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Tiefergehende Information

Beteiligung des Pflegekindes an der Hilfeplanung

Informationen und Überlegungen zu der Frage, wie die ernsthafte Beteiligung der Pflegekinder an den Entscheidungen im Hilfeplanverfahren gestärkt und vertieft werden kann.

Schon als am 1. Januar 1991 das SGB VIII in Kraft trat, stand im § 36 (Mitwirkung, Hilfeplan) die Aufforderung zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen.

Im § 36 Absatz 1 und 2 heißt es:

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Vor und während einer langfristig zu leistenden Hilfe außerhalb der eigenen Familie ist zu prüfen, ob die Annahme als Kind in Betracht kommt. Ist Hilfe außerhalb der eigenen Familie erforderlich, so sind die in Satz 1 genannten Personen bei der Auswahl der Einrichtung oder der Pflegestelle zu beteiligen. Der Wahl und den Wünschen ist zu entsprechen, sofern sie nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sind. Wünschen die in Satz 1 genannten Personen die Erbringung einer in § 78a genannten Leistung in einer Einrichtung, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b bestehen, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung der Leistung in dieser Einrichtung nach Maßgabe des Hilfeplans nach Absatz 2 geboten ist.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Erscheinen Maßnahmen der beruflichen Eingliederung erforderlich, so sollen auch die für die Eingliederung zuständigen Stellen beteiligt werden.

Im Laufe der letzten Jahre wurde die Frage der Partizipation von Beteiligten im Rahmen der Jugendhilfe - und dazu gehörend auch die Frage der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen - ein intensiv diskutiertes und auch wissenschaftlich untersuchtes Thema.

Im Rahmen kindgemäßer Hilfeplanentscheidungen wurde die Notwendigkeit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen am Hilfeplanverfahren deutlich. Das Kind ist die maßgebliche Person, Verfahren und Entscheidungen sind also auf sein Wohl hin abzustellen. Natürlich spielen auch alle anderen Beteiligten eine entscheidende Rolle in der Hilfeplanung, die dann erfolgreich sein wird, wenn sich alle Beteiligten nach einer angemessenen Zeit zu einer gemeinsamen Perspektive der Hilfe durchringen können. Das gemeinsam gefundene und vertretene Ziel der Hilfe (Dauerhaftigkeit oder zeitlich befristet) wird den Bedürfnissen und der Entwicklung des Kindes am Meisten gerecht und wird sein unbedingt notwendiges Gefühl nach Sicherheit grundlegend beeinflussen.

Die gewünschte Beteiligung des Kindes im Hilfeplanverfahren führt natürlich zu der Frage:

Soll das Pflegekind an den Hilfeplangesprächen teilnehmen?

Ob das Pflegekind an einem Hilfeplangespräch teilnimmt hängt ausschließlich davon ab, ob es für dieses Kind einen Sinn macht und ob es das will. Es gibt keine generellen Lösungen. Diese Entscheidung ist immer eine Einzelentscheidung: Richtig für dieses Kind – oder nicht?

Bei einem Hilfeplangespräch ist es sehr bedeutsam, dass die Meinung des Kindes bekannt ist und eine Rolle spielt. Das Kind muss nicht als Person am Hilfeplangespräch teilnehmen, seine Meinung jedoch ist wichtig. Wenn das Kind demnach nicht selbst teilnimmt, muss jemand für das Kind sprechen. Dazu fühlen sich meist die Pflegeeltern angesprochen.

Aus meiner Sicht wäre es effektiver, wenn die Pflegeeltern ihre persönlichen Vorstellungen vertreten könnten und jemand anderes die Vorstellungen des Kindes.

Dies könnte (oder sollte)

  • der Vormund des Kindes sein, wenn es denn einen gibt und er seine Rolle so versteht. Zunehmend erleben wir Vormünder, die ihre Mündel nun einmal monatlich (manchmal etwas seltener) in der Pflegefamilie besuchen. Dadurch kann das Pflegekind eine eigenständige Beziehung zum Vormund entwickeln und erleben, dass dieser wichtig und sinnvoll ist und seine Interessen vertreten kann.
  • oder natürlich die betreuende Fachkraft des Pflegekinderdienstes. Wenn in Vorbereitung eines Hilfeplangesprächs die betreuende Fachkraft das Kind in der Pflegefamilie aufsucht und sich mit ihm bespricht, oder schaut wie es ihm geht und was seine Bedürfnisse sind, wird sie seine Meinung gut vertreten können. Die Fachkraft kann dann sehr authentisch die ‚Stimme‘ des Kindes im Hilfeplangespräch sein.
  • Wenn dies so nicht möglich ist und die Pflegeeltern auch das Kind vertreten müssen, dann sollten sie deutlich machen, dass das, was sie nun sagen, gewissermaßen in Vertretung des Kindes gesagt ist.

Pflegekinder möchten - erst recht wenn sie etwas älter werden - durchaus an einem Hilfeplangespräch persönlich teilnehmen. Aber auch hier: Vorsicht! Genau hinschauen, was besprochen wird. Vorher überlegen, zu welchen Themen das Kind denn dabei sein sollte und dies vorher besprechen.

Jugendliche können durchaus ermuntert werden, an den Hilfeplangesprächen teilzunehmen. Es ist wichtig für sie zu erleben, dass ihre Meinung von Bedeutung ist und dass gegen ihren Willen Entscheidungen nicht mehr durchsetzbar sein können.

