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Handreichung zur Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder- und Jugendliche nach §35a SGB VIII
Themen:
Vorwort zur Handreichung aus der Internetseite des Landes Niedersachsen
Der Dauerbrenner Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder- und Jugendliche nach §35a SGB VIII beschäftigt natürlich auch die niedersächsischen Jugendämter in besonderem Maße. Festzustellen war und ist dieser Umstand u.a. an der häufigen Thematisierung in den Sitzungen der Vergleichsringe im Rahmen der IBN.
Wie Sie Kapitel zwei dieser Handreichungen entnehmen können, lässt sich in Niedersachsen an den Ergebnissen der Kennzahlenanalysen im Rahmen der IBN eine stark voneinander abweichende Gewährungspraxis bei den Jugendämtern erkennen. Während im Bereich der Hilfen zur Erziehung die Inanspruchnahmequote zwischen den Jugendämtern mit den höchsten und den niedrigsten Fallzahlen bezogen auf 1000 unter 18-jährige um den Faktor 3,5 voneinander abweicht (21,7 bzw. 77,4 Fälle pro 1000 unter 18-jährige), variiert diese Quote bei den Eingliederungshilfe für Kinder- und Jugendliche um mehr als das 17-fache. Und während im Bereich der Hilfen zur Erziehung zumindest ein Teil der Inanspruchnahme auf dem Hintergrund der Sozialstruktur der Kommunen erklärbar ist, entziehen sich die Daten aus der Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII jedem statistischen Analyseverfahren.
Dieses Phänomen bildete vor ca. zwei Jahren den Ausgangspunkt für das IBN-Projekt „Erarbeitung standardisierender Empfehlungen zu §35a SGB VIII“, dessen Ergebnisse Ihnen nun vorliegen. Mit der Beteiligung von Fachkräften aus mehr als zehn Jugendämtern wurde eine Arbeitshilfe für die kommunale Praxis entwickelt, die den komplexen Ansprüchen an eine Hilfegewährung und Hilfeplanung einer Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII entspricht. Vor diesem Hintergrund liegt der Schwerpunkt der Handreichung in der Abstimmung eines umfangreichen Formularwesens, das die Vielschichtigkeit der Hilfeplanung und die zentrale Verantwortung der Jugendhilfeträger bei der Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII unterstreichen soll.
Die 14 beteiligten Jugendämter am Modellprojekt haben sich gemeinsam auf den Weg gemacht, inhaltlich-fachliche Fragen zu klären. Dazu gehören Fragen nach der Diagnostik von Teilleistungsstörungen, danach wie sich die Jugendhilfe gegenüber dem Bildungssystem positioniert aber auch im Verhältnis zu den Gutachterinnen und Gutachtern, die die seelische Gesundheit diagnostizieren. Es wurden Fragen diskutiert wie: Muss man jede Stellungnahme akzeptieren, auch wenn sie mit veralteten Methoden erstellt wurde bzw. zur Vorgehensweise gar keine Angaben enthält? Wie soll man sich verhalten, wenn deutlich wird, dass die Schule bei Teilleistungsstörungen bisher keinerlei eigene Fördermaßnahmen in die Wege geleitet hat?
Neben dem Blick nach außen war aber insbesondere der Blick nach innen wichtig. Hier wurden vor allem Haltungen als auch Ziele diskutiert. Das gemeinsam entwickelte Verfahren gibt keine Empfehlungen zu einer Organisationsstruktur ab. Ob die Bearbeitung innerhalb von Spezialdiensten oder im ASD erfolgt, ist aus unserer Sicht nicht entscheidend. Wichtig ist, dass das notwendige Wissen um das Verfahren und die inhaltlichen Standards vorhanden sind. Geleitet hat uns vor allem, ein Verfahren zu entwickeln, das allen Anspruchsberechtigten Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Hilfe gewährleistet und dass die Jugendhilfe in diesem Zusammenhang als eigenständiger Akteur auftritt. Geleitet hat uns auch der immer wieder notwendige Verweis darauf, dass ALLE beteiligten Akteure im Sinne des Kindes mit einer Teilhabebeeinträchtigung zusammenwirken sollten.
