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Weiterdenken in der Pflegekinderhilfe -Texte von Praktiker/innen für Praktiker/innen
Auf Einladung des DIJuF trafen sich 20 Praktiker/innen aus dem bundesweiten Bereich der Pflegekinderhilfe, um in mehreren Treffen mit gemeinsamen Diskussionen und intensiver Zusammenarbeit eine Plattform für die Praxis der Pflegekinderhilfe in Deutschland zu entwickeln. Das Ergebnis dieser Arbeit ist nun veröffentlicht worden in der Broschüre „Weiterdenken in der Pflegekinderhilfe“.
Diese Broschüre hat es wirklich geben müssen.
Allein mit ihren farbigen Zeichnungen, Smileys und guten Unterteilungen lockt sie den neugierigen Leser.
Und wenn man sich dann in den Text vertieft!! Das ist richtig gut und macht Spaß zu lesen.
In einer gut verständlichen Sprache entwickelt sich hier ein Bild von der Pflegekinderhilfe – von dem was eigentlich wirklich sein müsste und von dem, was idealerweise sein könnte.
Um die Motivation der Praktiker/innen zu so viel Arbeit und Engagement zu verstehen, erlaube ich mir, das Vorwort aus der Broschüre herauszunehmen und Ihnen vorzustellen:
Diese Broschüre möchte für eine professionelle, aktive und achtsame, ideenreiche und kreative Unterstützung für Pflegekinder und ihre Familien werben. Angesprochen sind neben den Fach- und Leitungskräften der Pflegekinderhilfe in Jugendämtern und bei freien Trägern auch Mitarbeiter/innen bei sozialen Diensten sowie Vormünder und Pfleger/innen.
Die Leser/innen finden hier 15 Texte, die Kernthemen der Pflegekinderhilfe aufgreifen, die in der Praxis nicht selten mit erheblichen Herausforderungen verbunden sind. Die Liste der behandelten Fragen reicht von der Eignung von Bewerber/innen über die Bedeutung davon, Zeit mit dem Kind zu verbringen bis zu wichtigen Aspekten, die das Erwachsenwerden von Pflegekindern betreffen. Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben: Der Schutz von Kindern (§ 8a SGB VIII) oder Fragen der Dokumentation wurden bspw. nicht gesondert behandelt. Auch wurden spezifische Kontexte in der Pflegekinderhilfe wie Familien/Kinder mit Migrationshintergrund, behinderte Kinder oder Pflegefamilien für Flüchtlingskinder nicht als eigene Themen aufgegriffen. Ein besonders wichtiger Aspekt, dem die Texte in der Tiefe noch nicht gerecht werden, ist die Anforderung an Inklusion, die auch in der Pflegekinderhilfe gilt. Dieses Thema bedarf der Vertiefung in der Zukunft.
Alle 15 Texte wurden von einer bundesweit zusammengesetzten Gruppe erfahrener Praktiker/innen für Praktiker/innen diskutiert. Autor/innen aus dieser Gruppe haben die Texte geschrieben, ausführlich diskutiert und gemeinsam in ihre endgültige Fassung gebracht.
Die Texte sind jeweils nach demselben Schema aufgebaut:
Zunächst wird vorgestellt, worum es bei diesem Thema geht und welche Fragen sich stellen. In einem zweiten Abschnitt unter dem Titel „Der Idealfall“ werden Vorstellungen davon skizziert, wie eine optimale Gestaltung des Handlungsbereichs aussehen könnte. „Stolpersteine“ heißt ein Textteil, in dem sich typische Schwierigkeiten finden, denen Fachkräfte der Pflegekinderhilfe gegenüber stehen. Im Abschnitt „Das absolut Notwendige“ wird resümiert, was – vor dem Hintergrund von Idealvorstellung und Stolpersteinen – als notwendige Grundlage für professionelles Arbeiten gesehen wird. Und unter „Hilfreiche Ideen und Impulse“ sind schließlich Anregungen und Vorstellungen zur Gestaltung und Weiterentwicklung des angesprochenen Themas aufgelistet.Nachdem es zu Beginn schien, als ob „Selbstverständlichkeiten“ einer guten Praxis von der Gruppe nur noch gemeinsam zu Papier gebracht werden müssen, entwickelte sich im Laufe der gemeinsamen Arbeit an den Texten ein intensiver Prozess der Auseinandersetzung, in dem Fragen neu aufgeworfen und nach Klärungen gesucht wurden. So wurde bspw. diskutiert, was genau gemeint ist und wer konkret verantwortlich sein soll, wenn eine verbesserte Arbeit mit der Ursprungsfamilie eingefordert wird. Es wurde deutlich, dass sich manchmal unterschiedliche Ideen hinter denselben Begriffen oder Aussagen verbergen. Der anfangs scheinbar vorhandene Konsens, die „Privatheit der Pflegefamilie“ sei unbedingt zu respektieren, brach bei genauer Betrachtung in viele Facetten auf. Spannungen zwischen unterschiedlichen Zielen wurden in den Blick genommen. Auf mussten Begriffe geklärt werden: Manchmal ergaben sich Missverständnisse aus unterschiedlichem Verständnis derselben Begriffe.