Wie kann denn die Beteiligung von Pflegekindern gut gelingen?

Daniela Reimer und Klaus Wolf schreiben in Ihrem Aufsatz „Partizipation der Kinder als Qualitätskriterium der Pflegekinderhilfe“ zur Beteiligung von Pflegekindern konkret:

  • Partizipation heißt, den Pflegekindern zuzuhören.

Die Grundlage aller weiteren Partizipationserfahrungen ist, dass die Pflegekinder Wünsche und Befürchtungen äußern dürfen und diese wohlwollend gehört werden. Das für sie spürbare Interesse an ihrer Meinung ist somit eine notwendige, allerdings noch nicht hinreichende Voraussetzung aller weiteren Partizipationselemente.

  • Partizipation heißt, dass die Pflegekinder auf eine ihrem Entwicklungsstand angemessene Weise informiert werden.

Wenn die Kinder nicht hinreichend informiert sind, fühlen sie sich oft den Entscheidungen der Erwachsenen - und manchmal anonymer: der Dienste - ausgeliefert. Sie basteln sich zwar ihre eigenen Erklärungen, aber letztlich bleibt doch vieles für sie unklar und unverständlich. Dadurch entstehen zusätzliche, vermeidbare Belastungen.

  • Partizipation heißt, den Pflegekindern Wertschätzung entgegenzubringen.

Kinder sind in mehrfacher Hinsicht von Erwachsenen besonders abhängig und Pflegekinder haben diese Abhängigkeit oft deutlich schmerzhafter erfahren als Kinder, die behütet und ohne biografische Brüche aufwachsen konnten. Wo sie erlebt haben, dass ihre Bedürfnisse vernachlässigt und ihre Stoppsignale übergangen wurden, sind sie für die Asymmetrie und die Macht der Erwachsenen sensibilisiert. Daher sind sie besonders darauf angewiesen, dass ihre Anhörung und Information in einer wohlwollenden Atmosphäre stattfindet. Es geht also nicht nur um die schlichte Information, sondern um ihre Einbettung in von Wertschätzung gekennzeichneten Umgangsformen.

  • Partizipation heißt, dass Entscheidungen – so weit wie möglich – mit ihnen partnerschaftlich ausgehandelt oder von ihnen autonom getroffen werden.

Auch wenn wir etwas skeptisch sind, ob das Bild von den „gleichberechtigten Verhandlungen auf Augenhöhe“ die tatsächliche Situation und das Erleben der Kinder trifft (vgl. Wolf 2008), kann es als Orientierung doch nützlich sein, die Kinder als Experten ihrer Lebensverhältnisse ernst zu nehmen und bis auf Weiteres zu unterstellen, dass sie wissen, was für sie gut ist und was ihnen schadet.

  • Partizipation heißt, bei Entscheidungen gegen ihren Willen, um das Verständnis der Pflegekinder zu werben.

In manchen Situationen ist es unvermeidbar, Entscheidungen zu treffen, die den Wünschen und Hoffnungen der Kinder widersprechen. Wir haben solche Situationen insbesondere bei der Herausnahme von Kindern aus ihrer Herkunftsfamilie gefunden.

Alle Mitglieder von Pflegefamilien stehen immer wieder vor neuen Aufgaben. Ihre Lösung und die Bewältigung der dabei notwendigerweise auftretenden Probleme können nur gelingen, wenn auch die schwächeren Familienmitglieder die Erfahrung machen, dass sie beteiligt werden und den Verhältnissen nicht ausgeliefert sind, sondern sie beeinflussen können.

Partizipation bedeutet

  • dass die Kinder(gemeint sind jeweils auch Jugendliche) die Erfahrung machen, dass die Erwachsenen ihnen in einer günstigen Gesprächssituation zuhören,
  • dass die Kinder in angemessener Weise informiert werden,
  • dass sie Wertschätzung erfahren, auch wenn sie Schwierigkeiten machen,
  • dass Entscheidungen mit ihnen partnerschaftlich ausgehandelt oder auch von ihnen autonom getroffen werden können und
  • dass um ihr Verständnis und ggf. ihre nachträgliche Zustimmung geworben wird, wenn eine Entscheidung gegen ihre Wünsche unvermeidbar war.

 

Zur besonderen Frage der Beteiligung jüngerer Kinder hat die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe eine Broschüre herausgegeben, die ich Ihnen hier auszugsweise vorstellen möchte.

Hilfeplanung mit jüngeren Kindern in Erziehungshilfen Forderungen an die Fachpraxis bei freien und öffentlichen Trägern

Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII ist das zentrale Instrument zur Gestaltung und Steuerung von Erziehungshilfen. In einem Praxisentwicklungsprojekt des Evangelischen Fachverbands für Erzieherische Hilfen Rheinland-Westfalen-Lippe und der Fachhochschule Münster zur Unterbringung von Kindern unter sechs Jahren in stationären Hilfen wurde deutlich, dass dieses Verfahren für jüngere Kinder einer besonderen Aufmerksamkeit bedarf, da sich Zeitempfinden und Entwicklungsdynamiken von jüngeren Kindern deutlich von älteren Altersgruppen unterscheiden. Die Projektergebnisse zeigen besonders dramatische Folgen von Beziehungsabbrüchen und Diskontinuitäten dieser Altersgruppe und verweisen auf die Notwendigkeit der Verbesserung und Weiterentwicklung von Hilfeplanprozessen.

