beispiele werden im Referat die Angebote der Pflegekind Aktion Schweiz, der Trägerkonferenz Erziehungsstellen im Rheinland, des Fachzentrums für Pflegekinder Sachsen-Anhalt und PiP in Bremen vorgestellt.
Das Landessozialgericht Bremen hat in seinem Beschluss die bisherige Rechtsmeinung unterstützt, dass der Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft kein vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff iSv § OEG § 1 OEG ist und daher auch keinen opferentschädigungsrechtlichen Anspruch auslöst.
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Hinweis auf die Empfehlungen 'Qualitätsmaßstäbe und Gelingensfaktoren für die Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII'
Themen:
Erstauflage 2015
beschlossen auf der 118. Arbeitstagung
der Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter
vom 6. bis 8. Mai 2015 in Kiel - 100seitige Empfehlung -
Inhaltsangabe
1.Einleitung
2. Grundlagen der Hilfeplanung
2.1 Definition Hilfeplanung –Hilfeplanverfahren –Hilfeplan
2.2 Hilfeplanung als pädagogischer Prozess
2.3 Rechtliche Grundlagen der Hilfeplanung
2.3.1 Rechtliche Grundlagen für alle Hilfearten
2.3.2 Zusätzliche rechtliche Grundlagen bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie
2.4 Das sozialrechtliche Leistungsdreieck
2.5 Aufgaben und Rollen der unterschiedlichen Beteiligten in der Hilfeplanung
3. Einzelfallorientierte Qualitätsmerkmale
3.1 Beteiligung der Eltern und Kinder an der Hilfeplanung
3.2 Bedeutung der sozialpädagogischen Diagnostik
3.3 Zielorientierung und-formulierung als Grundlage für Hilfen
3.4 Ressourcen-und Sozialraumorientierung
3.5 Gleichberechtigte Berücksichtigung vielfältiger Lebenslagen
3.6 Bedeutung des Zusammenwirkens der Fachkräfte
4. Ergebnis-, Prozess-und Strukturqualität
4.1 Ergebnisqualität
4.2 Prozessqualität: Prozessdiagramm und Arbeitsschritte
4.3 Strukturqualität
4.3.1 Leitungsverantwortung für das Hilfeplanverfahren
4.3.2 Personalentwicklung
4.3.3 Zusammenwirken der Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe
4.3.4 Kooperation mit anderen Systemen
4.3.5 Reflexion und Auswertung von Wirkungen und Effekten und Weiterentwicklung der Hilfeplanung
4.3.6 Schnittstelle Hilfeplanung–Jugendhilfeplanung
5. Spezifische Aspekte
5.1 Hilfeplanung bei stationärer Unterbringung gemäß §§ 33, 34 SGB VIII
5.2 Hilfeplanung gemäß § 35a SGB VIII
5.3 Hilfeplanung mit jungen Volljährigen
5.4 Hilfeplanung im Kontext von Kindeswohlgefährdung: Wächteramt und Schutzkonzepte
5.5 Hilfeplanung mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen
5.6 Hilfeplanung bei Auslandsmaßnahmen
5.7 Hilfeplanung und Erziehungsberatung
5.8 Hilfeplanung im Kontext gerichtlicher Verfahren
6. Literaturverzeichnis
Liste der Mitglieder der Arbeitsgruppe
1. Einleitung
Mit dem SGB VIII wurde der Hilfeplan als zentrales fachliches Steuerungsinstrument für die einzelfallbezogene Hilfe zur Erziehung, die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung und die Hilfe für junge Volljährige eingeführt. Zentrale fachliche Standards – die Beteiligung der Leistungsberechtigten und der Kinder und Jugendlichen, das Zusammenwirken der Fachkräfte und die regelmäßige Überprüfung – wurden gesetzlich verankert.
