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Aus der Praxis lernen und berichten
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Wie schafft man es, die wichtigsten Informationen, Besonderheiten, Bedarfe und Wünsche rund um das Pflegekind und die Pflegefamilien an die entscheidenden Stellen zu transportieren? An der Basis, genau! Was liegt da näher, als an eine Hochschule zu gehen und dort den Studierenden des Studienganges „Soziale Arbeit“ dieses Thema aus 1. Hand zu präsentieren? Gesagt – getan. Kontakte wurden genutzt, Referenten gesucht und im Team wurde der Ablauf dieses Projektes erarbeitet. Entstanden ist eine Reihe von Vorlesungen, die so gut nachgefragt wurden durch die Studenten, dass die vorgesehen maximale Teilnehmerzahl noch übertroffen wurde.
Den Auftakt gab am 24. September 2019 Henrike Hopp zum Thema Rechte und Pflichten von Pflegeeltern. Henrike Hopp ist Mitbetreiberin des Internetportals Moses Online, Diplom Sozialarbeiterin und verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Kinder- und Jugendhilfe. Sie stand und steht auch noch heute als Vormund an der Seite der Pflegekinder. Ihr Blick geht immer ausschließlich vom Kind aus. H. Hopp stand für die vielen Nachfragen und eine lebhafte Diskussion gern zur Verfügung und machte immer wieder deutlich, wie wichtig es ist, die Bedürfnisse des Kindes auf Bindung nicht aus den Augen zu verlieren und wie unerlässlich die gute Zusammenarbeit zwischen Herkunftseltern, Pflegeeltern, dem Jugendamt und Vormund ist.
Am 1. Oktober 2019 stellte Heinzjürgen Ertmer den Studierenden ein Projekt „15 Jahre Hertener Pflegekinder“ vor. Dabei ging es u. a. um Inobhutnahme, Vermittlung von Geschwisterkindern, Sorgerechtsentzug usw. Herr Ertmer verfügt über einen großen Erfahrungsschatz, den er in vielen Jahren u. a. als Jugendamtsleiter in Herten und als Mitglied der Stiftung zum Wohl des Pflegekindes sammeln konnte. Während dieser Vorlesung blieb ebenfalls keine Frage unbeantwortet.
Den Abschluss der Vorlesungsreihe bildete am 8. Oktober 2019 Nevim Krüger, Vorsitzende des LV Pfad Niedersachen e. V. zum Thema „FASD – Eine gesellschaftliche Herausforderung“. Erfreulicherweise wusste doch die überwiegende Zahl der Studierenden, dass Alkoholkonsum während der Schwangerschaft irreparable Schäden bei dem Ungeborenen verursacht. Weniger bekannt waren hingegen jedoch die vielfältigen und vor allem dauerhaften Einschränkungen und Komorbiditäten der betroffenen Menschen. Auch hier gab es eine sehr rege Beteiligung und viele Nachfragen. N. Krüger machte sehr deutlich, dass es hinsichtlich dieser Behinderung noch viel Aufklärung bedarf und an allen Schnittstellen dringende Haltungsänderungen gegenüber den Betroffenen und deren Familien und Bezugspersonen unumgänglich sind. Ebenso wurde deutlich, wie dringend entsprechende Hilfsangebote geschaffen werden müssen.
Am 22. Oktober fand dann der große Fachtag „Gerichtsbarkeit in der Kinder- und Jugendhilfe - Kindgerechte Justiz“ in der Hochschule Emden-Leer in Emden statt.
Frau Dr. Franziska Giffey, der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, hat sich mit ihrem Grußwort sehr klar und deutlich für die Rechte der Kinder positioniert und somit aktiv die Chancen für die Kinder verbessert sowie das Modell „Pflegefamilie“ gestärkt.
Nachdem zwei engagierte Referenten mit ihren Ausführungen:
„Die Warendorfer Praxis – Fachliche Kooperation der Professionen bei klarem Rollenverständnis für eine kindgerechte Justiz“ Andreas Hornung - Familienrichter am OLG Hamm
und „Das Kind im Fokus? - Erfahrungen aus der gerichtlichen Praxis“ Dr. Michael Henjes - Vorsitzender Richter am OLG Oldenburg
Einblicke in die richterliche Praxis gewähren konnten, erfolgte eine lebhafte und wertschätzende Podiumsdiskussion mit Henrike Hopp, Vertretern des Jugendamtes Aurich SD und PKD, Helga Albers (Fachanwältin für Familienrecht) sowie den beiden Referenten Herrn Hornung und Herrn Dr. Henjes.
Die Podiumsdiskussion wurde souverän von Herrn Daniel Noglik (Ostfriesen-Zeitung) moderiert, dem es auf Grund des lebhaften und konstruktiven Austausches, auch mit dem Publikum, nicht langweilig wurde. Alle Beteiligten konnten aus ihrer Sicht berichten und argumentieren, so dass den Teilnehmern gut dargestellt werden konnte, wo es oft hakt.
Am Ende war klar, dass die Gesetze einfach zu oft mit den organisatorischen und strukturellen Abläufen in einem Verfahren kollidieren und es eine große Diskrepanz zwischen Gesetz und Umsetzung gibt, die leider allzu oft zu Lasten des Kindes geht. Deutlich wurde jedoch auch, dass alle Professionen ihr Möglichstes tun und nach bestem Wissen und Gewissen zum Wohl des Kindes agieren.
Mit fast 100 Teilnehmen, darunter viele Studenten und somit zukünftigen Entscheidern, Anwälten, Richtern, Jugendamtsvertretern, Pflegeeltern, und Gutachtern, Verfahrenspfleger, Vertreter aus DRK- und AWO-Beratungsstellen konnten alle relevanten Fachkräfte erreicht werden.
Das Feedback der Veranstaltung war ausschließlich positiv und es gab den klaren Wunsch nach einer Wiederholung, hier insbesondere der Vorlesungsreihe, da Erfahrungen aus der Praxis einfach wertvoll sind.
Im Oktober 2019