Vor diesem Hintergrund wurde ein Expertinnen- und Expertengespräch zu den fachlichen Herausforderungen an Hilfeplanverfahren und deren Umsetzungsmöglichkeiten bei Kindern unter sechs Jahren mit Vertreterinnen und Vertretern freier und öffentlicher Träger durchgeführt.

Als Ergebnis des Diskussionsprozesses konnten zentrale Forderungen für eine achtsame Gestaltung von Hilfeplanverfahren für jüngere Kinder formuliert werden. Der Evangelische Fachverband für Erzieherische Hilfen Rheinland-Westfalen-Lippe versteht diese als Hinweise und Empfehlungen, die zur Qualifizierung von Hilfeplanprozessen beitragen können.

Achtsamkeit und Respekt als Grundorientierung durchsetzen!

Eine zentrale Grundorientierung der Hilfeplanung mit kleinen Kindern lautet »Achtsamkeit«: Jedes Kind sendet und empfängt Botschaften. Diese Signale müssen wahrgenommen und verstanden werden. Dazu bedarf es Rahmenbedingungen, in denen Interaktionen zwischen Kindern und Eltern bzw. zwischen Fachkräften und Kindern sowie zwischen Fachkräften und Eltern möglich sind. Diese müssen respektvoll gestaltet werden. Mentoren können helfen, das Kind und die Eltern nicht aus dem Blick zu verlieren. Diese sollten auch helfen – in Ergänzung zur fallführenden Fachkraft – die Grenzen der »Belastbarkeit« von Kindern zu wahren. [...]

Angemessene Settings gestalten!

Die Gestaltung von Hilfeplanungssettings muss sich an den Bedürfnissen von Kindern und Eltern orientieren, damit diese Raum, Unterstützung und Sicherheit haben, sich zu äußern. Das heißt: Der Ort und die Zeit ist mit Eltern abzustimmen. Spielzeug für Kinder sollte vor Ort sein. Es müssen genügend Zeitressourcen von Mitarbeitern vorhanden sein. [...]

Partizipationsmöglichkeiten von Eltern und Kindern eröffnen!

Es gilt eine gemeinsame Perspektive zu entwickeln, die den individuellen »Rucksack« jedes Kindes und dessen Familie im Blick hat. Dies erfordert: Eine gute Prozessgestaltung. [...]

Beobachtungsräume und Beobachtungsgelegenheiten bei sehr jungen Kindern

Bei Kindern unter drei Jahren findet Beteiligung eher durch Beobachtung statt. Dazu sind Möglichkeiten zu schaffen bzw. Gelegenheiten wahrzunehmen, in denen Kinder beim Spielen, in der Interaktion mit Eltern und anderen Bezugspersonen möglichst ‚alltagsnah’ beobachtet werden können. [...]

Direkte Beteiligungsformen für Kinder

Mit circa drei Jahren ist es möglich, Kinder direkt zu beteiligen. Auch hier sind die Settings – Situationen, Personen und Methoden – auf die Bedürfnisse der Jungen und Mädchen abzustimmen. [...]

Beteiligung im Sinne einer Geschlechtergerechtigkeit

Gerade bei kleinen Kindern sind die Mütter oft erste Ansprechpartnerin für die Fachkräfte. Dabei sollte nicht aus dem Blick geraten, dass auch die Väter für das Aufwachsen von Kindern zentral sind. [...]

Reflektierte Haltung zur Beteiligung

Fachkräfte müssen ihre Haltung zur Beteiligung reflektieren. Werden kleine Kinder eher als »Subjekte« mit eigenen Wahrnehmungen und Einschätzungen zu »ihrer« Welt wahrgenommen, oder eher als »Objekte« von Erziehung, in der Erwachsene wissen, was Kinder brauchen? [...]

Krisenfälle als besondere Herausforderung

Bei Inobhutnahmen von kleinen Kindern muss die Beteiligung von Eltern besonders klar geregelt werden. [...]

Fallverstehen und Diagnostik verbessern!

Im Hilfeplanverfahren können Probleme nicht stellvertretend gelöst, sondern müssen stellvertretend gedeutet, also wahrgenommen, verstanden und entschlüsselt werden. Es ist die Aufgabe der Fachkräfte, »einen roten Faden« kindlicher und familiärer Entwicklungen zu finden, der Zusammenhänge erklären und Perspektiven entwickeln hilft. [...]

Kinderschutz nicht aus dem Blick verlieren! Rechte von Eltern beachten!

Hilfeplanverfahren für jüngere Kinder erfordern ein umfassendes Wissen über Grundlagen kindlicher Entwicklung. Hiermit ist sowohl ein Wissen über die körperliche, kognitive und psychische Entwicklung als auch über die Notwendigkeit der Bearbeitung von individuellen Entwicklungsaufgaben gemeint. Eine sichere Bindung gilt als Voraussetzung der »Entwicklungsarbeit« von Kindern.
Allerdings gilt in jedem Fall: Kinder und ihre Eltern sind in die Hilfeplanung einzubinden, auch wenn Kinder noch sehr jung sind, traumatische Erfahrungen gemacht haben oder Eltern mit komplexen Lebenssituationen belastet sind. Es gibt keinen »Graubereich« und auch keinen Kinderschutzbereich, in dem Beteiligungsrechte eingeschränkt werden dürfen. [...]