Auch 25 Jahre nach ihrer Einführung bleibt die fachliche Ausgestaltung der Hilfeplanung eine dauerhafte ntwicklungsaufgabe. Die komplexe Herausforderung liegt darin, die Bedarfe, das Wünschen und Wollen der Leistungsberechtigten als zentrale Personen mit den fachlichen Inhalten einer Profession zusammen zu bringen und die bestehenden Leistungsansprüche vor dem Hintergrund der politisch-administrativen Rahmenbedingungen bestmöglich zu realisieren.
Angesichts unterschiedlicher Strukturen und Voraussetzungen stellt sich diese Aufgabe letztlich in jedem Jugendamt immer wieder neu.
In der Gestaltung ihrer kommunalen Planungs- und Gesamtverantwortung für eine bedarfsgerechte Kinder- und Jugendhilfe stehen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe dabei gegenwärtig vor großen Herausforderungen:
Die Zahl der Hilfen zur Erziehung ist in den vergangenen fünfzehn Jahren bundesweit um mehr als 40 % gestiegen; 2012 nahmen erstmals mehr als eine Million junger Menschen eine Hilfe zur Erziehung in Anspruch3, was die gewachsene Bedeutung dieser Leistungen für ein gelingendes Aufwachsen von jungen Menschen unterstreicht.
Komplexe Problemlagen machen dabei häufig auch eine wachsende Intensität der Hilfen erforderlich.Entsprechend sind die kommunalen Ausgaben für die Hilfen zur Erziehung zwischen 2000 und 2012 um mehr als die Hälfte gestiegen und liegen mittlerweile bei 7,4 Mrd. Euro.
Wie aber lässt sich die Wirkung dieser Hilfen nachweisen? Die Kinder- und Jugendhilfestatistik vermag zwar zu belegen, dass die Hilfen überwiegend dazu beitragen, die mit den Leistungsempfängerinnen und -empfängern im Hilfeplan formulierten Ziele zu erreichen. Die Tatsache aber, dass mehr als ein Drittel der ambulanten und gut die Hälfte der stationären Hilfen zur Erziehung nicht planmäßig enden bzw. es zu einem Abbruch kommt, verweist auf einen bedeutenden Weiterentwicklungsbedarf hin zu einer noch beteiligungs- und zielorientierteren Hilfeplanung.
Vor diesem Hintergrund und bei zumeist angespannten kommunalen Haushaltslagen geraten die Jugendämter unter einen erheblichen Rechtfertigungs- und Legitimationszwang. Werden mit den Maßnahmen die gewünschten Wirkungen erzielt? Werden die finanziellen Mittel effizient eingesetzt? Wie kann es gelingen, auch in Zeiten knapper Kassen den Adressatinnen und Adressaten qualitativ hochwertige Leistungsangebote zu machen? Und wie kann gewährleistet werden, dass die gewählte Hilfe tatsächlich die für die Leistungsberechtigten geeignete Hilfe ist?
Die entscheidende Stellschraube für die Steuerung der Hilfen im Einzelfall gemäß §§ 27 ff., 35a und 41 SGB VIII ist dabei die Qualität der Hilfeplanung. Im Prozess der Hilfeplanung wird deutlich, wie sich die Leistungsberechtigten beteiligt fühlen und wie sie ihre mit den Leistungen verbundenen Ziele formulieren können. Hier entscheidet sich, wie passgenau die Hilfen an ihren Bedarfen ansetzen und wie der Hilfeverlauf und die Zielerreichung kontinuierlich begleitet und überprüft werden. Eine optimale Gestaltung des Hilfeplanverfahrens trägt damit nachhaltig zum Gelingen der Hilfe bei.
Mit ihrer Steuerungsverantwortung für die Hilfeplanung halten die Jugendämter den Schlüssel für die Weiterentwicklung der Wirksamkeit und des Nutzens der Hilfen in den eigenen Händen.
Sie sind gefordert, das Verfahren der Hilfeplanung beständig zu überprüfen und zu optimieren.
Dazu benötigen Sie Merkmale und Indikatoren, an denen sich die Qualität der Hilfeplanung fachlich ausrichten und weiterentwickeln lässt.
