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Migrantennetzwerke und Pflegekinderhilfe
ein neues Kooperationsfeld
Themen:
Auszüge und Erläuterungen aus dem Praxisbericht
Der Bericht hat folgende Schwerpunkte:
1. Migrationssensibilität entwickeln durch Dialog und Kooperation - Eine thematische Hinführung
Viele Fragen rund um das Thema Migration sind jedoch nach wie vor noch offen, insbesondere zum Umgang der Sozialen Dienste mit Fällen, in denen die Aspekte Migration, Kultur, Sprache oder Religion eine Rolle spielen. Bisherige Studien deuten auf Wissensdefizite und eine große Verunsicherung der Fachkräfte der Pflegekinderhilfe beim öffentlichen und freien Träger hin (vgl. Kuhls/Schröer 2015) und gleichzeitig auf den Bedarf, zum Wohle der Kinder und Jugendlichen, für die Differenzerfahrungen zum Alltag gehören, migrationssensibel mit Familien zu arbeiten (vgl. Reimer 2017) und einen vielfältigen Pool an potenziellen Pflegeeltern zu schaffen, um Passungen individuell zu ermöglichen.
2. Gegenstand und Ziele eines Praxisprojekts mit Pflegekinderdiensten und Migrant*innencommunities in 2021
Ausgangspunkt der Überlegungen war der nach wie vor festzustellende Mangel an Pflegefamilien mit Migrationshintergrund in der Pflegekinderhilfe. Ein Mangel an Pflegefamilien lässt sich bundesweit als große Herausforderung beobachten und dies nicht nur mit Blick auf Migration, sondern als allgemeines Defizit insbesondere in großstädtischen Ballungsräumen. Im Kontext Migration zeigt sich dieser Mangel jedoch noch einmal in besonderer Weise: Befunde verschiedener Studien deuten darauf hin, dass der Zahl der Pflegekinder mit Migrationshintergrund eine deutlich geringere Zahl von potentiellen Pflegeeltern mit Migrationshintergrund gegenübersteht
Anvisierte Ziele des Projektes im Überblick:
Aus den obigen Ausführungen lassen sich im Kontext des Projektes „Migrantennetzwerke und Pflegekinderhilfe: ein neues Kooperationsfeld“ folgende Ziele ableiten:
- Impulse setzen: Das Thema Migrationssensibilität in den Diensten und Strukturen der Pflegekinderhilfe ist kein Selbstläufer, anknüpfend an die Projektergebnisse aus 2020 gilt es, dieses Thema weiter in der Fachdiskussion lebendig zu halten.
- Zugänge schaffen und Information vermitteln: Hierzu werden die Themen Zugänge von Migrant*innen zur Pflegekinderhilfe und geeignete Strategien der Akquise und Information in den Blick genommen, verbunden mit dem vielerorts diskutierten und formulierten Ziel, den Pool an Pflegefamilien mit Migrationshintergrund zu vergrößern bzw. zunächst einmal einen solchen zu schaffen.
- Kooperation und Vernetzung stärken: Auf einer strukturellen Ebene sollen Migrantennetzwerke und die Dienste der Pflegekinderhilfe als neues Kooperationsfeld in den Blick genommen und ihre Zusammenarbeit gefördert werden.
3. Methodik, Vorgehen und Materialien als Anregung für die Praxis
Um diese Ziele zu erreichen, wurden Anfang 2021 drei Standorte zur praktischen Umsetzung gesucht. Voraussetzungen waren insbesondere der Wunsch nach einer Öffnung der Pflegekinderhilfe, entsprechende Zeitressourcen, um ein solches Projekt gemeinsam mit der ism gGmbH absolvieren zu können, und die Motivation, sich mit Neuem und Unbekanntem auseinanderzusetzen. Als mitwirkende Standorte konnten das Ludwigshafener Zentrum für individuelle Erziehungshilfen, Familien für Kinder gGmbH in Berlin sowie der Pflegekinderdienst des Jugendamtes der Stadt Remscheid gewonnen werden.
4. Ein Blick in Konzeption und Gewinn von Workshops und Begegnungstreffen
Suche nach relevanten Netzwerkpartner*innen vor Ort. Um einen Zugang zu Migrant*innencommunities zu erhalten war es maßgebend, an den Standorten relevante und strategisch wichtige Netzwerkpartner*innen zu identifizieren und den Kontakt herzustellen. In Remscheid kontaktierte der PKD das Kommunale Integrationszentrum, in Ludwigshafen die Integrationsbeauftragte der Stadt. Gemeinsam mit der Leitung der Pflegekinderdienste fanden mit diesen lokalen Akteur*innen Videokonferenzen statt, in denen das Projekt, das geplante Vorgehen und das Anliegen, am Standort als Schlüsselperson zu agieren, vorgestellt wurde. Die 11 durch die ism gGmbH moderierten und dokumentierten digitalen Treffen dienten zudem dem gegenseitigen Kennenlernen zwischen Netzwerkpartner*in und Pflegekinderdienst und waren so bereits der erste Schritt einer Netzwerkarbeit. Nach Anbahnung des Kontaktes konnten die Begegnungstreffen gemeinsam geplant, vorbereitet und umgesetzt werden.
In diesem Kontext beschlossen die Mitarbeiter*innen der PKDs standortunabhängig, nicht den ursprünglich vorgeschlagenen Begriff der „Netzwerkkonferenz“ oder des „Netzwerktreffens“, sondern vielmehr den Terminus „Begegnungstreffen“ zu verwenden, der viel besser zum geplanten Charakter der Treffen stand, in denen es um Begegnungen auf Augenhöhe, ein erstes gegenseitiges Kennenlernen, einen Austausch ohne Berührungsängste sowie um einen niedrigschwelligen Zugang zu relevanten Informationen gehen sollte.
5. Erlebnisse, Ergebnisse und Ausblick
Das Projekt war so konzipiert, dass durch die Projektmitarbeiter*innen des ism Prozesse vor Ort angestoßen und ein entsprechender Rahmen für deren Umsetzung organisiert werden sollte. So konnten an den Standorten bisher unerkannte Ressourcen und Potenziale (z.B. der Kontakt zur Integrationsbeauftragten oder dem Kommunalen Integrationszentrum und den entsprechenden Angeboten) sichtbar und damit nutzbar gemacht werden. Das Projekt hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Initialzündung bzw. Startschuss für einen fortlaufenden Prozess zu sein, der bei Projektende nicht als abgeschlossen zu verstehen sein würde.