Engmaschige Hilfeplanung organisieren!

Hilfeplanung muss umfassend gedacht werden: Sie umfasst als Klärungs-, Entscheidungs- und Unterstützungsprozess mehr als nur die offiziellen Hilfeplangespräche. In Konzepten ist der gesamte Prozess qualifiziert zu beschreiben. [...]

Übergänge gestalten!

Übergänge in andere stationäre oder ambulante Hilfeformen sind aktiv zu gestalten und können nicht dem Zufall überlassen werden.
Besonders bei Übergängen ist sicher zu stellen, dass die Eltern nicht ins Abseits geraten. Von Kontaktsperren zum Beispiel zur Herkunftsfamilie während der Übergangsphasen ist dringend abzuraten. Sollten diese in Einzelfällen dennoch geboten sein, ist dieses fachlich sorgfältig zu hinterfragen und ausführlich zu begründen. [...]

Gemeinsame Verantwortungsübernahme sichern!

Fachkräfte von freien und öffentlichen Trägern sollten gerade für Eltern im Streit gemeinsame Verantwortungsübernahme entwickeln und vorleben. [...]

Qualitätsdialoge führen!

Neben der Fallarbeit in der Hilfeplanarbeit sind fallübergreifende Qualitätsdialoge zwischen freien und öffentlichen Trägern zu qualifizieren und zu intensivieren. [...]

Interdisziplinarität ermöglichen!

In vielen Fällen ist es hilfreich, eine zusätzliche Perspektive durch andere Disziplinen und Arbeitsfelder zu gewinnen. [...]

Angemessene Finanzierung und Personalausstattung!

Eine achtsame, dialogorientierte und engmaschige Hilfeplanung mit den skizzierten Qualitätskriterien kann nur realisiert werden, wenn hierfür fachlich qualifiziertes Personal mit ausreichenden zeitlichen Ressourcen zur Verfügung steht. [...]

Diese Broschüre fasst die Ergebnisse eines Expertenworkshops zusammen, an dem zahlreiche freie Träger der Jugendhilfe sowie Jugendämter beteiligt waren.

Eine besondere Bedeutung in der Beteiligung von Pflegekindern in der Hilfeplanung liegt in der Frage, ob die Kinder traumatisierende Erfahrungen hatten und wie mit diesen Erfahrungen im Bereich der Hilfeplanung umgegangen werden muss.

Hierzu ein Auszug aus dem Referat "Traumatisierte Kinder und Jugendliche im Hilfeplanprozess", Vortrag von Margarete Udolf auf dem Fachtag „Partizipation in der Hilfeplanung“ am 28.08.2013

1. Partizipation als (trauma)pädagogische Grundhaltung bedeutet ein besonderes Menschenbild: Kinder und Jugendliche sind Erwachsenen prinzipiell gleichgestellt und Partizipation beginnt am ersten Tag der Hilfeplanung!

2. Partizipation stellt die Ausgangsbasis der Beziehungsgestaltung zwischen Fachkräften und Betreuten in jedem Kontext der Kinder und Jugendhilfe dar:

  • nicht nur Kinder und Jugendliche sollen sich an den öffentlichen und freien Träger anpassen – die Institutionen unternehmen Ansassungsleistungen an das Individuum.
  • Die gesamte Kinder- und Jugendhilfe denkt konsequent von den Interessen der Mädchen und Jungen aus Stufen der Partizipation.

Damit Beteiligung im Hilfeplanungsprozess gelingen kann, muss für alle Betroffenen berücksichtigt werden, dass die Maßnahmen keine Überforderung darstellen. Je nach Alter, Entwicklungsstand und Motivation ist eine entsprechende Stufe der Beteiligung zu wählen. Dabei muss für die Kinder und Jugendlichen jeweils im Voraus transparent sein, um welche Form der Beteiligung (z.B. Information oder Mitbestimmung) es geht. Partizipation wird hier als Befähigungsprozess verstanden, der zum partnerschaftlichen Aushandeln von Beteiligungsformen an Machtquellen führen soll. Dieser Prozess wird als Stufenmodell dargestellt. In der praktischen Sozialarbeit geht es hierbei um die Ausbalancierung des ungleichen Machtgewichts zwischen Fachkräften und jungen Menschen. [...]

Ein Schaubild im Referat (Link siehe unten) zeigt verschiedene Formen der Beteiligung, in denen die Entscheidungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche jeweils unterschiedlich ausgeprägt sind: Von der Stufe der Nicht-Information also Nicht-Beteiligung) geht es mit zunehmender Beteiligung über Mitsprache und Mitwirkung bis zur Selbstbestimmung als höchster Stufe.
So kann der tatsächliche Entwicklungsstand und aktuelle Stabilität der Mädchen und Jungen im Hilfeplanprozess berücksichtigt werden!

Wichtig: Als hilfreich hat es sich erwiesen, schwierige Hilfeverläufe nicht als Niederlage sondern eher als diagnostische Informationen über die Beteiligten Kinder und Eltern zu bewerten!