§ 79a SGB VIII verpflichtet die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität und Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung zu entwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen. Dabei orientieren sich die Jugendämter nach § 79 a Satz 3 SGB VIII an den fachlichen Empfehlungen der Landesjugendämter.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter im November 2012 die Gründung einer Arbeitsgruppe zur Entwicklung bundesweiter Empfehlungen beschlossen, die Qualitätsmaßstäbe und Gelingensfaktoren für die Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII auf der Grundlage vorhandener Materialien aus den einzelnen Landesjugendämtern aufzeigen sollte.
In der Arbeitsgruppe unter Federführung des LWL-Landesjugendamts Westfalen-Lippe und des LVR-Landesjugendamts Rheinland haben insgesamt neun Landesjugendämter (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Niedersachsen, Rheinland, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Westfalen-Lippe) aktiv mitgewirkt. Die drei kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) haben Vertreterinnen und Vertreter aus Jugendämtern in die Arbeitsgruppe entsandt. Im Rahmen eines Workshops, zu dem neben den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege auch weitere Träger- und Fachverbände ebenso wie Leitungs- und Fachkräfte aus der kommunalen Jugendamtspraxis sowie Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Forschung eingeladen waren, wurde die Empfehlungen fachlich breit diskutiert und anhand der Anregungen und Hinweise weiterentwickelt.
Die vorliegenden Empfehlungen zur Hilfeplanung gemäß § 36 SGB VIII identifiziert zentrale Qualitätsmaßstäbe und Gelingensfaktoren für die Hilfeplanung und formuliert damit fachlich notwendige Anforderungen an die Fallbearbeitung, die den einzelnen Jugendämtern als Maßstäbe für die Ergebnis-, Prozess- und Strukturqualität der Hilfeplanung sowie als Grundlage für eine angemessene Weiterentwicklung der Aufbau- und Ablauforganisation im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) dienen können.
Den Empfehlungen liegt dabei ein Verständnis von Hilfeplanung zugrunde, das diese vor allem als sozialpädagogischen Prozess begreift, der die jungen Menschen und ihre Familien unterstützt, die ursächlichen Probleme und ihre selbst gesteckten Ziele mit Hilfe der Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe zu bearbeiten. Die dafür notwendige Koproduktion in der Hilfe kann nur gelingen, wenn die Leistungsberechtigten im Zentrum der Hilfeplanung stehen, ihre Motivation aktiviert wird und die Ausrichtung an ihren Zielen gewährleistet ist. Wie eine solche sozialpädagogische Orientierung fachlich ausgestaltet werden kann, steht im Zentrum der Empfehlungen. Aspekte des Verwaltungsverfahrens, die wie z.B. eine abgestimmte Zusammenarbeit mit der wirtschaftlichen Jugendhilfe ebenfalls Gelingensfaktoren der Hilfeplanung sind, bleiben hier entsprechend weitgehend ausgeklammert. Mit der Fokussierung auf den pädagogischen Prozess verbindet sich auch die Hoffnung, dass sich die in den vergangenen Jahren vor allem fiskalisch geführte Diskussion und die zum Teil drohende Reduktion des Hilfeplanverfahrens auf die Prozessschritte eines Datenverarbeitungsprogramms wieder stärker fachlich untermauern lässt.
Unstrittig ist, dass eine gute Qualität auch die notwendigen personellen und strukturellen Rahmenbedingungen voraussetzt und damit ohne Investition in Personal, Ausstattung und Qualifikation nicht auskommt. Aus den Daten der Kinder- und Jugendhilfestatistik ist abzulesen, dass die Personalausstattung in den Allgemeinen Sozialen Diensten mit der Entwicklung der Fallzahlen in den vergangenen Jahren nicht Schritt gehalten hat. Personal allein löst nicht automatisch alle Probleme. Einschlägige Untersuchungen belegen aber, dass ausreichendes und gut qualifiziertes Personal verbunden mit einer an fachlichen Qualitätsmerkmalen ausgerichteten Ablauforganisation, die kontinuierlich durch eine präsente und fachkompetente Leitung überprüft und weiterentwickelt wird, sich nachhaltig kostendämpfend und fallreduzierend auf die Hilfen auswirken.