Ziel der Handreichung ist die Weiterentwicklung der Hilfeplanungsprozesse in der Eingliederungshilfe nach §35a SGB VIII. Aus diesem Grund verstehen wir unser Arbeitsergebnis nicht als abgeschlossenes Produkt, sondern sehen vor dem dynamischen Hintergrund dieses Arbeitsfeldes und dieses Rechtsgebietes die Notwendigkeit, die Handreichungen in regelmäßigen Abständen einer Überarbeitung zu unterziehen. Der umfassende Anhang soll es den zuständigen Fachkräften in den Kommunen ermöglichen, auch in komplizierten Einzelfällen die notwendigen fachlichen Informationen und bei unklarer Rechtslage die wichtigsten Gerichtsurteile direkt einsehen zu können.
Es gibt in der Kinder- und Jugendhilfe wenige Bereiche, die in den vergangenen 20 Jahren derart häufig Ziel gesetzlicher Reformbemühungen waren, wie die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche. Es gibt kaum einen Bereich, über den so viel Literatur existiert. Und trotzdem begegnet man andererseits auch in keinem anderen Gebiet der Kinder- und Jugendhilfe so vielen Unsicherheiten, Halb- und Unwahrheiten. Wir hoffen, mit dieser Handreichung etwas mehr Klarheit schaffen zu können.
Unser Dank gilt natürlich zunächst der Arbeitsgruppe, die es mit ihrem Engagement ermöglicht hat, das Projekt in vergleichsweise kurzer Zeit umzusetzen. Unser Dank gilt auch den nachfolgend genannten Expertinnen und Experten, die uns für Fachgespräche zur Verfügung gestanden haben und uns bei den Überlegungen zur Konzipierung dieser Handreichungen wertvolle Hinweise geben konnten:
Dr. Ulrike Behrens, Niedersächsisches Kultusministerium
Barbara Büscher-Zühlsdorff, Fachstelle Eingliederungshilfe Landkreis Osnabrück
Burkhardt Lange, Richter am Verwaltungsgericht Hannover
Brigitte Merz-Bender, Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Hannover
Dr. Gerd Patjens, Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Osnabrück
Marlene Wolter, Niedersächsisches Kultusministerium
Christa Wulfert-Voigt, Fachstelle Eingliederungshilfe Landkreis Osnabrück
Zur Nutzung dieser Handreichung
Unser Anspruch war es, eine Handreichung zu entwickeln, die einerseits umfassendes Hintergrundwissen für den komplexen Bereich der Eingliederungshilfe für seelische behinderte Kinder und Jugendliche bereitstellt und andererseits eine Strukturierungshilfe für die Praxis der Jugendämter anbietet.
Um diese unterschiedlichen Wissensformen geeignet zu verbinden, haben wir die in der Arbeitsgruppe bearbeiteten relevanten Themen in möglichst kurzer und knapper Form in den folgenden sechs Kapiteln zusammengefasst. Vertiefende Wissensbestände zu Gesetzen, Erlassen, Diagnoserichtlinien und medizinischen Wissensbeständen werden in Form von (zumeist) Originaldokumenten im Anhang zur Verfügung gestellt. Diese sind mit dem Fließtext über Links verbunden, so dass Sie diese Dokumente bei Interesse direkt aus dem Text heraus aufrufen können, ohne umständlich über die Ordnerstruktur der CD gehen zu müssen. Dies gilt ebenso für die Formulare, die in Kapitel 6 erwähnt werden.
Beteiligte Institutionen
Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie
Am Waterlooplatz 11, 30169 Hannover
In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Beratung sozialer Innovation und Informationstechnologie (GEBIT) in Münster
Projektleitung:
Joachim Glaum (Nds. Landesamt für Soziales, Jugend und Familie)
Sabrina Langenohl (GEBIT Münster)
Die Arbeitsgruppe [1]:
Erika Beyland, Frauke Hoch, Holger Melchert (Jugendhilfe Süd-Niedersachsen e.V. – Verbund südniedersächsischer Jugendämter), Uwe Banse, Annette Kleine-Gödde, Nicole Jarosch (Landkreis Hameln-Pyrmont), Annett Ebert, Gotthard Schnarr, Josef-Godehard Wolpers (Landkreis Hildesheim), Michael Albers, Ulrike Dehmel, Anne Deike, Valeria Niessen, Catherine Tannahill (Landkreis Nienburg), Joachim Krenz, Helmut Maliers (Landkreis Peine), Christian Rötschke (Landkreis Uelzen), Stephan Schaper (Landkreis Verden), Karin Deiters-Winkler, Dieter Luczak, Holger Thiermann (Region Hannover), Marion Janys, Dörthe Kreutz (Stadt Delmenhorst), Carola Kirsch (Stadt Wolfsburg), Doris Lau (Landesamt für Soziales, Jugend und Familie
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