Hinweise zur Gestaltung von Hilfeplangesprächen

  1. Transparenz und rechtzeitige Information über Anstehendes
  2. Vorbereitung vor Hilfeplangesprächen
  3. Zeit für die innerliche Vorbereitung
  4. unterstützende Begleitung während der Hilfeplangespräche
  5. Nachbereitung der Ergebnisse

Dies geschieht hauptsächlich in Gesprächen, wobei mehrere Anläufe und differenzierte Methoden hilfreich sind. Fachkräfte benötigen auch zeitnahen Infofluss und geregelter Austausch mit allen beteiligten Helferinnen.
Bei gelingender Umsetzung der Partizipation in der Hilfeplanung wird das Gefühl traumatisierter Mädchen und Jungen, der Willkür Erwachsener ausgeliefert zu sein allmählich abgebaut und das Gefühl von Selbstwirksamkeit wird entsteht.

Auf der Webseite www.jugendhilfe4u.de wird Jugendlichen erläutert, was Jugendhilfe und Hilfeplanung ist und wie sie zu beteiligen sind

Deine Beteiligung an dem entscheidenden gemeinsamen Gespräch (Hilfekonferenz):

Wenn die Entscheidung ansteht, bzw. wenn bereits feststeht, wie die Hilfe genau aussehen soll, z.B. wo du in Zukunft wohnen wirst, wird eine Hilfekonferenz einberufen. Dann setzen sich alle Beteiligten zusammen. Das sind in der Regel:

  • Mitarbeiter/innen des Jugendamtes
  • evtl. Mitarbeiter/innen einer Kriseneinrichtung oder Beratungsstelle, die dich dort kennen gelernt haben
  • deine zukünftige/n Betreuungsperson/en
  • deine Eltern, wenn du noch nicht 18 Jahre alt bist
  • natürlich du
  • und evtl. Personen deines Vertrauens, die du dabei haben möchtest.

Bei dieser Hilfekonferenz wird darüber gesprochen, wie diese Hilfe genau aussehen soll, wann sie beginnen, wie lange sie voraussichtlich dauern soll und vor allem was in dem Zwischenraum passieren soll. Deshalb wird dieser Prozess auch Hilfeplanung genannt.

Hilfekonferenzen werden dich während einer Jugendhilfemaßnahme begleiten. Sie werden regelmäßig stattfinden, um die gemeinsam vereinbarten Ziele zu überprüfen oder sie auch mal zu ändern, wenn es nötig ist. Sie können aber auch unregelmäßig stattfinden. Das passiert immer dann, wenn eine Jugendhilfe nicht „glatt“ abläuft. Diese „außerordentlichen“ Hilfekonferenzen können von allen Beteiligten einberufen werden – also auch von dir, wenn du mit irgendetwas, was die Hilfe angeht, nicht einverstanden bist und sich dieses Problem nur in einer Konferenz lösen lässt.

Das Jugendamt spricht häufig vom Hilfeplan.

Der Hilfeplan beginnt bei der Hilfeeinleitung und endet bei der Beendigung der Jugendhilfe. Er wird gemeinsam mit Dir aufgestellt beziehungsweise erarbeitet. Meistens wird in der ersten Hilfekonferenz der „grobe“ Hilfeplan für die gesamte Jugendhilfe festgelegt. Dabei geht es um Ziele, wer was dazu beizutragen hat, wer was tut, etc.. Jede/r Beteiligte muss diesen Hilfeplan unterschreiben und erhält eine Kopie des Hilfeplans.

Du solltest darauf achten, dass der Hilfeplan auch deine Meinung zu der geplanten Jugendhilfe enthält. Genauso wie deine Eltern hast du das Recht und die Pflicht zur Mitwirkung. Sollten deine Wünsche, obwohl du sie sachlich vertreten hast, in dem Hilfeplan nicht berücksichtigt werden, wende dich an den Zuständigen oder die Zuständige beim Jugendamt. Wenn das nicht funktioniert, dann wende dich an uns!

Deine Beteiligung an der Entscheidung über die Weiterführung der Hilfe:

Mit der Einleitung der Hilfe ist schon ein wichtiger Schritt zur Verbesserung deiner Situation geschafft. Damit jedoch sicher gestellt ist, dass die Hilfe immer auch deiner Situation, deinen Wünschen und deinem Entwicklungsstand angepasst ist, findet regelmäßig eine Überprüfung statt. Dann wird gemeinsam mit dir, deinen Eltern, deinen Betreuern und dem Jugendamt geschaut, ob die Hilfe noch notwendig und geeignet ist. Vielleicht hat sich ja die Situation zwischen dir und deinen Eltern etwas entspannt und die Probleme sind nicht mehr so groß, so dass du wieder zu Hause wohnen kannst. Oder du bist inzwischen selbständig genug, dass du keine Hilfe vom Jugendamt mehr benötigst. Es kann sein, dass die Meinungen über die Weiterführung auseinander gehen, d.h. das Jugendamt hat eine andere Meinung als du oder deine Eltern. Lasse dir in dieser Situation die Gründe vom Jugendamt erklären und vertrete dort deinen Standpunkt. Auch hier hast du ein Recht auf Beteiligung und Mitwirkung.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes sind sehr daran interessiert eine passende Lösung genau für dein bzw. eure Probleme zu finden. Das nennt man Einzelfallorientierung. Aus diesem Grund soll das Hilfeplanverfahren auch an deine oder eure besondere Situation angepasst werden.

