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12.06.2021
Arbeitspapier

Prozessqualität zur Platzierung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien

INTEGRAS Fachverband für Sozial- und Sonderpädagogik in Zürich hat ein Arbeitspapier zur Prozessqualität im Pflegekinderwesen für die Fachkräfte und Beteiligten des Pflegekinderwesens - besonders in der Schweiz - erarbeitet. Die Standards der Arbeit im Pflegekinderwesen sind allgemein und offen formuliert – mit dem Ziel, einen möglichst breit angelegten Fachdiskurs über die Herausforderungen im Pflegekinderwesen zu führen. Insofern stellt jeder Standard ein Spiegelbild aktueller Erfahrungen und Problemstellungen aus dem Pflegekinderwesen in der Forschung und Praxis dar.

Standards des Pflegekinderwesens

Einleitung: Standards – Zusammenfassung

Die vorliegenden Standards zur Prozessqualität der Platzierung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien bieten Fachpersonen des Pflegekinderwesen Grundlagen für ihre alltägliche Facharbeit. Sie verschaffen ihnen Zugang zum Pflegekinderwesen aus der Perspektive von Pflegekindern, Herkunftsfamilien und Pflegefamilien und lassen Rückschlüsse für die eigene Facharbeit zu. Sie zeigen auf, in welchen Bereichen noch Handlungsbedarf besteht. Die Standards sollen im Team als Argumentarium für Veränderungen gelten und/oder als Reflexion betrachtet werden. Da die Standards in einem partizipativen Prozess mit Pflegekindern, Pflegeeltern, Fachpersonen der Praxis und Forschenden der Sozialen Arbeit entwickelt wurden, sind keine spezifischen Prozesse der Platzierung benannt. Je nach Perspektive – ob Fachperson oder Pflegekind – lassen sich diverse Prozesse definieren, die teils widersprüchlich sind. Die jetzige Ausformulierung soll dem Anspruch gerecht werden, dass Platzierungen nicht linear, geregelt oder modellhaft verlaufen. Die nachfolgend angeführten acht Standards stehen in Wechselwirkung zueinander. 

Die acht Standards
  • Standard 1: Indikationsfaktoren
  • Standard 2: Passungsprozess
  • Standard 3: Mit- und Selbstbestimmung
  • Standard 4: Kontaktvereinbarung
  • Standard 5: Perspektivplanung
  • Standard 6: Weiterbildung
  • Standard 7: Qualifikationen
  • Standard 8: Übergänge
In ihrem Schlusswort wenden sich die Autoren des Arbeitspapiers an die Fachkräfte

Die Integras Fachkommission Familienpflege setzt sich für die Gleichstellung und gleiche Anerkennung der Familienpflege mit anderen Angeboten der Sozialen Arbeit ein. Sie möchte vor allem den Kindern und Jugendlichen eine Stimme geben und sich mit ihnen für ihre Anerkennung und Bedürfnisse einsetzen. Die hier allgemein formulierten Standards zur Prozessqualität der Platzierung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien bilden eine Grundlage dazu, über die Platzierungsprozesse im Pflegekinderwesen in der Schweiz zu diskutieren und neue Strategien anzuwenden. Diesen Ansatz gilt es weiterzuverfolgen und darüber hinaus die Perspektive der Herkunftseltern, Geschwister oder unbegleiteter jugendlicher Asylsuchender zu stärken und sie dabei einzubeziehen. Dies bedingt, dass auch Forschung im Pflegekinderwesen betrieben und gefördert wird. Aktuell finden sich bereits einige Forschungsstudien, die einen Wandel erkennen lassen, den wir begrüssen.

Das Pflegekinderwesen zeichnet sich durch eine hohe Komplexität aus. Es erfordert von Fachpersonen spezifisches Wissen. Wir erachten es als zentral, dass Fachpersonen die Lebenswelt der Pflegekinder, deren Geschwister, Eltern und Pflegefamilien verstehen, anerkennen und diese unterstützen. Es ist daher von Bedeutung, dass Fachpersonen Zugang zu spezifischen Weiterbildungsangeboten erhalten und dies als ein zentraler Standard anerkannt wird.

Im Pflegekinderwesen ist das Zusammenspiel zwischen den Fachpersonen aus Praxis und Forschung relevant, darf aber nicht isoliert bleiben. Vielmehr sollte das Pflegekinderwesen als ein Gesamtsystem aus Pflegekind, Pflegefamilie, Eltern und Fachpersonen aus Praxis und Forschung angesehen werden. Es ist entscheidend, dass die Bedürfnisse im Pflegekinderwesen auf nationaler Ebene diskutiert und angegangen werden, sodass Finanzierungsfragen die Facharbeit nicht einschränken. Wir sehen die aktuellen Empfehlungen der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) und der Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (KOKES) zu ausserfamiliären Unterbringungen als einen entscheidenden Schritt in diese Richtung an. In diesem Sinne wären grundlegende Langzeiterhebungen bzw. verlässliche und aktuelle statistische Angaben zu Pflegeund Heimkindern28 von grosser Signifikanz.

Es ist uns ein grosses Anliegen, die Standards weiterzuentwickeln. Uns interessieren daher Ihr Eindruck und Ihre Erfahrungen mit den Standards. Wir haben deshalb eine Umfrage mit drei Fragen zu den Standards erstellt. Teilen Sie uns Ihre Meinung mit. 

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