Vieles war also zu differenzieren, an mancher Stelle blieben unterschiedliche Vorstellungen nebeneinander stehen. So waren sich zwar bspw. alle Autor/innen darin einig, dass eine professionelle Unterstützung auch der Ursprungsfamilie die Situation in der Pflegefamilie und für das Pflegekind entspanne; deutlich unterschiedliche Vorstellungen gab es aber darüber, ob die Arbeit mit den Eltern auch in der Pflegekinderhilfe angesiedelt sein solle; und wenn ja, ob dieselbe Person damit beauftragt sein solle, die auch die Pflegefamilie berät.
Die intensive Beschäftigung mit dem Thema zeigte, dass es unterschiedliche Betrachtungsweisen und Wertungen gibt. Gerade solche Unterschiede führten zu fruchtbaren Diskussionen und Reflexionen, manchmal kam es zu Klärungen, manchmal musste das Fortbestehen unterschiedlicher Einschätzungen akzeptiert oder zumindest ausgehalten werden. Insgesamt aber vertiefte die langfristige Auseinandersetzung das gemeinsame Verständnis von einer professionellen Pflegekinderhilfe und führte insbesondere zu einer Vergewisserung der gemeinsamen Haltung der Expert/inn/en der Gruppe. Als besondere Ingredienzien dieser Haltung sind zu nennen: Respekt vor dem Kind und seinen Familien, Professionalität in der Begleitung des Pflegekindes und seiner Pflegefamilie, Offenheit für unterschiedliche Perspektiven in der Zusammenarbeit mit Betroffenen und Professionellen sowie Interesse an wissenschaftlichen Erkenntnissen und Weiterentwicklung einer qualifizierten Pflegekinderhilfe.
Die Texte dieser Broschüre wollen Anregungen geben und einen Ausgangspunkt für weitere Entwicklungen bilden. Sie enthalten viele Vorstellungen über und Ideen zu einer guten Praxis. Sie möchten zeigen, dass es sich für Praktiker/innen lohnt, eigene Haltungen und Ideen immer wieder kritisch zu reflektieren und der Auseinandersetzung zugänglich zu machen. In diesem Sinne wünschen wir den Leser/innen eine anregende und durchaus auch kritische Lektüre. Die Pflegekinderhilfe braucht eine lebendige Diskussionskultur.
Die Broschüre hat 59 DIN-A4-Seiten und bespricht folgende Themen:
- Von Ressourcen und Personalbedarf – Voraussetzungen für die Weiterentwicklung der Pflegekinderhilfe
- Eignung von Pflegefamilien
- Netzwerkpflegefamilien
- Partizipation
- Zwei Familien
- Privatheit der Pflegefamilie
- Verwandtenpflegefamilien
- Kontaktgestaltung
- Zeit mit dem Kind
- Perspektivklärung für das Pflegekind
- Bereitschaftspflege
- Pflegekinder werden erwachsen
- Fachberatung
- Schnittstellen zum Allgemeinen Sozialen Dienst
- Schnittstellen zur Vormundschaft
- Geber- und Nehmerkommunen
Herausgeber:
Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. (DIJuF)
Poststr. 17, 69115 Heidelberg
Tel: 06221 98180, Fax: 06221 981828
Email: institut@dijuf.de
Internet: www.dijuf.de
Einzelpreis des Heftes: 7,00 € plus Versandkosten

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