Auszug aus:

Eine Rückmeldung von Jungen und Mädchen, wie sie Hilfeplangespräche erleben

13 Jugendliche - 4 Mädchen und 9 Jungen im Alter von 11 bis 17 Jahren – hatten auf Einladung des Jugendamtes Paderborn an einem Workshop teilgenommen. Die Jugendlichen waren nach § 34 SGB VIII in Heimen, Wohngruppen oder betreutem Wohnen untergebracht. In diesem methodisch und zeitlich gut vorgeplanten Workshop konnten sich die Jugendlichen über ihre Erfahrungen und Empfindungen bei Hilfeplangesprächen äußern.

Ich möchte Ihnen diese Äußerungen vorstellen, denn ich bin der Überzeugung, dass auch Pflegekinder ähnliche Empfindungen haben.

Sinn und Zweck von Hilfeplanung

  • das Hilfeplangespräch könnte man sein lassen,
  • keine Hilfeplangespräche mehr!
  • Ich fühl´ mich allein im Hilfeplangespräch,
  • versteh den Sinn von Hilfeplanung nicht.

Wie wir miteinander reden

  • man fragt uns immer zuletzt,
  • alles läuft wie eine Abfrage meines Befindens ab,
  • lassen einen manchmal nicht ausreden,
  • sie selbst reden zu viel,
  • Eltern hören nie zu,
  • Mutter hört mir nie zu,
  • die Erzieher hören mir nicht zu.

Wie meine Anliegen wahrgenommen werden.

  • ich weg musste aus Paderborn, obwohl ich nicht wollte,
  • meine Anliegen werden kaum wahrgenommen,
  • ich wurde nicht nach meinen Interessen gefragt.

Worüber geredet wird

  • wir wissen nicht, worüber geredet wird,
  • einige Themen gefallen mir nicht,
  • Gespräche enden im Chaos (Themen, über die man nicht reden will, werden angesprochen (Vergangenheit in der Familie usw.)),
  • die Erwachsenen reden und lästern über mich,
  • Fragen sind doof, weiß nicht, was ich antworten soll.

Wer ist dabei

  • Eltern sind zu wenig dabei,
  • manchmal sind zu viele Fremde dabei.

Wie es abläuft

  • ich muss kurz nach Beginn 10 Minuten wieder raus,
  • nicht von Anfang an dabei sein,
  • ich werde ´rausgeschickt, wenn sie über mich reden,
  • wir müssen solange zuhören,
  • es ist oft langweilig,
  • Hilfeplangespräche dauern zu lange,
  • geht zu oft raus, um etwas zu holen,
  • telefonieren beim Gespräch zu viel.

Vorbereitung

  • ich fühle mich nicht gut vorbereitet,
  • ich weiß nicht, was besprochen werden soll.

Wie wir entscheiden

  • dass ich nicht die Betreuung mit aussuchen konnte,
  • mir gefällt das Heim nicht,
  • falsche Zusage: sollte in WG, kam ins Heim,
  • mein Wunsch in einem Heim (WG) in Paderborn zu leben, wurde bisher nicht erfüllt,
  • die entscheiden über meinen Kopf hinweg,
  • treffen manchmal falsche Entscheidungen,
  • falsche Entscheidungen,
  • es dauerte sehr lange, bis ich woanders wohnen konnte,

In Bezug auf die Gestaltung der Gespräche wünschen die Mädchen und Jungen

Zeit:

  • dass die Gespräche nicht so lange dauern!
  • festgelegte Zeit,
  • dass alle mal Pause machen (die dürfen dann nicht einfach weiter reden),
  • längere Pausen.

Ort:

  • Gespräche sollen Zuhause (WG) stattfinden.

Störungen:

  • dass sie nicht zwischendurch rausgehen,
  • sie sollen nicht zu oft telefonieren,
  • man darf nicht rausgeschickt werden.

Flexible Gesprächsgestaltung:

  • man sollte erst einzeln reden und dann alle zusammen mit Eltern und Jugendamt,
  • mal alleine mit dem Jugendamt reden kann.

TeilnehmerInnen:

  • nahestehende Personen,
  • dass dann alle auch da sind.

In Bezug auf die Kommunikation wünschen die Mädchen und Jungen:

Ausreden und Zuhören

  • Dass sie uns bei den Hilfeplangesprächen ausreden lassen,
  • man sollte uns zuhören,
  • ich möchte, dass die Eltern zuhören.

Miteinander reden:

  • Uns fragen, was man die nächste Zeit machen kann und auch uns Kinder fragt, was man für wichtig hält.
  • dass die Hilfeplangespräche nicht nur „Frage- und Antwortspiele“ sind,
  • dass ich dann darüber reden kann, was mich bedrückt,
  • dass man im Hilfeplangespräch auch über Wünsche redet,
  • dass man Vorschläge machen kann, z.B. dazu wie das Hilfeplangespräch laufen könnte,
  • dass man offen und ehrlich sprechen kann,
  • dass alle ehrlich sind,
  • dass man uns akzeptiert.

Kindgerechte Sprache

  • Die Leute sollen nicht mit mir Psychologenquatsch labern

Zur Atmosphäre:

  • dass die Gespräche lockerer werden!,
  • auch Spaß haben,
  • wenn es Alkohol gäbe, würde die Stimmung lockerer,
  • ohne Sozialarbeiter und Betreuer könnten die Hilfeplangespräche richtig schön sein,
  • Musik.

