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Umgangsbestimmungen durch Vormund*innen und Zusammenwirken mit den sozialen Diensten und Betroffenen
Beteiligte:
Einleitung aus der Expertise
Kinder und Jugendliche, die unter Vormundschaft stehen, leben in der Regel in einer Pflegefamilie oder in einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, d. h., sie leben getrennt von ihren Eltern, da diese die Sorge für ihr Kind – aus unterschiedlichen Gründen – nicht mehr wahrgenommen haben oder nicht mehr wahrnehmen können. 1 Für die weitere Entwicklung des Kindes ist die Aufrechterhaltung und Stabilisierung der Beziehung zu seinen Eltern (und weiteren Angehörigen der Herkunftsfamilie wie bspw. Geschwister oder Großeltern) oder zumindest ein Wissen über die eigene Herkunft von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grund ist der Kontakt des Kindes zu seinen Eltern, unabhängig davon, ob diese die elterliche Sorge noch wahrnehmen oder ob ihnen diese entzogen wurde, verfassungsrechtlich geschützt.
Auch wenn Vormund*innen umgangsbestimmungsberechtigt sind, bestehen über den rechtlichen Rahmen des „Umgangsbestimmungsrechts“ von Vormund*innen sowie zur tatsächlichen Realisierung dieser Befugnis in der Praxis häufig noch einige Unsicherheiten. Aus diesem Grund soll in dieser Expertise zum einen aus der Perspektive von Amtsvormund*innen verschiedener Jugendämter in Deutschland skizziert werden, wie Vormund*innen mit Fragen zu Umgangskontakten umgehen und mit welchen Herausforderungen sie dabei konfrontiert sind (Kapitel 2). Zum anderen wird der rechtliche Rahmen der Umgangsbestimmung dargelegt (Kapitel 3) und am Ende dieser Expertise mit den Erkenntnissen aus der Praxis der Vormund*innen verwoben (Kapitel 4). Zur Skizzierung der Praxis der Vormund*innen im Rahmen der Umgangsbestimmung wurden sechs Interviews mit Amtsvormund*innen verschiedener Jugendämter aus Deutschland geführt, anschließend transkribiert sowie inhaltsanalytisch ausgewertet.
In den Interviews wurden Fragen zu handlungsleitenden Aspekten im Rahmen der Umgangsbestimmung, Zuständigkeiten und Aufgabenbereichen, Kooperationsaufgaben, Schwierigkeiten und Konfliktlinien sowie Weiterentwicklungsbedarfen gestellt. In Kapitel 2 werden diese Fragen anhand der Aussagen der Interviewten aufgegriffen und beantwortet. In Kapitel 4 wird abermals auf diese Fragen zurückgegriffen und mithilfe des rechtlichen Rahmens (Kapitel 3) diskutiert.
- Woran orientieren sich Vormund*innen im Rahmen von Entscheidungen zum Umgang von Jugendlichen mit ihrer Herkunftsfamilie? (Kapitel 2.1, Kapitel 4.2)
- Welche konkreten Aufgaben/Zuständigkeiten fallen in den Verantwortungs-/Aufgabenbereich der Vormund*innen im Rahmen der Umgangsbestimmung? (Kapitel 2.2, Kapitel 4.1)
- Kooperieren Vormund*innen mit den sozialen Diensten, wenn ja, wie gestaltet sich die Kooperation? (Kapitel 2.2, Kapitel 4.1)
- Mit welchen Schwierigkeiten sind Vormund*innen im Rahmen der Umgangsgestaltung konfrontiert? (Kapitel 2.3, Kapitel 4.3)
- Formulieren Vormund*innen Bedarfe im Zuge der Umgangsgestaltung, wenn ja, welche sind das? (Kapitel 2.4, Kapitel 4.4)
Die Expertise gibt einen Einblick in bestehende Unsicherheiten und Unklarheiten auf Seiten der interviewten Amtsvormund*innen im Umgang mit dem Umgangsbestimmungsrecht in ihrer Praxis, die zum einen in Bezug auf die Verwendung und Differenzierung zentraler Begrifflichkeiten wie Kindeswohl und Kindeswille, zum anderen in Bezug auf den Umgang mit den Rechten und Pflichten von Eltern im Kontext der Bestimmung und Gestaltung des Umgangskontaktes bestehen. Die Interviews mit Amtsvormund*innen zeigen eine aus ihrer Perspektive bestehende unterschiedliche Wertigkeit der Bedürfnisse und Rechte von Eltern und Kindern in Zusammenhang des Umgangsrechtes auf. Damit weisen sie auf eine Problematik hin, der mit einer breiteren Folgebefragung oder einem Diskurs aus Fachkräften aus der Praxis und Expert*innen des Themengebietes nachgegangen werden sollte.
von:
Jugendhilfe und dann...? Care Leaver haben Rechte!