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Begriffserklärung

Anhörung in Verwaltungsverfahren

Informationen aus der Wissensdatenbank - mit Verweisen auf zahlreiche Gesetzestexte zur Anhörung in Verwaltungsverfahren.

Die Anhörung bedeutet, dass sich ein Beteiligter in einem Verwaltungsverfahren vor dem Erlass einen Verwaltungsaktes zu wesentlichen Tatsachen äußern kann.
Die Anhörung ist Ausfluss des Grundsatzes auf rechtliches Gehör (Art. 103 Absatz 1 Grundgesetz, GG).

Die Anhörungspflicht beschränkt sich auf:

  • Verwaltungsakte, die in bestehende Rechte der Beteiligten eingreifen, also die bisherige Rechtsstellung des Adressaten zu seinem Nachteil verändern
  • entscheidungserheblichen Tatsachen

Nicht angehört werden muss deshalb, wenn ein Antrag abgelehnt wird, da hier nicht in ein bereits bestehendes Recht eingegriffen wird, sondern durch den Antrag ein neues recht erlangt werden sollte,
Die Anhörungspflicht umfasst auch die Anhörung Dritter soweit durch eine Entscheidung auch in seine Rechte eingegriffen wird.
Die Anhörung unterliegt keiner besonderen Form, sie kann daher auch mündlich - etwa telefonisch - erfolgen.
Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist. Wann eine Anhörung nicht geboten ist, wird in § 28 Absatz 2 VwVfG in Beispielen ausgeführt, etwa wenn die sofortige Entscheidung bei Gefahr im Verzug notwendig erscheint.
Die Anhörung muss grundsätzlich vor Erlass des Verwaltungsaktes erfolgen. Wurde sie versäumt, kann dieser formelle Mangel des Verwaltungsaktes aber durch das Nachholen der Anhörung bis zum Ende des Verfahrens, also auch noch während des gerichtlichen Verfahrens (Ausnahme: § 42 Satz 2 SGB X), wirksam geheilt werden. In der Regel tritt die Heilung bereits im Widerspruchsverfahren ein, wenn dem Betroffenen dabei ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird und die Ausgangsbehörde sich mit dem Vorbringen auseinandersetzt.

GG Art 103

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

§ 28 VwVFG Anhörung Beteiligter

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
1. eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2. durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3. von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4. die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5. Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

§ 45 VwVFG Heilung von Verfahrens- und Formfehlern

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2. die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3. die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4. der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5. die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

§ 66 VwVFG Verpflichtung zur Anhörung von Beteiligten

(1) Im förmlichen Verwaltungsverfahren ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich vor der Entscheidung zu äußern.

(2) Den Beteiligten ist Gelegenheit zu geben, der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen und der Einnahme des Augenscheins beizuwohnen und hierbei sachdienliche Fragen zu stellen; ein schriftlich oder elektronisch vorliegendes Gutachten soll ihnen zugänglich gemacht werden.

§ 71 VWGO Anhörung

Ist die Aufhebung oder Änderung eines Verwaltungsakts im Widerspruchsverfahren erstmalig mit einer Beschwer verbunden, soll der Betroffene vor Erlaß des Abhilfebescheids oder des Widerspruchsbescheids gehört werden.

Letzte Aktualisierung am: 
08.07.2009