Vorbereitung:

  • Hilfeplangespräche besser vorbereiten.

Sonstiges

  • Gespräch aufnehmen (Kassettenrecorder),
  • eine Vertrauensperson mitbringen,
  • dass keiner ins Heim gehen muss.

Als ein Ergebnis des Workshops schrieben die Jugendlichen Briefe an den Paderborner Jugendamtsleiter.

Das Jugendamt hat uns am 19.1.2001 in Paderborn eingeladen. Wir waren 13 Jugendliche und drei Erwachsene. Wir haben über Hilfepläne gesprochen. Und wir haben ein paar Punkte, die wichtig sind, bei den Hilfeplangesprächen.

  • Dass sie uns bei den Hilfeplangesprächen ausreden lassen.
  • Dass die Gespräche nicht so lange dauern. Das nur über das wichtigste gesprochen wird.
  • Dass auch nur die betroffenen Personen dabei sind.
  • Dass die Hilfeplangespräche lockerer werden.
  • Dass wir auch Pausen haben im Hilfeplangespräch.
  • Dass nicht über uns, sondern mit uns gesprochen wird.
  • Und wenn wir eine Pause machen, dann alle und nicht dass, wenn man raus geht, einfach weiter geredet wird.
  • Dass man auch unsere Meinungen und Tips akzeptiert.
  • Dass man auch beim Hilfeplangespräch ernst nimmt, wenn man was vorschlägt.
  • Dass man auch von Anfang an dabei ist.
  • Dass die Hilfeplangespräche gut vorbereitet werden. Und so wie sie jetzt im Moment sind, können sie gleich abgeschafft werden. Oder es soll halt besser werden.
  • Dass man auch eine Unterstützung hat oder eine Vertrauensperson mitnehmen kann.
  • Dass das Hilfeplangespräch auch mal zu Hause stattfindet.
  • Dass man auch am Ende des Hilfeplangesprächs das Protokoll bekommt.

Ich hoffe, dass sie meine Ideen berücksichtigen!

Am 19.1.01 haben sich ein paar Jugendliche aus verschiedenen Einrichtungen Gedanken darüber gemacht, wie man Hilfeplangespräche verbessern könnte.

Uns sind zu dem Thema verschiedene Punkte eingefallen, die wir hoffen mit Ihrer Hilfe verbessern zu können. Zum Beispiel haben sich ein paar Jugendliche darüber beschwert, dass man sie in diese Gespräche nicht richtig mit einbezieht und man sie nicht aussprechen lässt.

Ich persönlich halte nicht viel von diesen Gesprächen und würde am liebsten nie wieder an sowas teilnehmen, da diese bis jetzt immer mit vielen Tränen geendet haben. Und da ich keinem anderen Jugendlichen so ein Gespräch mit diesem Ende wünsche, hoffe ich auf ihre Unterstützung in dieser Sache.

Meine letzten Hilfeplangespräche sind im Chaos verlaufen, da sie sehr lange dauerten und am Ende ist nichts dabei herausgekommen. Das sollte man ändern, da man ja im Hilfeplan Hilfe erwartet. Das könnte man:

  • durch festgelegte Zeiten;
  • dadurch, dass man das Hilfeplangespräch nur im engsten Kreis stattfinden läßt und nicht Fremde (Leiter, Finanzfrau usw.) dabei sind. Ich will nicht jedem auf die Nase binden, was ich habe.
  • Jeder im Kreis soll sagen können was er will, was ich sage wird nicht ernst genommen.
  • Die sollten nicht einfach über mich reden, ich fühle mich dann wie eine Sache und nicht wie ein Mensch.
  • Die Hilfeplangespräche sollten lockerer sein.
  • Im Protokoll stehen manchmal Sachen, die wir gar nicht besprochen haben, es sollten nur die Sachen im Protokoll stehen, die wir auch wirklich im Hilfeplangespräch besprochen haben.

Wenn Sie ´s befürworten, was ich Ihnen gesagt habe, finde ich es gut.

Wir haben uns mit den Mitarbeitern und Jugendlichen getroffen und haben uns zu einer Gruppe zusammen gefunden.

Wir möchten Ihnen sagen, dass beim Hilfeplangespräch wir als Kinder mehr als bisher angehört werden sollen und zwar deshalb, weil wir in den Einrichtungen (Heime, Wohngruppen) leben und nur wir wissen wie das Zusammenleben dort funktioniert.

Wir als Kinder wünschen uns:

  • dass Sie Herr Walter dafür sorgen, dass unsere Rechte mehr als bisher berücksichtigt werden,
  • dass wir mit unseren Sorgen ernst genommen werden,
  • dass sie uns besser behandeln und so wie wir sie auch behandeln sollen,
  • dass uns besser zugehört werden soll.

Die Hilfeplangespräche sollen zukünftig besser laufen.

Zusammenfassung der Ergebnisse und Konsequenzen des Workshops

Kindgerecht informieren

Überwiegend war den Kindern und Jugendlichen der Sinn und Zweck oder ihre Möglichkeiten und Rechte im Hilfeplanungsprozess nicht deutlich. Zu wissen, worum es geht und was ihre Möglichkeiten sind, ist allerdings eine wichtige Voraussetzung für die Kinder, um sich zu beteiligen. Hier scheint eine kindgerechtere Information notwendig, indem sie altersentsprechend, situationsbezogen und wiederholt geleistet wird.