Die Antwort auf die Frage, welche Personalausstattung in den Jugendämtern quantitativ und qualitativ erforderlich ist, setzt voraus, dass die notwendigen Arbeitsprozesse in ausreichender Qualität fachlich beschrieben sind. Erst auf dieser Grundlage kann ein für die Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben notwendiger Personalschlüssel sinnvoll ermittelt werden. Auch dazu liefern die vorliegenden Empfehlungen eine Grundlage.
Die Leistungserbringer tragen eine Mitverantwortung für eine ziel- und ergebnisorientierte Ausgestaltung der Hilfen. Aus Sicht der Leistungsberechtigten erscheint der Prozess der Hilfeplanung und der Leistungsgewährung als ein durchgängiger, gleichermaßen von Jugendamt und Leistungserbringern gemeinsam mit ihnen gestalteter Prozess. Es ist daher sinnvoll und notwendig, die grundlegenden fachlichen Orientierungen, das Vorgehen in der Hilfeplanung und die Arbeit an den Schnittstellen im Sinne des partnerschaftlichen Miteinanders gemeinsam mit den Trägern der freien Jugendhilfe auszuhandeln und zu vereinbaren. Entsprechend sollten die Ergebnisse der lokalen Umsetzung dieser Empfehlungen auch perspektivisch in einen Qualitätsdialog mit den Leistungserbringern eingebettet werden.
Die Empfehlungen gliedern sich in insgesamt vier Kapitel:
Das erste Kapitel (2.) vermittelt die Grundlagen der Hilfeplanung: Es werden zentrale Begriffe geklärt, das den Empfehlungen zugrundeliegende Verständnis von Hilfeplanung skizziert und die wichtigsten rechtlichen Regelungen zur Hilfeplanung dargestellt.
Das zweite Kapitel (3.) stellt insgesamt sechs Qualitätsmerkmale vor, die in der Arbeitsgruppe und auf dem Workshop als zentral herausgearbeitet wurden, damit die Hilfen für die Adressatinnen und Adressaten die erwünschten Wirkungen entfalten können.
Im dritten Kapitel (4.) wird dann weiter differenziert, woran sich konkret ablesen lassen sollte, dass die Hilfen wirksam sind (Ergebnisqualität), wie sich die Qualitätsmerkmale in der Ausgestaltung des Hilfeplanverfahrens konkretisieren (Prozessqualität) und welche strukturellen Rahmenbedingungen erforderlich sind, um diese zu gewährleisten (Strukturqualität).
Schwerpunktmäßig nehmen die Empfehlungen die Hilfeplanung im Rahmen der Hilfe zur Erziehung in den Blick.
Im abschließenden vierten Kapitel (5.) werden Fragen der Hilfeplanung bei anderen Leistungen und für spezifische Konstellationen beleuchtet: So geht es u.a. um die Hilfeplanung bei stationären Hilfen oder im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß § 35a SGB VIII sowie um die Hilfeplanung mit jungen Volljährigen oder minderjährigen Flüchtlingen.
Ein Anhang mit weiterführender Literatur und einer Übersicht über die von den einzelnen Landesjugendämtern herausgegebenen Materialien schließt die Empfehlungen ab.
Die Empfehlungen richten sich vor allem an Leitungskräfte in den Allgemeinen Sozialen Diensten, denen sie Anregungen und Hinweise für die verbindliche Implementierung der Qualitäts (weiter)entwicklung geben soll. Sie enthält aber auch Hinweise zur Gestaltung der Hilfeplanung, die für alle Fachkräfte relevant sind. Da die Kapitel auch unabhängig voneinander lesbar sein sollen, sind Doppelungen unvermeidbar und beabsichtigt. Um einen möglichst hohen Nutzen für die Praxis entfalten zu können, sind die Beiträge so knapp wie möglich verfasst und schließen immer Fragen zur Überprüfung der eigenen Praxis und Hinweise auf weiterführende
Materialien ein.