Mit Kindern reden und Kommunikation gestalten

Zuhören und ausreden lassen, mit und nicht über Kinder reden, gefragt und nicht befragt zu werden, über Wünsche und Vorschläge sprechen zu können sowie Ehrlichkeit und Offenheit sind für die Mädchen und Jungen wichtige Voraussetzungen, damit sie sich als Mitwirkende in der Hilfeplanung ernst genommen fühlen. Hier ist insbesondere die Moderation gefordert, Kindern einen angemessenen Raum zu sichern und das Gespräch in einer verständlichen und sie respektierenden Sprache zu führen („kein Psychologendeutsch“).

Ablauf und Setting an den Bedürfnissen der Mädchen und Jungen orientieren

Die Gestaltung des Ablaufes und des Settings der Hilfeplanung sind mehr als bisher an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen auszurichten. Dazu gehört die Absprache eines zeitlichen Rahmens, der auch Pausen vorsieht. Ebenfalls gehört dazu, mit den Kindern abzusprechen, wo man sich trifft. Die Kinder ziehen diesbzgl. die WG oder das Zuhause fremden Besprechungszimmern oder Büros vor.

Telefonate während der Gespräche oder das zwischenzeitliche Hinausschicken der Kinder erunsichert sie nicht nur, sondern dokumentiert für sie mangelndes Interesse und Respekt. Als hilfreich sehen sie dagegen die flexible Gestaltung der Gespräche, die es ihnen ermöglicht auch ´mal alleine mit dem Jugendamt oder anderen Beteiligten zu reden, bevor sich dann alle zusammen setzen. Zudem wünschen die Kinder, dass möglichst nur nahestehende Personen an der Hilfeplanung teilnehmen, weil sie „nicht Fremden erzählen wollen, was mit ihnen los ist“. Als weitere Unterstützung sollte den Mädchen und Jungen angeboten werden, eine Person ihres Vertrauens mit in die Hilfeplangespräche zu nehmen.

Atmosphäre schaffen

Immer wieder betonen die Mädchen und Jungen, dass die Gespräche „lockerer“ sein sollen. Zuträglich sind hier die Wahl eines angemessenen Ortes, dass nicht nur über Probleme geredet wird, dass auch mal gelacht wird, dass die TeilnehmerInnen bekannt und vertraut sind, dass man weiß worüber geredet wird, dass es was zu trinken, Kaffee und Kuchen gibt etc.

Hilfeplangespräche vor- und nachbereiten

Während einige Kinder berichten, dass sie sich mit ihren BetreuerInnen vorher über das Hilfeplangespräch unterhalten, wird mit anderen offensichtlich gar nichts vorbereitet. Eine Vorbereitung der Hilfeplangespräche scheint von zentraler Bedeutung, denn hier haben die

Mädchen und Jungen die Möglichkeit, sich inhaltlich vorzubereiten und einzustellen auf das was ansteht, zu überlegen was und wie sie sich einbringen wollen sowie Einfluss auf die Gestaltung der Hilfeplanung zu nehmen. Auch eine Nachbereitung der Gespräche mit den Kindern ist notwendig. Vereinbarungen und Entscheidungen können nochmals mit ihnen zusammen reflektiert werden, das Protokoll gemeinsam gelesen, besprochen, überprüft und ggf. ergänzt werden.

Mädchen und Jungen an Entscheidungen beteiligen

Ein Teil der Mädchen und Jungen findet sich nicht ausreichend an Entscheidungen beteiligt, dies scheint sich besonders auf die Auswahl der Betreuungsangebote zu beziehen, von der die Kinder bei stationärer Unterbringung existenziell betroffen sind. Gerade bei solchen sie betreffenden Entscheidungen ist darauf zu achten, dass diese Enscheidungsprozesse für Kinder nachvollziehbar gestaltet werden und sich mit ihnen ´rückzuversichern, dass sie sich auch subjektiv beteiligt fühlen.

Kinder und Jugendliche wollen ernst genommen werden

Mehrfach betonten die Mädchen und Jungen, dass sie sich ungenügend ernst genommen fühlen. Aufgrund ihrer rechtlichen Stellung (Minderjährigkeit, fehlendes Antragsrecht) und aufgrund dessen, dass sie in der Regel mit mehreren Erwachsenen konfrontiert sind, nehmen sie strukturell die schwächste Position im Hilfeplanungsprozess ein. Um dieses Ungleichgewicht im Sinne der Kinder abzubauen, sind die Fachkräfte der öffentlichen und freien Jugendhilfe gefordert, den Hilfeplanungsprozess immer wieder aus der Perspektive der Mädchen und Jungen zu überprüfen und ihnen besondere Unterstützung zu bieten, um sich einbringen und ihre Bedürfnisse und Interessen deutlich machen zu können.

Auszug aus dem Heft des Landesjugendamtes Westfalen „Qualität durch Beteiligung in der Hilfeplanung“ – Beschreibung und Ergebnisse des Workshops ab Seite 93.

Autorin des Artikels: Henrike Hopp, Dipl. Sozialarbeiterin, Fachfrau Pflegekinderwesen, Redaktion moses-online.de

vom 5. 10. 2014

Letzte Aktualisierung am: 
05.10.2014

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